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BMG

BMG - Das Bundesmeldegesetz

Geschichte/Hintergrund


In 2006 gab es eine Föderalismusreform. Damals wurden verschiedene Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern hin- und hergeschoben. So wurde u.a. die Zuständigkeit für alle Melderechtsfragen an den Bund übertragen.

Das Gesetz selber


Das Bundesmeldegesetz (BMG) wurde am 28.2.2013 vom Bundestag und am 1.3.2013 vom Bundesrat beschlossen und soll zum 1.5.2015 zum 1.11.2015 (Änderung lt. BT-DS 18/2009 vom 2.7.2014) in Kraft treten.

Insgesamt hat das alles keine oder nur wenig Öffentlichkeit erfahren. Bei freiheitsfoo sind wir erst Mitte Februar 2014 durch die Veröffentlichung des nds. Innenministeriums auf das Thema gestoßen (worden).

Kritikpunkte


  • §5(2) hebelt die Zweckbindung zahlreicher Meldeamtsdaten aus und erlaubt deren automatisierte Übertragung an die Behörden nach §34(4).
  • §6(2) hebt zwar nicht das im Volkszählungsurteil manifestierte Rückspielverbot im Rahmen von Statistiken auf, wohl aber in allen anderen Zusammenhängen. Diese soweitige pauschale Rückspielerlaubnis wirft viele Fragen auf.
  • §10(1)widerspricht dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung:
    • Das Auskunftsrecht wird beschränkt auf Informationen zu "regelmäßigen Datenübermittlungen".
    • Einzelabfragen über mich müssen mir nur mitgeteilt werden, falls diese noch im Rahmen irgendwelcher Aufbewahrungsfristen der Protokollierungen (1-2 Jahre, siehe §34(4)) darüber noch verfügbar sind. Wie und wo derartige Fristen definiert sind und ob so eine Regelung überhaupt zulässig ist, wird nicht erwähnt bzw. bleibt fraglich.
    • Abfragen durch die Behörden entsprechend §34(4) zu meiner Person müssen/dürfen mir sogar überhaupt gar nicht mitgeteilt werden. (!!!)
  • §10(3) zwingt den Auskunftssuchenden, also denjenigen, der das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen will, dazu, die eID-Funktion des elektronischen Personalausweises freizuschalten und zu nutzen. Dieser Zwang widerspricht zugleich ebenfalls dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als auch dem Recht auf kostenfreies Auskunftsersuchen, weil der E-Perso und eID-Funktionalität Geld kosten. Menschen, mit noch zum Teil bis zum Jahr 2020 gültigen nicht-elektronischen Personalausweis werden von der Wahrnehmung ihres Auskunftsrechts ausgeschlossen.
  • §11(1) definiert in den Punkten 2 und 4 Ausnahmeregelungen für das Auskunftsrecht, die zur weiteren Aushebelung des aus den Artikeln 1 und 2 des Grundgesetzes abgeleiteten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung missbraucht werden können.
  • §11(3) beschränkt dieses Grundrecht weiter, indem es untersagt, dass Menschen darüber informiert werden dürfen, falls einige Ihrer Meldeamtsdaten z.B. auf Betreiben von Polizei, Anwaltschaften oder Geheimdiensten verändert worden sind. Das ist ein zutiefst undemokratisches und gefährlicher Eingriff in die Autonomie der Menschen!
  • §11(4) erlaubt den Behörden sogar, in bestimmten Fällen die Begründung zur Ablehnung eines Auskunftsersuchens verweigern zu dürfen.
  • §19(1) zwingt Vermieter und Vermieterinnen dazu, jeden Ein- und Auszug von Menschen schriftlich zu melden. Vermieter und Vermieterinnen erhalten zugleich das Recht, Daten über die Mieter einzuholen und gegenzukontrollieren. Vermieter werden damit zu Blockwarten.
  • §19(5) gibt den Meldeämtern das Recht, von Vermietern ganz allgemein "Auskunft zu verlangen über Personen, welche bei ihm wohnen oder gewohnt haben." Dieses inhaltlich und zeitlich unbeschränkte Ausfragerecht ist unhaltbar.
  • §26 Ausländische Diplomaten und deren Angehörige sind als einzige von der Meldepflicht ausgenommen. Keine neue Regelung. Aber warum erhalten diese Menschen eigentlich einen bevorzugten Sonderstatus? Ist das angesichdts der aktuellen Geheimdienst-Skandale nicht eigentlich zu hinterfragen?
  • §29(2) verpflichtet Hoteliers, Pensionen etc. dazu, dass jeder Gast einen Meldeschein ausfüllen muss. (Ausgenommen sind Zelt- und Wohnmobilplätze, Bildungsheimen, Betriebs- und Vereinsheime, Jugendherbergen, kirchliche Heime)
  • §29(3) Ausländer, die in Hotels, Pensionen etc. (Ausnahmen wie eben) unterkommen, müssen sich zwingend ausweisen!
