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Bundespolizei-VUE-Kamerawagen

14.9.2016 - Presseanfrage zum Einsatz eines Bundespolizei-Kamerawagens am Hauptbahnhof von Hannover


Sehr geehrte Damen und Herren,

am letzten Sonntag, den 11.9.2016 gegen 16 Uhr fiel uns ein Fahrzeug der Bundespolizei auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofes Hannover mit ausgefahrener und aktivierter Überwachungskamera auf:

https://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/20160911-1558-bundespolizei-vue-hbf-hannover.jpg

Im konstruktiven Gespräch mit einem freundlichen Bundespolizeibeamten dieses Farzeugs und im Nachgang tauchten einige Fragen auf, die wir Ihnen im Rahmen dieser Presseanfrage gerne stellen und um Beantwortung bitten möchten:

1.) Die Kamera war nach eigenen Angaben des Polizeibeamten in Betrieb, das war auch von außen durch die Beobachtung des Kamerakopfes vermutbar. Ebenfalls nach Angaben des Polizeibeamten sei die Kamera aber nicht aufzeichnungsaktiv, weil die Fußballfans auf dem Rückweg vom Stadion den Hauptbahnhof noch nicht erreicht hätten. Warum wurde - wenn auch angeblich ohne Aufzeichnung der Bilder - der öffentliche Raum vor dem Hauptbahnhof videoüberwacht, wenn die Grundlage entsprechend § 26 Absatz 1 BPolG

https://www.gesetze-im-internet.de/bgsg_1994/__26.html

nicht erfüllt gewesen ist?

2.) Bei einer Videoüberwachung nach § 26 BPolG muss diese "offen" erfolgen. In dem dokumentierten Fall war dieses nicht der Fall. Eine offene Videoüberwachung setzt voraus, dass sich von der Videobeobachtung potentiell betroffene rechtzeitig vorher dieser Tatsache bewusst sind oder dass sie darauf hingewiesen werden, was nicht der Fall gewesen ist. Die Begründung, die Kamera sei doch für alle ersichtlich, auch sei das Fahrzeug (allerdings auch nur vorne und hinten) mit der Aufschrift "POLIZEI" gekennzeichnet, ist nach geltender Rechtssprechung nicht ausreichend. Warum ist zur Videoüberwachung des Platzes vor dem Hauptbahnhof vom 11.9.2016 keine Kennzeichnung bzw. Beschilderung erfolgt?

3.) Es wurde beobachtet, wie die Kamera in einem Fall zwei Passanten "verfolgt" hat, die offenbar keine Fußballfans waren - siehe die verpixelten Personen im Vordergrund des oben verlinkten Bildes. Warum wurden diese beiden Personen videoüberwacht?

4.) Ab wann und für welche Zeitdauer wurde bei der hier beschriebenen Videoüberwachungsmaßnahme die Aufzeichnung aktiviert?

5.) Wie lauten die Lösch- bzw. Aufbewahrungsbedingungen und -fristen für diese Aufzeichnungen?

6.) Mit welcher Auflösung (Pixel in Breite x Höhe) überträgt die eingesetzte Kamera Bilder bzw. in welcher Auflösung zeichnet sie auf?

7.) Wie groß ist der Brennweitenbereich der eingesetzten Überwachungskamera bzw. derer Zoom-Objektive (Angabe in mm)?

8.) In welcher Form ist für Passanten von außen ersichtlich, ob die Aufzeichnung der Überwachungskamera aktiviert ist oder nicht?

9.) Wie viele Kamerawagen dieser oder ähnlicher Art besitzt die Bundespolizeidirektion Hannover, wie viele gibt es seitens der Bundespolizei bundesweit davon?

10.) Welche anderen Typen von Kamerawagen gibt es neben dem hier dokumentierten und eingesetzten und in welcher Art unterscheiden sich diese?

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,


25.10.2016 - Antwort der Bundespolizei


(...)

vielen Dank für Ihr Interesse an der Bundespolizei. Ich bitte die verspätete Antwort zu entschuldigen. Aufgrund hoher Arbeitsbelastungen durch Einsätze kann Ihre Anfrage erst jetzt beantwortet werden. Hintergrund der von Ihnen hinterfragten Einsatzmaßnahme war das Bundesligaspiel Hannover 96 gegen Dynamo Dresden.

