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2020-Reform-Nds-VerfSchG

Vorgeschichte



Auszug aus den oben verlinkten "Handlungsempfehlungen" der vom MI eingesetzten Arbeitsgruppe zur Reform des Inlandsgeheimdienstes, April 2014, Kapitel 5.6, Seite 36):

5.6 Auskünfte an Betroffene (bisher § 13 NVerfSchG)
Ein rechtsstaatlich handelnder Verfassungsschutz ist verpflichtet, Betroffenen soweit wie möglich Auskunft darüber zu erteilen, welche Erkenntnisse der Behörde über sie vorliegen. Ausnahmen sind eng zu fassen.
* In § 13 Abs. 2 NVerfSchG ist hinter „nur“ das Wort „ausnahmsweise“ zu ergänzen.
* Die Formulierung „oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde“ ist zu streichen. Sie genügt nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.
* In § 13 Abs. 3 S. 6 NVerfSchG ist nach der Formulierung „dem Landesbeauftragten für den Datenschutz persönlich“ die Formulierung „oder einer oder einem sicherheitsüberprüften Mitarbeiterin oder Mitarbeiter des oder der Landesbeauftragten“ zu ergänzen. Die bisherige Fassung wäre im Bedarfsfall nicht praktikabel, da der Landesbeauftragte seine fachlich zuständigen und hierfür eigens sicherheitsüberprüften Mitarbeiter mit ihrem speziellen Wissen über die Verfassungsschutzbehörde nicht in die Bearbeitung der Angelegenheit einbeziehen könnte.
* Personen, die nicht selbst einem Beobachtungsobjekt zuzurechnen sind, aber deren Name im Kontext einer Information relevant ist (z. B. Vortragende bei einer Veranstaltung, an der auch Personen aus dem Umfeld eines Beobachtungsobjekts teilnehmen), haben ebenfalls einen Anspruch auf Auskunft über die gespeicherten Informationen. Hierfür ist eine Volltextsuche vorzusehen, die nur für diesen Zweck verwendet werden darf. Diese darf nur ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung stehen (z. B. behördliche Datenschutzbeauftragte bzw. behördlicher Datenschutzbeauftragter).


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Dokumente:

Medienberichte:

Sonstiges:


1.9.2020 - Staatskanzlei kündigt mittels Pressemitteilung Fertigstellung des Gesetzentwurfs an, spricht euphemistisch von "mehr Transparenz"


Für Freiheit und Sicherheit: Verfassungsschutz soll gestärkt werden im Kampf gegen Demokratiefeinde und sorgt für mehr Transparenz bei Auskunftsrechten – Landesregierung bringt Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes in den Landtag ein

In ihrer Sitzung am (heutigen) Dienstag hat die Landesregierung den Weg für eine Novelle des Niedersächsisches Verfassungsschutzgesetzes freigemacht. Der Gesetzentwurf wird jetzt in den Landtag eingebracht.

Der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, sagt: „Mit den geplanten Änderungen wollen wir dort nachjustieren, wo es notwendig ist. Unser Ziel ist es, die Instrumente des Verfassungsschutzes zu stärken, ebenso aber beispielsweise die Auskunftsrechte der Bürgerinnen und Bürger und damit die Kontrollmöglichkeiten und die Transparenz. Der Verfassungsschutz operiert in einem hoch dynamischen Umfeld, das macht auch gesetzliche Anpassungen immer wieder notwendig. Das vergangene Wochenende in Berlin hat dies beispielhaft gezeigt. Rechtsextremisten haben in Teilen die Demonstration für ihre Ziele genutzt, begleitet von Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern und allgemein Verunsicherten – Menschen, die wohl noch vor einem halben Jahr kaum zueinander gefunden hätte. Um die Gefahren solcher Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, brauchen wir einen gut aufgestellten Verfassungsschutz als Frühwarnsystem gegen Extremismus und Demokratiefeinde. Gleichzeitig haben wir nach wie vor mit den Herausforderungen im islamistischen Bereich zu tun und sind konfrontiert mit einem Anwachsen der Gewalt aus dem rechts- und linksextremen Spektrum.“