  • §30(2) Die Meldescheine bei Hotels, Pensionen etc. enthalten An- und Abreisedatum, Namen, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeiten, Anschrift, Zahl der Mitreisenden, Ausweisnummern (bei Ausländern)
  • §30(4) Die Meldescheine müssen ein Jahr lang aufbewahrt und spätestens drei Monate später vernichtet werden.
  • §31 Die Meldescheine dürfen von den Behörden nach §34(4) genutzt, also auch gespeichert werden. Ob und wann diese dorthin übertragenen Daten gelöscht werden, ist nicht vermerkt.
  • §34(4) erlaubt den Datenabgriff zahlreicher Behörden, Polizeien und Geheimdienste. Falls eine solche Datenübertragung stattgefunden hat, müssen die anfragenden Behörden diese Datenabfrage 1-2 Jahre lang protokolliert haben. Danach wird die Protokollierung der Tatsache, ob und welche Daten abgefragt worden sind, dort gelöscht.
  • §35 Datenabfragen dürfen unter bestimmten Bedingungen auch durch ausländische Stellen (EU- oder EU-nahe Staaten) erfolgen. (!)
  • §36(2) Daten von Jugendlichen dürfen ungefragt an die Bundeswehr weitergeleitet werden. Auf das Widerspruchsrecht gegen diese Datenübertragung wird nur durch eine öffentliche Bekanntmachung hingewiesen, was dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht gerecht wird, da so eine Bekanntmachung in aller Regel von den Betroffenen nicht wahrgenommen wird.
  • §38(1) erlaubt das automatisierte Übertragen der Behörden untereinander.
  • §38 in Verbindung mit §34(4) verpflichtet die Meldeämter zur Einrichtung der Möglichkeit eines automatisierten Datenabrufs durch Polizeien, Anwaltschaften, Gerichte, Geheimdienste, Zollbehörden und Finanzämter. Dieses führt vielfach zur Einrichtung von Landes-Meldezentralregistern und ist in seiner Struktur de facto insgesamt nichts anderes als ein Bundesmelderegister!
  • §42 räumt den "öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften" weitreichende Auskunftsrechte ein.
  • §44(3) erlaubt die Einholung einer Melderegisterauskunft über gemeldete Menschen zu gewerblichen Zwecken, wenn von den Auskunftsersuchenden behauptet wird, dass dafür eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt. Überprüft werden soll das Vorhandensein dieser Einwilligung aber nur "stichprobenartig" und nicht grundsätzlich. Das muss geändert werden. Eine Meldepflicht für eine solche Abfrage existiert ebenfalls nicht.
  • §45 erlaubt sogar eine "erweiterte Melderegisterauskunft" mit noch viel sensibleren Datenauskünften, wenn "ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird." Was man unter einem "berechtigtem Interesse" zu verstehen hat, wird aus dem Gesetz nicht klar. Vor allem erlaubt der Absatz (2), dass die Person, über die derartige Daten abgezogen worden sind, dann nicht darüber informiert werden muss, "wenn der Datenempfänger ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht hat" ... also immer?! Bedeutet das, dass die Informationspflicht an den Betroffenen auch hier nicht gilt?
  • §49 erlaubt die Automatisierung solcher Melderegisterauskünfte. Damit droht diese Auskunft, uferlos genutzt zu werden. Insbesondere die faktisch fehlende Informationspflicht gegenüber dem Betroffenen nährt diese Befürchtung.
  • §50(2) erlaubt "Mandatsträgern, Presse und Rundfunk" im Zusammenhang mit runden Geburtstagen (ab dem 70.) oder Ehejubiläen (ab dem 50.) die Auskunft über Namen, Doktorgrad, Anschrift und Datum des Jubiläums.
  • §50(3) erlaubt Adressbuchverlagen die Abfrage von Namen, Doktorgrad und Anschriften aller erwachsenen im Meldeamt gemeldeten Menschen. Die dürfen dann zwar nur in gebundenen Büchern Verwendung finden, aber wer glaubt, dass diese Hürde nicht mit einem Trick umgangen werde wird, der ...
  • §50(5) verlangt den Betroffenen ab, einen Widerspruch gegen Datenübermittlung an Parteien, Presse und Adressbuchverlage aktiv einzulegen (Opt-out). Anders herum (Opt-in) wäre es richtig: nur wer diesen Datenabgriff aktiv zulässt, also dazu einwilligt, sollte davon betroffen sein.
  • §50(6) sagt, dass beim Vorhandensein einer Auskunftssperre keine Daten an Parteien, Presse und Adressbuchhändler gegeben werden darf. Diese Nicht-Beauskunftung ist in sich eine Information und kann dementsprechend zu Vermutungen oder Annahmen führen. Alleine deswegen wäre ein Opt-in-Verfahren notwendig.