Der öffentliche Raum vor dem Eingangsbereich des Hauptbahnhofes Hannover wurde mittels technischer Hilfsmittel überwacht, da mit Störungen während der Abreise der Dynamo Dresden Fans im Zusammenhang mit der zuvor beendeten Spielbegegnung zu rechnen war. Bereits während der Anreisephase kam es zu Störungen durch Fußballfans. Weiterhin wurde das Spiel als sog. Risikobegegnung und der Hauptbahnhof als gefährdetes Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 Bundespolizeigesetz (BPOLG) eingestuft. Für diesen Zweck kann die Bundespolizei gem. § 26 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BPOLG auch im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen personenbezogene Daten mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten erheben. Da hier jedoch keine Aufnahmen gefertigt wurden, fällt die bloße Überwachung mittels technischer Hilfsmittel nicht unter die genannte Norm, sondern erfolgte auf Grundlage des § 21 Abs. 1 BPOLG. Im Falle von begangenen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wäre eine unverzügliche und lückenlose Dokumentation sichergestellt gewesen. Zu diesem Zweck wurde der Mast samt Kamera in Betrieb gesetzt. Aufzeichnungen wurden während der gesamten Abreisephase nicht gefertigt.

Aus polizeilicher Erfahrung heraus können sich gewaltbereite Fußballfans einerseits in der Gruppe friedlicher Fans aufhalten oder von dieser getrennt agieren. Daher ist es erforderlich, sowohl im Vorfeld als auch nach Ankunft des Fanzuges eine Beobachtung des Bahnhofsvorplatzes durchzuführen.

Das zur Überwachung eingesetzte Fahrzeug wurde mit Hilfe von Magnet- Kenntafeln, welche den Schriftzug "POLIZEI" tragen, versehen. Für die Überwachung wurde ein öffentlicher Platz gewählt, eine Tarnung durch z. B. abgesetztes Abstellen erfolgte nicht. Weiterhin trugen die eigesetzten Beamten ihre Dienstkleidung und waren damit nach außen hin als Polizeibeamte erkennbar. Die Überwachung erfolgte somit nicht verdeckt.

Die von Ihnen geschilderte Beobachtung einer Überwachung ist nicht zutreffend. Da der Bildausschnitt der Kamera begrenzt ist, ist ein Schwenken der Kamera unabdingbar, um einen Bereich, wie den des Bahnhofsvorplatzes, umfassend einsehen und überwachen zu können. Weiterhin muss bereits im Vorfeld geprüft werden, ob der gewählte Standort die zu erwartende Fanbewegung abbilden und ggf. dokumentieren kann. Hierfür werden ebenfalls Kamerabewegungen durchführt. Das von Ihnen genannte Foto zeigt zudem eindeutig, dass der Kamerakopf die beiden verpixelten Personen nicht erfasst.

Durch die auf dem Fahrzeug installierte Kamera wurden während der gesamten Abreisephase keine Aufzeichnungen gefertigt. Somit fand auch keine Speicherung statt.

Zu weiteren Fragen können aus einsatztaktischen Erwägungen keine Informationen erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag


27.10.2016 - Nachfragen an die Bundespolizei Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,
sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Rückmeldung zu unserer Anfrage. Es ergeben sich für uns folgende Nachfragen:

1.) Wenn mit Störungen während der Abreise der Dynamo Dresden Fans gerechnet worden ist: Ist es auf dem Hauptbahnhofvorplatz in Hannover dazu gekommen? Ihrer Antwort zufolge nehmen an, dass nicht. Falls soweit richtig interpretiert: Wird diese Fehleinschätzung Folgen auf zukünftige Abwägungen haben, ob so eine anlaßlose Videoüberwachungsmaßnahme durchgeführt wird oder nicht?

2.) Als Begründung für die Rechtmäßigkeit der hier besprochenen Maßnahme führen Sie an: "Aus polizeilicher Erfahrung heraus können sich gewaltbereite Fußballfans einerseits in der Gruppe friedlicher Fans aufhalten oder von dieser getrennt agieren." Die sich aus diesem Satz herzuleitende Begründung erschließt sich uns noch nicht. Können Sie das ggf. noch in anderen Worten beschreiben? Für uns ist nicht ersichtlich, worin sich die nach § 21 Abs. 1 BPolG https://www.gesetze-im-internet.de/bgsg_1994/__21.html notwendige Erforderlichkeit manifestiert.