In der Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und der CDU in Niedersachsen war vereinbart worden, dass das Verfahren zum Einsatz von Vertrauenspersonen erleichtert wird. In der Praxis zählt der Einsatz von Vertrauenspersonen zu den effektivsten nachrichtendienstlichen Mitteln und ist zur Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes unverzichtbar. Insbesondere, wenn eine kontinuierliche Informationsgewinnung über ein Verdachts- oder Beobachtungsobjekt gesichert werden soll, gibt es derzeit keine Alternative. Die Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen soll künftig in allen Beobachtungsobjekten vorbehaltlich einer intensiven Verhältnismäßigkeitsprüfung möglich sein.

In der Extremismusprävention soll die Datenübermittlung an in der Präventions- und Ausstiegsarbeit tätige Einrichtungen durch eigene Regelungen erleichtert werden. Die Prävention von extremistischen Einstellungen und Handlungen könnte damit sowohl in der Einzelfallbearbeitung als auch bei der Abstimmung von Sensibilisierungsmaßnahmen in Netzwerken noch effektiver gestaltet werden.

Der Anspruch von Betroffenen, Auskunft über die beim Niedersächsischen Verfassungsschutz gegebenenfalls gespeicherten Daten zu erhalten, soll an die Regelung des Bundesverfassungsschutzgesetzes angepasst werden. Einen Anspruch auf Auskunft hat danach jede Bürgerin und jeder Bürger, soweit auf einen konkreten Sachverhalt hingewiesen und ein besonderes Interesse an einer Auskunft dargelegt wird.

Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Hürden für die Speicherung von Daten minderjähriger Extremisten ab dem 14. Lebensjahr gesenkt werden sollen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Radikalisierungen teilweise bereits im jungen Alter Auswirkungen zeigen. So soll der Niedersächsische Verfassungsschutz noch besser in die Lage versetzt werden, seiner Aufgabe der Vorfeldaufklärung und Strukturerkennung auch im Fall von radikalisierten Minderjährigen nachzukommen. Eine altersunabhängige Beobachtung wird entschieden abgelehnt. Der Entwurf orientiert sich vielmehr an der strafrechtlichen Schuldfähigkeit, die mit Vollendung des 14. Lebensjahres beginnt. Eine Speicherung vor diesem Mindestalter soll auch zukünftig nicht zulässig sein.

Durch die landesrechtliche Umsetzung der auf Bundesebene bereits eingeführten Kontostammdatenabfrage würde diese künftig auch dem Niedersächsischen Verfassungsschutz ermöglicht. Dazu der Niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut: „So würde es künftig auch in Niedersachsen einfacher, die finanzielle Ausstattung extremistischer Organisationen zu ermitteln und einzuschätzen.“

Quelle: https://www.stk.niedersachsen.de/startseite/presseinformationen/fur-freiheit-und-sicherheit-verfassungsschutz-soll-gestarkt-werden-im-kampf-gegen-demokratiefeinde-und-sorgt-fur-mehr-transparenz-bei-auskunftsrechten-landesregierung-bringt-novellierung-des-verfassungsschutzgesetzes-in-den-landtag-ein-192065.html

2.9.2020 - Presseanfrage an die Staatskanzlei mit Bitte um Aushändigung des Gesetzentwurfs


Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten über die geplante Novelle des Niedersächsisches Verfassungsschutzgesetzes zeitnah berichten.

Können Sie uns den in der PM benannten Entwurf dazu zukommen lassen?