17.3.2014: Verfassungsbeschwerde


Am 17.3.2014 hat jemand von freiheitsfoo als Einzelner, aber in vorheriger ausdrücklicher Rück- und Absprache und mit Unterstützung der Gruppe eine Verfassungsbeschwerde zu einem Großteil der eben aufgeführten Kritikpunkte an das Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Am 25.3.2014 wurde der Beschwerde das Aktenzeichen 1 BvR 746/14 gegeben.

Folgen für die Bundesländer


Automatisierter 24/7-Meldedatenabruf für "Sicherheitsbehörden" & Co.

Zwar soll das BMG nicht zur Entstehung eines von Datenschützern und Menschenrechtlern gefürchteten und abgelehnten Bundesmelderegisters führen, andererseits verlangt der § 34 BMG, dass eine Reihe von "Sicherheitsbehörden" rund um die Uhr und jederzeit eine Zugriffsmöglichkeit auf die Meldeamtsdaten aller dort verzeichneten Menschen bekommen müssen.

Ohne besondere Prüfung und richterliche Bestätigung sollen folgende Behörden diesen Vollzugang zu allen Meldeamtsdaten erhalten:

  • Polizeibehörden des Bundes und der Länder,
  • Staatsanwaltschaften,
  • Amtsanwaltschaften,
  • Gerichte, soweit sie Aufgaben der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung oder des Strafvollzugs wahrnehmen,
  • Justizvollzugsbehörden,
  • Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder,
  • Bundesnachrichtendienst,
  • Militärischer Abschirmdienst,
  • Zollfahndungsdienst,
  • Hauptzollämter oder
  • Finanzbehörden, soweit sie strafverfolgend tätig sind.

Rein strukturell gibt es damit keinen Unterschied zum Modell eines Bundesmelderegisters!

Die Bundesländer sind nun in der Pflicht, mittels Ländergesetze oder -initiativen dafür zu sorgen, dass Sie diese Anforderung erfüllen.

