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20200624-Polizeikontrolle-Hannover-Linden-Nord

25.6.2020 - Presseanfrage an die Polizeidirektion Hannover


Sehr geehrte Damen und Herren,

am Abend des 24.6.2020 wurde ich gegen 19:40 Uhr zufällig Zeuge einer polizeilichen Maßnahme am Ihmeufer in Linden-Nord. Dabei wurde ein dunkelhäutiger Mann von vier Polizeibeamten (drei davon in ziviler Kleidung) sowie einer Polizeibeamtin festgehalten und kontrolliert. Nach einer Identitätsfeststellung wurde - soweit von am Rande stehend beiläufig zu erfahren war - dem Mann ein temporäres Aufenthaltsverbot nach § 17 NPOG erteilt. Begründet wurde diese verbal damit, dass sich der Passant bei einer nur kurze Zeit vorher stattgefundenen Polizeikontrollfahrt angeblich einen vor der Polizei fliehenden Eindruck erweckt haben soll. Der Mann dementierte das und erklärte, dass er soeben erst von der Arbeit käme und auf dem Weg nach Hause sei. Das ließ der wortführende Polizeibeamte in Uniform nicht gelten und behauptete, er habe ihn aber wiedererkannt.

Dazu habe ich - in diesem Fall nun nicht als zufälliger Zeuge der Maßnahme sondern als Teil der freiheitsfoo-Redaktion - folgende Fragen und bitte in Vorbereitung einer eventuell geplanten Berichterstattung dazu um kurzfristige Beantwortung:

1a.) Ist es üblich, dass - wie in diesem Fall geschehen - Polizeibeamte diejenigen Personen, die von ihnen angehalten, deren Identifizierung durchgeführt wird und denen gegenüber ein Aufenthaltsverbot verhängt wird, duzen, ohne sie zuvor darum um Erlaubnis zu bitten?

1b.) Wie sind die Vorgaben innerhalb der Polizeidirektion Hannover zum Duzen von Bürger*innen?

1c.) Wieso wurde eben in diesem Fall der Festgehaltene geduzt, wohingegen dieser die Polizeibeamten nicht geduzt hat?

2a.) Warum wurde dem mit dem Aufenthaltsverbot beaufschlagten Passanten kein Hinweis dazu gegeben, dass er sich gegen das verhängte Aufenthaltsverbot rechtlich zur Wehr setzen kann?

2b.) Offensichtlich widersprüchlich jedenfalls sind die Angaben des den Einsatz führenden Polizeibeamten und des Passanten. Der Passant jedenfalls hat seine Version, dass er nicht derjenige sei, der zuvor angeblich geflohen sein soll, nicht widerrufen. Ist es üblich, dass in so einem Fall widersprüchlicher Aussagen keine Rechtsmittel eingelegt werden können bzw. dass es dem Betroffenen gegenüber keine Rechtsmittelbelehrung gibt?

2c.) Wie sind solche Situationen nach Vorgaben der Polizei Niedersachsen oder der Polizeidirektion Hannover grundsätzlich zu handhaben?

Viele gute Grüße,


26.6.2020 - Antwort der Polizeidirektion Hannover


Polizeidirektion Hannover
Pressestelle

Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Unter jeder Frage finden Sie unsere Antworten.

1a: Ist es üblich, dass - wie in diesem Fall geschehen - Polizeibeamte diejenigen Personen, die von ihnen angehalten, deren Identifizierung durchgeführt wird und denen gegenüber ein Aufenthaltsverbot verhängt wird, duzen, ohne sie zuvor darum um Erlaubnis zu bitten?

Antwort:

Es ist grundsätzlich nicht üblich, Personen im Zuge polizeilicher Maßnahmen zu duzen. Es gibt aber Konstellationen, in denen Duzen als bewusstes Mittel zum Abbau von Distanz eingesetzt werden kann, um eher Zugang zu einer Person zu bekommen und Situationen zu deeskalieren.

1b.) Wie sind die Vorgaben innerhalb der Polizeidirektion Hannover zum Duzen von Bürger*innen?

Antwort:

Das polizeiliche Handeln richtet sich grundsätzlich an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus. Dies ist verknüpft mit einem von Gleichheit getragenen Menschenbild.

Hierbei ist uns der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sehr wichtig. Die Polizeidirektion Hannover möchte sichtbar und vor allen Dingen ansprechbar sein. Die Einsatzkräfte handeln dabei situationsangepasst in ihrem eigenen Ermessen.

1c.) Wieso wurde eben in diesem Fall der Festgehaltene geduzt, wohingegen dieser die Polizeibeamten nicht geduzt hat?

Antwort:

Im konkret vorliegenden Beispiel war der Betroffene den eingesetzten Beamten aus vergangenen Verfahren persönlich bekannt und man hat sich während Maßnahmen gegenseitig geduzt, was offensichtlich beiderseits nicht als despektierlich empfunden wurde. Der Betroffene hat gegenüber den eingesetzten Beamten nicht geäußert, dass er sich an deren Umgangston stört.

2a.) Warum wurde dem mit dem Aufenthaltsverbot beaufschlagten Passanten kein Hinweis dazu gegeben, dass er sich gegen das verhängte Aufenthaltsverbot rechtlich zur Wehr setzen kann?

2b.) Offensichtlich widersprüchlich jedenfalls sind die Angaben des den Einsatz führenden Polizeibeamten und des Passanten. Der Passant jedenfalls hat seine Version, dass er nicht derjenige sei, der zuvor angeblich geflohen sein soll, nicht widerrufen. Ist es üblich, dass in so einem Fall widersprüchlicher Aussagen keine Rechtsmittel eingelegt werden können bzw. dass es dem Betroffenen gegenüber keine Rechtsmittelbelehrung gibt?

Antwort:

Selbstverständlich sich grundsätzlich alle polizeilichen Eingriffsmaßnahmen, auch Aufenthaltsverbote im Sinne von § 17 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG), gerichtlich überprüfbar (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)). Das Ergreifen eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs ist nicht von einer Rechtsbehelfsbelehrung abhängig. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist lediglich für die Klagefrist maßgeblich. Für Anfechtungsklagen gilt beispielsweise die Monatsfrist (§ 74 Abs. 1 VwGO). Ist die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs hingegen innerhalb eines Jahres zulässig (§ 58 Abs. 2 S. 1 VwGO). Der Betroffene hätte also ein Jahr Zeit, sich rechtlich beraten zu lassen. Eine Pflicht zur Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung sieht das Gesetz nur bei schriftlichen Bescheiden vor (§ 37 Abs. 6 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)).

2c.) Wie sind solche Situationen nach Vorgaben der Polizei Niedersachsen oder der Polizeidirektion Hannover grundsätzlich zu handhaben?

Antwort:

Bei der von Ihnen geschilderten Situation handelt es sich um einen sogenannten Verwaltungsakt (VA) gemäß §35 VwVfG.

§ 35 Begriff des Verwaltungsaktes

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Der Inhalt der Verfügung soll inhaltlich bestimmt und adressatengerecht formuliert werden. Grundsätzlich muss die Behörde, die die Verfügung erlässt, für den Adressaten als solche erkennbar sein. Auf dieser Grundlage werden die polizeilichen Maßnahmen situationsangepasst verständlich, transparent und eindeutig für den von der Maßnahme Betroffenen durchgeführt. Hierbei spielt die kommunikative Komponente eine große und wichtige Rolle.

Freundliche Grüße
im Auftrage

xxx

Polizeidirektion Hannover
Pressestelle


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Zuletzt geändert am 08.07.2020 23:34 Uhr