Existiert eine Synopse, die das derzeitige Nds. Verfassungsschutzgesetz den geplanten Änderungen gegenüberstellt?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


3.9.2020 - Antwort des Innenministeriums und Verweigerung der Aushändigung des Gesetzentwurfs


Sehr geehrter Herr xxx,

bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir grundsätzlich keine Gesetzesentwürfe, die sich in der parlamentarischen Abstimmung befinden, veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
- Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Heimatvertriebene und Kulturpreis Schlesien -
Lavesallee 6, 30169 Hannover


3.9.2020 - Die Nds. Landesdatenschutzbeauftragte veröffentlicht ihren jährlichen Tätigkeitsbericht und berichtet darin auch über die Novelle zum Nds. Inlandsgeheimdienst


Auszug:

G.4. Konstruktive Zusammenarbeit mit dem Innenministerium

Ende September 2019 habe ich einen ersten Referentenentwurf zur Novelle des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes mit der Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Bei der Auswertung des Entwurfes musste ich feststellen, dass Datenschutzregelungen nicht ausreichend berücksichtigt waren. Aus diesem Grund habe ich Anfang November 2019 eine umfassende Stellungnahme an das Niedersächsische Minis­terium für Inneres und Sport übersandt.

Besonders kritisch beurteilte ich die eingeschränkten Befugnisse und Zuständigkeiten der G10-Kommission. So soll der Zustimmungsvorbehalt der G10-Kommission zum Einsatz von Vertrauenspersonen, sogenannten V-Leuten, entfallen. Weitere gewichtige Kritikpunkte sind die unzureichende Regelung meiner Kontrollbefugnisse sowie die stark eingeschränkte Anwendbarkeit des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG). Gerade der letzte Punkt schloss die Anwendung vieler wesentlicher datenschutzrechtlicher Vorgaben aus. Der erste Entwurf wäre damit geeignet gewesen, einen weitgehend kontrollfreien Rechtsrahmen für den Verfassungsschutz zu schaffen.

Deutliche Kritik am ersten Entwurf

Verfassungsschutz sucht Gespräch mit LfD

Als Reaktion auf meine Stellungnahme suchte der Verfassungsschutz das Gespräch mit mir und überarbeitete den Referentenentwurf des Gesetzes an mehreren Stellen im Sinne des Datenschutzes. So wurde unter anderem die nicht eindeutige Regelung zum besonderen Auskunftsverlangen umformuliert. Auch die vorher gestrichene Unterrichtungspflicht des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes wurde wieder aufgenommen.

Pflicht zur Unterrichtung wieder aufgenommen

Allerdings wurden nicht alle meine Kritikpunkte berücksichtigt. Zwar wurde die Gesetzesbegründung bei der Erhebung personenbezogener Daten bei Minderjährigen angepasst. Trotz dieser Klarstellung halte ich weiterhin an der Kritik fest, die Erhebung durch Verschieben der Altersgrenzen für Minderjährige (von 16 auf 14 Jahre beziehungsweise von 18 auf 16 Jahre) zu verein­fachen. Es wird damit dem Gesetzgeber obliegen, die besonders schutz­ würdigen Interessen von Minderjährigen mit den Sicherheitsinteressen des Landes in Einklang zu bringen.

Darüber hinaus habe ich dem Verfassungsschutz weitere Empfehlungen unterbreitet, mit dem ein hohes Datenschutzniveau erreicht werden kann und gleichzeitig die Sicherheitsinteressen des Landes gewahrt werden. Die daraufhin erneut überarbeitete Version des Entwurfes setzte mehrere Änderungen auf Grundlage meiner Stellungnahme um.