"In mehreren Bundesländern werden bereits Daten an ein länderbetriebenes Schattenregister (Spiegelregister) übermittelt."
(Quelle: Prospekt zur Einwohnermeldewesen-Software "mpsEM" der mps public solutions gmbh)

Das sieht in den Bundesländern im einzelnen wie folgt aus:

Baden-Württemberg


In Baden-Württemberg wird bereits seit einiger Zeit eine Zentralisierung aller Landes-Meldeamtsdaten durchgeführt. Betreiber ist die "Datenzentrale Baden-Württemberg, eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Ob es sich um eine Datenspiegelung handelt (vermutlich) konnten die Vertreter des Landes und der Datenzentrale auf der CeBIT 2014 nicht genau sagen.

Bayern


Landezentrale Melderegister im Rechenzentrum der AKDB (Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern) in Bayreuth vorhanden, laut Artikel vom 3.8.2009.

Berlin


Brandenburg


Laut Artikel vom 3.8.2009 ein Landesmelderegister beim zentralen brandenburgischen IT-Dienstleister geplant oder vermutlich bereits vorhanden.

Bremen


Hamburg


Hessen


In Hessen sind alle 386 kommunalen Meldeämter mit einem System in der Landesrechenzentrale vernetzt und aktualisieren dort 3x täglich die Meldeamtsdaten (Spiegelung). Das System sei (angeblich als eines von zweien in ganz Deutschland) BSI-zertifiziert und damit "sicher". Diese Datenzusammenziehung besteht schon länger und dient u.a. der Polizei. Eingesetzt wird in Hessen demnächst das Softwareprodukt "emeld21" des Unternehmens ekom21. (Alle Angaben nach mündlichen Aussagen vom 12.3.2014 auf der CeBIT Hannover.)

Mecklenburg-Vorpommern


Niedersachsen


Das niedersächsische Innenministerium kündigte am 13.2.2014 an, einen landesweiten, zentralen Spiegel aller nds. Meldedaten, täglich aktualisiert einzurichten - also eine niedersächsisches Melderegisterdatenbank.

Zum 29.7.2014 wurde das Niedersächsische Meldegesetz geändert. Die nun aktuelle Fassung ermöglicht/erlaubt den automatisierten, von Richtern nicht genehmigungspflichtigen automatisierten Abruf von Meldedaten von einer landesweiten Meldedaten-Spiegeldatenbank nicht nur durch das (hoffentlich sichere) Behördennetzwerk, sondern auch über das Internet!

o_O

Nordrhein-Westfalen


Rheinland-Pfalz


Saarland


"Im Saarland ist die seit Ende 2006 betriebene Online-Melderegisterauskunft zu einem Meldeauskunftportal weiterentwickelt worden. Zu diesem Zweck hatten das saarländische Innenministerium und der Zweckverband eGo-Saar ein gemeinsames Projekt vereinbart. Technische Basis der Plattform sind die Produkte OLMERA und INFORMATIONSREGISTER der Firma HSH." Quelle: Artikel vom 3.8.2009

Sachsen


Sachsen hat offenbar schon um 2008 ein Landesmelderegister eingeführt - siehe Meldung eines Software-Herstellers vom 15.2.2008.

Das Kommunale Kernmelderegister Sachsen (KKM) basiert auf Microsoft-Technologie. Quelle: Artikel vom 3.8.2009

Sachsen-Anhalt


Schleswig-Holstein


Zum neuen schleswig-holsteinischen Landesmeldegesetz wurden wir für eine Stellungnahme an dessen Innen- und Rechtsausschuss gebeten und sind dem nachgekommen. Alle Informationen dazu auf einer eigenen Wikiseite.

Thüringen


31.3.2014: Petition an den Landtag Niedersachsen



Die Petition, eingereicht am 1.4.2014, aber kein Aprilscherz!