3.) Wir hatten in unserer Anfrage nicht von "getarnten" Polizeikräften oder -einsatzmitteln gesprochen. Wir haben auch nicht unterstellt, dass es sich zwangsweise um eine "verdeckte" Videoüberwachung gehandelt hat. Es hat sich jedoch - nach unserer Auffassung - eindeutig um eine nicht "offene" Videoüberwachung im Sinne des Gesetzes gehandelt, da der von der VÜ erfasste oder potentiell erfassbare Bereich nicht mit Hinweisschildern versehen worden ist. Ist es üblich, dass derartige halbstationäere und von der Bundespolizei durchgeführte Videoüberwachung nicht in einer dem § 6b Abs. 2 BDSG https://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/__6b.html vergleichbaren Art und Weise gekennzeichnet werden?

4.) Die von uns vorgetragene Beobachtung, dass eindeutig nicht der Fußball-Fanszene zuzuordnende Passanten in wenigstens einem Einzelfall mit der von Ihnen eingesetzten Überwachungskamera über einen Zeitraum von ca. 10 Sekunden und einen Fußweg von ca. 15 m verfolgt worden sind ist - anders als von Ihnen behauptet - zutreffend und kann persönlich bezeugt werden. Das Foto ist kurz nach Beendigung dieser "Verfolgungsphase" aufgenommen worden - es ist ja nicht so, dass Passanten mit so einem Verhalten rechnen und ihre Umgebung in Echtzeit aufzeichnen. Die von Ihnen angeführten Gründe (Überprüfung des Erfassungsbereichs im Vorfeld) ist kein hinreichender Beleg für die Zulässigkeit dieser Videoüberwachung, weil ein "Tracken" unbescholtener Bürger dafür nicht notwendig ist. Können oder möchten Sie zu dem Vorwurf noch in erweiterter Form Stellung beziehen.

5.) Können Sie wenigstens die Frage nach der Anzahl der der Bundespolizei insgesamt und der Bundespolizeidirektion Hannover zur Verfügung stehenden Kamera-Überwachungswagen beantworten (Alte Frage Nr. 9)? Falls nicht: Können Sie uns begründen, warum diese Information "aus einsatztaktischen Erwägungen" nicht zu beantworten sei?

Vielen Dank für Ihre Arbeit mit uns und viele gute Grüße,


28./31.10.2016 - Telefongespräch mit der BPolD-Hannover-Beschwerdestelle zu unseren Nachfragen


Wir wurden am 28.10. zu unseren Nachfragen direkt angerufen und haben die Fragen dann (aus Zeitgründen) am 31.10.2016 telefonisch besprochen. Das Gespräch war offen und konstruktiv.

Zu unseren Fragen ergab sich in etwa folgendes:

1.) Ja, es wird beim nächsten Hochrisikospiel mit einfließen, dass der Kamerawagen am Bahnhofsvorplatz zuletzt überflüssig war. Eine einzelne, konkrete Lagebewertung samt Entscheidung zum Einsatz von Überwachungskameras erfolgt allerdings erst einige Tage vor dem Spiel.

2.) Die Bundespolizei hat Aufgaben als Bahnpolizei (§3 BPolG) und durfte demzufolge nach Ansicht der Bundespolizei offene Videoüberwachung betreiben. (Siehe Absatz 3 des §21 BPolG.) Uneins waren wir uns mit der Bundespolizei darin, ob bereits die Kamera ausgefahren werden darf, bevor Fußballfans in Sicht sind oder gar bevor diese Straftaten zu begehen drohen.

3.) Die Bundespolizei bewertet diese Form der Videoüberwachung als "mobile" Videoüberwachung und nicht als halb-stationäre, was wir anders sehen. Demnach (als mobile Videoüberwachung) müsste bzw. könne keine Kennzeichnung erfolgen. Das ginge auch gar nicht, wenn das Fahrzeug sich z.B. in Bewegung setzen würde. Wir denken, dass eine Beschilderung in diesem konkreten Fall notwendig und machbar gewesen wäre.

4.) Dass hier Personen getrackt worden sind, wird bestritten. Ein Redaktionsmitglied hat dieses jedoch bezeugt. Es bleibt bei dem offenen Widerspruch. Nichtsdestotrotz haben wir nochmals betont, dass einer der dort tätigen Bundespolizeibeamten äußerst kooperativ und freundlich war, als wir nach der Gesetzesgrundlage der Überwachung gefragt hatten.