Trotz der vorgenommenen Änderungen müssen noch einige Punkte überarbeitet werden. So sollen entscheidende Regelungen aus dem NDSG keine Anwendung für den Niedersächsischen Verfassungsschutz finden:

Datenschutz-Folgenabschätzung

  • Die Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) nach § 39 NDSG, obwohl diese zunächst als ein Instrument der Selbstkontrolle anzusehen ist. Mit der DSFA wird dem Verantwortlichen die Möglichkeit gegeben, vorab eine Abschätzung der Folgen der Verarbeitung für den Schutz personenbezogener Daten durchzuführen, um rechtzeitig mit ausreichenden technisch-organisatorischen Schutzmaßnahmen reagieren zu können.
  • Die vorherige Anhörung der Aufsichtsbehörde nach § 40 NDSG. Meine Behörde verfügt über ein breitgefächertes Know-how, unter anderem zu technischen und organisatorischen Maßnahmen. Im Rahmen einer Anhörung vor der Inbetriebnahme neuer Datenverarbeitungssysteme kann ich dem Verantwortlichen schriftliche Empfehlungen unterbreiten. Damit ist die verantwortliche Stelle aus behördlicher Sicht abgesichert.

Meldung von Datenpannen

  • Die Meldung von Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten an die Aufsichtsbehörde (Datenpanne) nach § 41 NDSG. Die Datenpannenmeldung dient zunächst der Minimierung der negativen Auswirkungen von Datenschutzverletzungen, indem ich Hinweise gebe, wie der Verantwortliche mit der aktuellen Verletzung umzugehen hat, und wie er künftig Verstöße vermeiden kann.
  • Die Benachrichtigung der von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten betroffenen Personen nach § 42 NDSG. Die Benachrichtigung dient der Risikoabwehr und der Schadensminimierung beim Betroffenen und sollte zum unmittelbaren Schutz der Rechte und Freiheiten des Betroffenen Anwendung finden. Bei einer rechtzeitigen Information des Betroffenen können etwaige Haftungsansprüche eingedämmt werden.

Vertrauliche Meldung von Verstößen

  • Die vertrauliche Meldung von Verstößen nach § 43 NDSG. Die Vorschrift soll eine diskrete Behandlung von Datenpannenmeldungen garantieren. Sie dient dem Schutz von (internen und externen) Informanten, die Kenntnis von einer Datenpanne erhalten haben. Ohne Kenntnisnahme von Datenpannen hat der Verantwortliche keine Möglichkeit diese zukünftig zu unterbinden oder die Auswirkungen der derzeitigen Panne zu minimieren.
  • Die allgemeinen Informationen nach § 50 NDSG. Betroffene Personen sollen unabhängig von einer konkreten Datenverarbeitung einen Überblick über die Zwecke der Verarbeitungen und eine Übersicht über die Betroffenenrechte erhalten. Das kann im Sinne einer allgemeinen Bürgerinformation auf der Webseite des Verantwortlichen geschehen. Hiermit können unter anderem Fragen der Betroffenen frühzeitig geklärt werden.

Frühe Einbindung der LfD zahlt sich aus

Bereits der Erst-Entwurf der Novelle enthielt gegenüber dem bestehenden Gesetz aber auch einige Änderungen, die datenschutzrechtlich zu begrüßen waren. So wurden begriffliche Anpassungen innerhalb des Gesetzes an das Niedersächsische Datenschutzgesetz (NDSG) vorgenommen. Weiter wurde eine spezielle Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung an Trägereinrichtungen der Ausstiegsarbeit im rechtsradikalen Milieu.

Den offenen und konstruktiven Umgang des Niedersächsischen Verfassungsschutzes mit dem Entwurf und meine Einbindung begrüße ich außerordentlich. Es hat sich als überaus sinnvoll erwiesen, bereits in einer frühen Phase einer gesetzlichen Änderung beteiligt zu werden, um den datenschutzrechtlichen Erfordernissen Genüge zu tun. Vorbehalte, die auf beiden Seiten bestehen, lassen sich in einem Gespräch oftmals beseitigen und dürften als Ergebnis zu einem trag­fähigen Entwurf führen, der im weiteren Gesetzgebungsverfahren weniger Kritik erfährt. Ich stehe weiterhin in Kontakt mit dem Verfassungsschutz, um die aus meiner Sicht noch strittigen Punkte in dem Entwurf nochmals zu verdeutlichen.