Absender:
Die Unterzeichner*innen der Petition
(siehe Ende des Petitionstextes)


Der Präsident des Niedersächsischen Landtages
- Petitionsauschuss -
Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 1
30159 Hannover


Hannover, den 31.03.2014


Petition

In Vorbereitung der Notwendigkeiten des voraussichtlich zum 1.5.2015 in Kraft tretenden Bundesmeldegesetzes (BMG) kündigte das niedersächsische Innenministerium am 13.2.2014 an, die Meldeamtsdaten aller in Niedersachsen gemeldeten Menschen zentral zu einer Datenbank zusammenzuführen bzw. -zuspiegeln und dieses Abbild der bis dahin in den einzelnen Kommunen liegenden Meldedatensätze täglich zu aktualisieren:

http://www.mi.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=14797&article_id=121918&_psmand=33

Hintergrund dazu sind Regelungen des § 34 BMG in Verbindung mit § 38 BMG.

Hiermit fordern wir den niedersächsischen Landtag und die niedersächsische Landesregierung dazu auf, diese Datenzusammenführung in Form eines niedersächsischen Meldeamts-Schattenregisters zu unterlassen und sich anstelle dessen für die Nicht-Umsetzung des BMG auf bundesweiter Ebene zu engagieren.

Außerdem fordern wir dazu auf, eine umfangreiche Untersuchung zur tatsächlichen Sicherheit kommunaler und städtischer IT-Systeme gegen Angriffe von außen (Zugriff, Abgriff oder Manipulation von Daten) zu untersuchen. Im Fokus sollen dabei u.a. auch die Sicherheitsstandards der Bürgerbüros und Meldeämter stehen. Empfohlen wird die Beauftragung professioneller IT-Penetration-Tester in Anlehnung an die Anstrengungen und Erfahrungen aus NRW.


Begründung

Die Zentralisierung personenbezogener sensibler Daten ist nur bei der Einhaltung hoher bis höchster IT-Sicherheitsstandards bezüglich der Datenspeicherung, -übertragung und -verarbeitung zulässig.

In Nordrhein-Westfalen wurde ein wie von uns vorgeschlagener professioneller Check kommunaler IT-Systeme durch professionelle Penetretation-Tester durchgeführt. Das Ergebnis war verheerend und lässt sich mutmaßlich in gleicher oder ähnlicher Weise auch auf niedersächsische Verhältnisse übertragen.

Beleg: Stellungnahme von Tobias Morsches an den Innenausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 30.1.2014 http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-1358.pdf

Auszug aus dieser Stellungnahme:

"Im Rahmen der von mir und unserer Firma durchgeführten Sicherheitsüberprüfungen auf zahlreiche Systeme der öffentlichen Verwaltung erhielten wir, in fast allen Fällen, binnen kürzester Zeit (ca. 2-8 Stunden), ohne vorherige Kenntnisse der IT, vollen Zugriff auf alle Systeme der jeweiligen Kommunen oder Behörden. Es wurden sowohl Angriffe über das Internet, als auch Angriffe auf lokale Infrastrukturen durchgeführt. Teilweise sind von dort aus auch Zugriffe in andere Kommunen, zu kommunalen Dienstleistern oder Landes- und Bundes-Verfahren möglich. Im Rahmen der Überprüfungen waren auch auf diesen Systemen gravierende Schwachstellen sichtbar. Diese Schwachstellen werden allerdings von uns auf Grund des „Auftragsumfang“ nicht angegriffen.'
Selbst einfachste Sicherheitsmaßnahmen sind oft nicht umgesetzt. Auf Grund der hohen Kosten für die Anpassung von Spezial-Software der Verwaltung, wird diese nur selten gegen bekannte Schwachstellen geprüft, dagegen abgesichert oder auf aktuelle Systeme portiert. Viele Applikationen setzen unsichere Konfigurationen oder unsichere Standard-Software voraus. Selbst die Bundesdruckerei verlangt(e) den Einsatz unsicherer Software (häufigste Infektionsquelle). Dadurch können die Systeme einfach mit Schadsoftware infiziert werden.'
Wenn Verfahren oder Dateiablagen überhaupt mit Paßwort gesichert sind, ist dieses Paßwort oft leicht zu raten. Viele Daten liegen im Netzwerk und sind teilweise nicht einmal mit Paßwort gesichert. Alternativ sind die Paßwörter, für die Datenbanken der Verfahren für jedermann lesbar.
Ein Zugriff war in vielen Fällen sowohl aus dem internen Netz als auch über Internet möglich.
Im Größenvergleich schneiden die kleinen Kommunen mit ca. 2-3 IT-Mitarbeitern auf 50-60 Angestellte oft deutlich besser ab als größere Kommunen. Trotzdem ist auch hier ein Zugriff auf alle Systeme binnen kurzer Zeit möglich. Auch werden viele Verfahren an Dienstleister ausgelagert. Diese kommunalen Dienstleister stehen oft stark unter Druck und verzichten auf essentielle Sicherheitsmaßnahmen um Kosten zu sparen und Projekte schneller abzuschließen. Oft werden Verfahren mehreren Kommunen, ohne wirksame Trennung, in einem System verwaltet.
Diese Hürden sind selbst von Hobby-Hackern leicht zu meistern. Alle benötigten Tools und Anleitungen sind für Personen, die ihre eigene Sicherheit prüfen möchten, im Netz verfügbar."

