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ULD-SH-totale-Videoüberwachung-im-HVV

Wofür diese Wikiseite?


Hier soll dokumentiert werden, wie die ULD Schleswig-Holstein sich zur totalen Videoüberwachung aller Fahrzeuginnenräume des Hamburger Verkehrsverbunds (insbesondere KVIP, die in Pinneberg und somit in Schleswig-Holstein ansässig sind) positioniert und ob sich diese Position von der des HmbBfDI unterscheidet (hoffentlich!!!!).

Siehe auch HH-LfD-totale-Videoüberwachung-im-HVV?

Anfrage vom 01. Februar 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich mich über die Videoaufzeichnung in den Bussen der KVIP beschweren und bitte umgehend um eine Prüfung.

Insbesondere beziehe ich mich auf folgende Punkte:

a) die übertriebene Intensität der Überwachung. Die Busse der Linie 189 haben offenbar in eine Kamera für jede Sitzreihe (Foto hängt an; bauartbedingt konnte ich die Ausrichtung nicht genau abschätzen). Warum?

b) Ich erlebe eine erhebliche psychische Beeinträchtigung durch dieses institutionalisierte Misstrauen und das damit einhergehende Gefühl des permanenten Beobachtetseins. Anders als früher fahre ich nicht mehr gern Bus, obwohl ich mich in der Regel gesetzeskonform verhalte. Muss ich es doch tun, bekomme ich die Kameras nicht aus dem Kopf.

c) Wurden alternative Maßnahmen überhaupt ernsthaft in Erwägung gezogen oder gar erprobt? Oder wurde kategorisch argumentiert, andere Maßnahmen wären zu teuer oder schlechter geeignet, etwa aufgrund einer angeblich zu großen zeitlichen und räumlichen Streuung von Vorfällen?

d) Die typischen innerstädtischen Fahrtzeiten bei täglicher Benutzung über das Jahr summiert lassen theoretisch sehr wohl eine sehr lange Beobachtungsreihe zur Bewegungs- und Verhaltensprofilierung zu. Ich vermute nicht unbedingt, dass dies geschieht, sehe aber bereits im das Speichern auf Vorrat das Problem, nicht erst in der Frage, welche Auswertung zulässig ist (weil ich nun leider tagtäglich auf die Gewissenhaftigkeit sämtlicher mit diesen sehr persönlichen Daten betrauten Personen sowie die informationstechnischen Schutzmaßnahmen vertrauen muss und die Vorgänge auch selbst nicht auditieren kann!). Wenn dies die Norm wird, dann ist es eine Frage der Zeit, bis immer weitere Begehrlichkeiten aufkommen.

e) Vandalismus: die Maßnahme stellt einen schweren Eingriff in meine informationelle Selbstbestimmung dar, der meines Erachtens nicht durch Gründe wie Vandalismusprävention gerechtfertigt werden kann, zumal die Schäden durch Vandalismus z.B. in allen U-Bahnen der HHA (also ebenfalls im HVV) nach Auskunft des HmbBfDI vor der Einführung der Kameras jährlich gerade einmal im einstelligen Millionenbereich lagen und in der gleichen Größenordnung geblieben sind, Kosten für Betrieb der Kameras nicht eingerechnet. Von "Erforderlichkeit" kann also in dieser Hinsicht nicht die Rede sein, zumal neueren Presseberichten [2] zufolge auch die Einrichtung von WLAN einen deutlichen Effekt haben kann.

f) die Verhältnismäßigkeit und Ehrlichkeit der Begründung mit "Sicherheit": der auf den Aufklebern behauptete Sicherheitsgewinn scheint fraglich; selbst wenn manchmal Täter ermittelt werden konnten (was ich selbstverständlich in jedem Einzelfall begrüße) sehe ich das Übermaßverbot krass verletzt. Auch sehe ich in dem kategorischen Sicherheitsversprechen eine Täuschung der Fahrgäste, denn die Kameras springen ja nicht zwischen Täter und Opfer, vielmehr erscheint der Nutzen gerade bei der Prävention impulsiver Straftaten nach Erkenntnissen von Kriminologen zweifelhalft [1]. Hier kenne ich bis heute keine schlüssige Argumentation oder wissenschaftliche Untersuchung, die die Behauptungen von Politik und Verkehrsbetrieben, Überwachung wäre Sicherheit, untermauern würde.

g) Es existieren keine überwachungsfreien Bereiche; für jemanden, der den Bus benötigt, ist es also nicht möglich, die in den meisten Fällen absolut ungerechtfertigte Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch ein Ausweichen in eine solche Zone zu minimieren.

h) Mein Interesse an Abwendung einer toxischen Wirkung auf das Gemeinwohl: eine neue Norm der lückenlosen, anlasslosen Überwachbarkeit im öffentlichen Nahverkehr zu schaffen, ist aufgrund des gestiegenen Überwachungsgesamtdrucks und des allgemeinen Sicherheitswahns, der einer nüchterne Bewertung von Überwachungsmaßnahmen auf politischer Ebene oft entgegensteht, ein fatales Signal. Wird möglicherweise unnötig auch bei Menschen, die die Kameras ausblenden können, unterschwellig Angst erzeugt und eine paranoide Einstellung - zulasten von Zivilcourage? - begünstigt, obwohl es in Wahrheit (mit oder ohne Kameras) sehr sicher ist, mit dem Bus zu fahren?

Ich bin der Ansicht, dass schutzwürdige Interessen (Recht auf informationelle Selbstbestimmung, freie Entfaltung der Persönlichkeit) hier sogar dann eindeutig überwiegen würden, wenn ein Rückgang oder eine bessere Verfolgung tätlicher Angriffe zweifelsfrei belegbar und zweifelsfrei auf die Überwachung zurückzuführen wäre.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises [3] verweisen (insbesondere Punkt 2.1.2), die Ihnen bekannt sein dürfte und die eine flächendeckende Videoüberwachung auszuschliessen scheint,

a) wenn ein milderes Mittel in Frage kommt! (bessere Personelle Ausstattung, Notrufknopf evtl. mit Aufzeichnung bei Bedarf?)

b) wenn lediglich ein "subjektives Sicherheitsgefühl" erzeugt werden soll (bei mir persönlich geschieht das Gegenteil).

[1] https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.KFN-zu-Videoueberwachung

[2] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/busunternehmen-wlan-hilft-gegen-vandalismus-1.2795941

[3] http://www.lfd.niedersachsen.de/download/101172/Orientierungshilfe_Videoueberwachung_in_oeffentlichen_Verkehrsmitteln.pdf

Mit Ihrem Einverständnis würde ich Ihre Stellungnahme gern öffentlich zugänglich machen.

Mit freundlichen Grüßen, X

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Zuletzt geändert am 01.02.2016 18:12 Uhr