Quelle: https://lfd.niedersachsen.de/download/158404

8.9.2020 - Der Gesetzentwurf wird veröffentlicht


Hier: https://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen%5F18%5F07500/07001-07500/18-07315.pdf


8.9.2020 - Presseanfrage an das Nds. Innenministerium mit der Bitte/Frage nach eine Synopse


Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem nun der Gesetzentwurf veröffentlicht worden ist - können Sie uns noch die verbleibende Frage nach der Synopse beantworten?

"Existiert eine Synopse, die das derzeitige Nds. Verfassungsschutzgesetz den geplanten Änderungen gegenüberstellt?"

Vielen Dank und viele gute Grüße,


8.9.2020 - Nds. Innenministerium will eine vorhandene Synopse nicht veröffentlichen


Sehr geehrter Herr xxx,

es gibt keine öffentlich zugängliche Synopse, die wir Ihnen zur Verfügung stellen können. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport


9.9.2020 - Nachfrage an das Nds. Innenministerium zur Nichtveröffentlichung der Synopse


Sehr geehrte Damen und Herren,

können Sie uns mitteilen, warum die bestehende Synopse nicht veröffentlicht werden soll oder darf?

Vielen Dank für die Arbeit mit uns und viele gute Grüße,


12.9.2020 - Veröffentlichung einer selbst erarbeiteten Synopse


Auf niedersachsentrojaner.de: https://niedersachsentrojaner.de/posts/200912-synopse-verfschg/

Auf freiheitsfoo.de: https://freiheitsfoo.de/2020/09/14/synopse-nverfschg-novelle-2020/

Synopsen-Dokument: https://niedersachsentrojaner.de/pdf/synopse-nverfschg.pdf


14.9.2020 - Pressemitteilung des freiheitsfoo zur Synopse


PRESSEMITTEILUNG: Zivilgesellschaftliche Gruppen erarbeiten eine Synopse zur geplanten Novellierung des Nds. Verfassungsschutzgesetzes - Erste Kritik

Am 1.9.2020 wurde seitens der Nds. Staatskanzlei öffentlich gemacht, dass der Gesetzentwurf für die Novellierung des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes (NVerfSchG) fertig gestellt sei. Zugleich warb die Vertreterin der SPD-CDU-geführten Landesregierung aus Hannover wortgewaltig für diesen Gesetzentwurf, war doch von "mehr Transparenz bei Auskunftsrechten" die Rede. Das alles im Sinne "für Freiheit und Sicherheit".

Indes waren diese Beurteilungen und Behauptungen nicht nachprüfbar, denn die Veröffentlichung des Gesetzentwurfs liess noch genau eine Woche auf sich warten - eine vorherige Herausgabe des Entwurfs wurde aktiv verweigert. Erst seit dem 8.9.2020 kann sich die allgemeine Öffentlichkeit ein eigenes Bild über die geplanten Änderungen mittels Blick auf den Gesetzentwurf machen, aber auch das nur sehr begrenzt. Denn der Gesetzentwurf ist - wie leider üblich! - für Nicht-Fachkundige nicht nur auf den ersten Blick unübersichtlich und in seinen Auswirkungen und Absichten unverständlich, weil die Gesetzesänderungen nicht im Kontext der jeweiligen Zusammenhänge der Paragraphen dargestellt wird.

Eine Synopse, also eine Gegenüberstellung des derzeit gültigen Gesetzes gegenüber dem novellierten Gesetz nach den erfolgten Änderungen, eine solche Synopse soll es geben, aber auch dessen Herausgabe verweigerte das Niedersächsische Innenministerium uns gegenüber ausdrücklich.