Eine Zentralisierung von Meldeamtsdaten, wie angekündigt, ist unter diesen Umständen völlig verantwortungslos und erzeugt große Risiken mit potentiell eklatanten Folgen für einzelne Bürger des Landes.

Über diese Zweifel hinaus bestehen erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des BMG.

Beleg: Verfassungsbeschwerde gegen das BMG, Az. BvR 746/14 https://wiki.4grifreiheityou3.onion/uploads/Main/VB-BMG-Anon.pdf

Die Verfassungsbeschwerde befindet dieser Petition anliegend und enthält im ihrem Anhang u.a. auch die o.g. Stellungnahme an den Innenausschuss des Landtags von Nordrhein-Westfalen.

Wir bitten bei der Bearbeitung unserer Petition, auf diese Stellungnahme ein besonders aufmerksames Auge zu werfen und diese bei der Beratschlagung ausdrücklich zu berücksichtigen.


Unterzeichner*innen dieser Petition: (Name, Anschrift, Datum, Unterschrift)

3.4.2014 - Die Petition ist eingegangen ...

... und hat die Nummer 00860/11/17 erhalten.

19.12.2014 - Antwort auf die Petition


In seiner nicht-öffentlichen (!) Sitzung des Petitionsausschusses vom 26.11.2014 wurde über die Petition beraten. Grundlage war eine 3seitige Stellungnahme des nds. Innenministeriums zur Petition. Der Ausschuss war darauf hin der Meinung, die Petenten "über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten", was inhaltlich einer Ablehnung gleichkommt. Der nds. Landtag hat diese Empfehlung am 18.12.2014 bestätigt.

Am 19.12.2014 wurde mindestens einer der vier Petenten über diesen Vorgang informiert:

Beigefügt war ebenfalls die 3seitige Stellungnahme aus dem Innenministerum:

Der Inhalt dieser Stellungnahme wurde von uns ins Digitale gebracht und steht als Plaintext-Datei zur Verfügung.

Subjektive Kommentierung der Stellungnahme aus dem Innenministerium Niedersachsens:

  • Auf die beispielhaft aus Nordrhein-Westfalen parlamentarisch dokumentierten Schwachstellen kommunaler IT wird mit keinem einzigen Wort eingegangen!
  • Stattdessen meint das Innenministerium folgende wahnwitzige bzw. sicher falsche Aussage treffen zu können, die nichts anderes als technische Unkenntnis oder Fahrlässigkeit beweist:
 Dem Ministerium für Inneres und Sport liegen keine Erkenntnisse darüber vor,
 dass die Kommunen nicht in der Lage wären, die Gefahren, die von elektronischer
 Datenverarbeitung ausgehen, sicher zu beherrschen.
  • Im Rahmen von Wortspielen meint das Ministerium, nicht von "Zentralisierung von Meldedaten" sprechen zu können, wenn doch alle vom BMG bzgl. seiner §§ 34 und 39 betroffenen Meldeamtsdaten aller in Niedersachsen lebenden Menschen tagesaktuell auf einen zentralen Server zusammenzuführen. Wenn das Ministerium meint, hierüber rhetorisch punkten zu können, dann ist das nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver und das spricht für sich.
  • Um sich der Verantwortlichkeit für zu erwartene Datendiebstähle und -manipulation auf kommunaler Ebene zu entziehen und keine Untersuchung der tatsächlichen (Un)Sicherheit anzustrengen, "argumentiert" man wie folgt:
 Insofern wird derzeit keine Veranlassung gesehen, die vom Petenten angeregte Untersuchung
 in Niedersachsen durchzuführen, zumal diese in Anbetracht des stetigen Wandels
 bei der IT-Sicherheit nur eine Momentaufnahme darstellen könnte.

Das klingt jedoch nicht anders als eine faule Ausrede.

  • Ebenfalls völlig unerwähnt bleibt die Palette an konkreten Argumenten für eine Verfassungswidrigkeit des BMG. Nicht ein einziger Punkt der laufenden Verfassungsbeschwerde wird inhaltlich aufgegriffen, geschweige denn widerlegt.

Frühjahr 2014 - Das BMG wird vor seinem Inkrafttreten noch einmal geändert


30.4.2014 - BMG-Änderungsantrag


Mit der Drucksache 18/1284 vom 30.4.2014 wird ein "Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens" vorgeschlagen.

Darin auch enthalten:

  • Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates
  • Stellungnahme des Bundesrates
  • Gegenäußerung der Bundesregierung

Der Bundesrat wies in seiner Stellungnahme (siehe auf Seite 12 Punkt 4) betreffend den § 42 BMG darauf hin:

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die vorgesehenen Neuregelungen in § 42 BMG ausgestaltet werden müssen, damit die bei den Kirchen beschäftigten Personen, die Mitglieder der Kirche sind und eine Lebenspartnerschaft führen oder deren Ehe geschieden worden ist, vor einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen geschützt werden. Aus der Sicht des Bundesrates kommt hierbei beispielsweise die Einführung einer Widerspruchsmöglichkeit für die betroffenen Personen in Betracht, die zur Folge hat, dass im Melderegister eine bereichsspezifische Übermittlungssperre eingetragen werden kann, die die Übermittlung von Daten betreffend die Tatsache des Führens einer Ehe oder Lebenspartnerschaft in § 42 BMG sowohl zum Kirchenmitglied als auch zu dem oder der Familienangehörigen bzw. zu der Lebenspartnerin oder zu dem Lebenspartner gegenüber den kirchlichen Datenempfängern unterbindet.
Begründung:
Auch wenn aufgrund der erfolgten steuerrechtlichen Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften für Zwecke der Erhebung der Kirchensteuer ein Erfordernis für die Übermittlung der Tatsache des Bestehens einer Lebenspartnerschaft an die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften gegeben ist, können durch die Übermittlung dieses Datums ebenso wie bei dem Bekanntwerden der Scheidung einer Ehe schutzwürdige Interessen des betroffenen Personenkreises erheblich beeinträchtigt werden. Diesem Umstand trägt der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Fassung weder im Regelungsteil, noch in der Begründung hinreichend Rechnung.

Die Bundesregierung reagiert dazu und teilt mit, dass sie "den Vorschlag prüfen wolle".

8.5.2014 - 25-Minuten-Debatte im Bundestag


Am 8. Mai 2014 hat der Bundestag in seiner Plenarsitzung über eine vorgesehen Änderung des Bundesmeldegesetzes ("Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens") diskutiert - siehe Sitzungsprotokoll ab Seite 2833.