5.) Hierzu ist die Bundespolizeidirektion der falsche Ansprechpartner, da diese (institutionell) über gar keine Fahrzeuge verfügt. Am besten nachfragen bei der Bundesbereitschaftspolizei-Zentrale in Potsdam.


6.11.2016 - Neue kurze Anfrage zu einem erneuten Einsatz eines Bundespolizei-Kamerawagens in Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,
sehr geehrter Herr xxx,

im Rahmen der Abreise von Hannover-96-Fußballfans zu einem Spiel in Braunschweig ist uns heute morgen erneut aufgefallen, dass ein Videoüberwachungskamera-Wagen der Bundespolizei auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs von Hannover zum Einsatz gekommen ist, dieses mal an dieser Stelle mit den Blick zum Haupteingang gerichtet:

http://www.openstreetmap.org/?mlat=52.37611&mlon=9.74046#map=18/52.37611/9.74046

Dazu haben wir folgende vier Nachfragen und würden uns über eine Beantwortung freuen:

1.) Von wann bis wann war der Bundespolizei-Kamerawagen heute morgen an dieser Stelle im Einsatz?

2.) Wurde oder wird dieser oder ein anderer Kamerawagen am heutigen Tage ein oder mehrere weitere male zur Überwachung des Bahnhofsplatzes eingesetzt? Falls ja: Wie oft und in welchen Zeiträumen?

3.) Gab es heute Vorfälle, bei denen der Einsatz der Kamerawagen zur Dokumentation eingesetzt worden ist? Wurden Bildaufzeichnungen gefertigt?

4.) Warum wurde der heutige Einsatz der Überwachungskamera in keinster Weise beschildert? Noch nicht einmal der Wagen war als Polizei-Einsatzfahrzeug gekennzeichnet, geschweige denn die Tatsache, dass hier eine Bildüberwachung durchgeführt worden ist (egal ob nun mit oder ohne Aufzeichnung).

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,


7./8.11.2016 - Rückmeldung der Bundespolizei Hannover (Pressestelle)


Telefonanruf von Herrn xxx, 7.11.2016 - 12:09-12:20

  • Herr xxx bat um KFZ-Kennzeichen-Nennung des Kamerawagens zur Feststellung, von wann bis wann dieser eingesetzt gewesen ist. (Wurde ad hoc mitgeteilt. :) )
  • Herr xxx dazu noch einmal Bescheid, auch, ob zu anderen Zeiten Kamerawagen eingesetzt worden sind.
  • Es gab keine Vorfälle während des Kamerwageneinsatzes bzw. an dessen Stelle, es wurden keine Aufzeichnungen angefertigt.
  • Die Überwachung sei nicht verdeckt durchgeführt worden.
  • Kamerawagen müsse nicht weiter gekennzeichnet werden, weil (angeblich) "nur" Eingang zum Hauptbahnhof überwacht wurde (und der Hauptbahnhof sei gekennzeichnet) und weil Auto ein BP-Kennzeichen trug, was es eindeutig als Polizeiauto dargestellt hat.
  • In diesem Sinne sei die Überwachung offen gewesen.

Im Gespräch aufgeworfene Bedenken an dieser Ansicht, die allerdings nicht geteilt worden sind:

  • Kennzeichnung vom Wagen fehlt (keine Polizei-Schild, nicht mit polizeitypischer Lackierung versehen).
  • Kennzeichnung des videoüberwachten Raumes vom Bahhofsvorplatz war nicht vorhanden, Hinweis auf Videoüberwachung im Bahnhof ist dafür nicht hinreichend.
  • Nicht allen Menschen ist bekannt, wofür ein BP-Kennzeichen steht.
  • Überwachung des Bahnhofsvorplatzes war aufgrund des gewählten Standortes inklusive und dieser ist nicht gekennzeichnet.
  • Überwachung war nicht offen im Sinne der Interpretation von "offen", siehe Gerichtsstreit vor dem VG Hannover zu "offener" polizeilicher Videoüberwachung des öffentlichen Raums.

[UPDATE 8.11.2016]

  • Der Kamerawagen war von 9:30 bis 10:15 Uhr vor Ort.
  • Es war kein weiterer Kamerawagen an dieser Stelle im Einsatz.
  • Der Einsatz diente der Gefahrenabwehr.


Kategorie(n): Videoueberwachung

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Zuletzt geändert am 10.11.2016 10:27 Uhr