Enagierte Menschen vom freiheitsfoo und von der Ortsgruppe Braunschweig der digitalcourage haben in ihrer Freizeit diesen Mißstand nun beseitigt und selber eine solche Synopse erstellt und veröffentlicht:

https://freiheitsfoo.de/2020/09/14/synopse-nverfschg-novelle-2020/

bzw.

https://niedersachsentrojaner.de/pdf/synopse-nverfschg.pdf

Wir verurteilen diese Intransparenz im Zuge des laufenden Gesetzgebungsverfahrens und wünschen der Synopse eine weite Verbreitung, denn schon beim Überfliegen der Synopse wird klar, dass der Gesetzentwurf bspw. durch den Ausbau des geheimdienstlichen Spitzelbetriebes (euphemistisch als "V-Leute" bzw. "Vertrauensleute" bezeichnet), durch die Befugnis des Inlandsgeheimdienstes auch Kinder ggf. mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln überwachen zu dürfen oder auch durch die massive Beschneidung der Auskunftsrechte, die diesen Namen nicht mehr wirklich verdienen, dass der vorgebrachte Gesetzentwurf also das genaue Gegenteil dessen ist, was die Staatskanzlei mittels ihrer Öffentlichkeitsarbeit vom 1.9.2020 an Eindruck zu vermitteln versucht hat.

Ergänzende Informationen:

a) Lesenswerter Beitrag über die Nds. Landesdatenschutzbeauftragte zur NVerfSchG-Novelle und dessen bisherige Entwicklungs-Geschichte

https://niedersachsentrojaner.de/posts/200906-lfd-zum-verfschg/

b) Die taz zusammenfassend zum Ausbau des V-Leute-Wesens und zur Ausweitung der Befugnisse der Überwachung von Kindern ab 14 Jahren:

https://taz.de/Verfassungsschutzreform-in-Niedersachsen/!5709410/

c) Besonders deutlich wird die Umkehr der Haltung der Landesregierung zur Reform des Inlandsgeheimdienstes, also die nun praktizierte Rolle rückwärts beim Blick auf die vom Innenministerium Pistorius in 2014 selbst in Auftrag gegebenen "Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe zur Reform des niedersächsischen Verfassungsschutzes":

https://www.mi.niedersachsen.de/download/86620

und hier

https://www.mi.niedersachsen.de/aktuelles/presse_informationen/arbeitsgruppe-fuer-verfassungsschutzreform-legt-abschlussbericht-vor-124018.html


22.9.2020 - Antwort vom "Verfassungsschutz"


[Mail von xxx@verfassungsschutz.niedersachsen.de]

Sehr geehrter Herr xxx,

dass Ministerium für Inneres und Sport hat uns (als zuständigen Fachbereich) mit der Beantwortung beauftragt. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung nachrichtendienstlicher Bestimmungen ist unter der Landtagsdrucksache 18/7368 veröffentlicht. Die aktuelle Fassung des Nds. Verfassungsschutzgesetzes finden Sie im Nds. Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS). Die gewünschten Informationen sind damit öffentlich verfügbar. Eine Übersendung interner Arbeitspapiere, die der Entscheidungsfindung dienen, erfolgt darüber hinaus nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrage

xxx

Niedersächsisches Ministerium
für Inneres und Sport
Abteilung 5
Postfach 44 20
30165 Hannover


23.9.2020 - Rückfragen an den "Verfassungsschutz", warum die Synopse nicht veröffentlicht wird


Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für die Rückmeldung zu unserer Frage vom 9.9.2020. Sie schreiben darauf eingehend:

Am 22.09.2020 um 15:32 schrieb xxx:

Eine Übersendung interner Arbeitspapiere, die der Entscheidungsfindung dienen, erfolgt darüber hinaus nicht.

Das beantwortet allerdings die Frage nicht.

Was genau spricht gegen die Veröffentlichung der Synopse?

Wenn es Geheimhaltungsgründe wären, könnte man dafür Verständnis aufbringen. Das allerdings erschließt sich uns nicht.

Können Sie das uns kurz erläutern bzw. uns zu dieser Frage aufklären?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


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Zuletzt geändert am 23.09.2020 13:34 Uhr