Die Verfassungsbeschwerde bzw. die von uns erhobenen Kritikpunkte wurden mit keinem Wort erwähnt (auch nicht von der Opposition), die gesamte Debatte war erstaunlich gelassen und es ging hauptsächlich um die vom BVerfG zwischenzeitlich erfolgte Forderung zur steuerrechtlichen Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften. Entsprechend wird die Meldepflicht in bestimmten Zusammenhängen nun auch auf "Lebenspartner*innen" ausgedehnt. In dem Zusammenhang beklagte der Bundesrat Datenschutzprobleme bei der Datenübertragung an Religionsgemeinschaften und auch die Kirchen haben sich hierzu in die Diskussion eingeschaltet.

Bemerkenswert ist eine Parlamentsdebattenäußerung des CDU/CSU-Abgeordneten Tim Ostermann:

Mit dem Bundesmeldegesetz tun wir auch etwas gegen die sogenannten Scheinanmeldungen. Bei diesen melden sich Menschen für eine bestimmte Wohnung beim Amt an, ohne dass sie dort tatsächlich wohnen und ohne das Wissen des Vermieters. Viele Ordnungswidrigkeiten, aber auch Straftaten gehen von dieser Praxis aus, wie etwa die Erschleichung von Plätzen an Schulen oder Kreditkartenbetrug. Die Bekämpfung von Scheinanmeldungen ist ebenfalls wichtig im Kontext der Armutsmigration aus östlichen EU-Ländern.

Ob es dazu Belege gibt?

Man kann die emotionsfreie Debatte als Videopodcast nachschauen.

2.6.2014 - Berichterstattergespräch


Am 2.6.2014 fand zu diesem Komplex ein Berichterstattergespräch statt. Der Ausgang ist uns nicht bekannt.

5.6.2014 - 2. und 3. Lesung abgesetzt


Die für die Bundestagssitzung vom 5.6.2014 vorgesehene zweite und dritte Lesung des Änderungsgesetzes wurde als TOP 12 wieder abgesetzt, also nicht vollzogen.

24.6.2014 - Sachverständigen-Anhörung


Am 24.6.2014 findet eine öffentliche Anhörung zu dem allen statt.

Eingeladen wurden vier Sachverständige:

  • Manfred Bruns, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a. D., Karlsruhe
  • Alexander Dix, Berliner Beauftragter für Datenschutz und das Informationsfreiheitsgesetz
  • Professor Dr. Ansgar Hense, Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht, Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Bonn
  • Prälat Dr. Karl Jüsten, Kommissariat der Deutschen Bischöfe, Katholisches Büro in Berlin

Dafür wurde eine Stunde Zeit eingeräumt. Die schriftlichen Stellungnahmen der vier Personen finden sich hier.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte, Herr Dix bemängelt u.a.:

  • die geplanten umfangreichen Adressdatenweitergaben an die Kirchen,
  • den vorgesehenen einmaligen Datensatzübertragungen nach § 42 BMG aller Angehörigen einer Religionsgesellschaften an diese (!),
  • grundlose Datenübertragungen an Kirchen bei Widersprüchen nach § 42 (3) 2 BMG,
  • Datenübertragungen an Kirchen über Personen, die bei Ihnen beschäftigt sind (!),
  • die Mitwirkungspflicht von Vermietern nach dem neuen BMG,
  • die Hotelmeldepflicht,
  • einige zu weit gehenden Regelungen des § 50 BMG.

Erfreulich, dass Herr Dix in einigen Kritikpunkten mit uns übereinstimmt.


31.12.2015 - Post vom BVerfG: Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen

Rund 1¾ Jahre nach Einreichung der Verfassungsbeschwerde und nach Vergabe eines Aktenzeichens wird begründungslos und ohne Chance auf Widerspruch mitgeteilt, dass das BVerfG am 10.12.2015 entschieden habe, die Beschwerde nicht zu behandeln:


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Zuletzt geändert am 12.01.2016 10:55 Uhr