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Dokumentation-polizeilichen-Handelns

13.4.2018 - Presseanfrage an die Polizeidirektion Hannover


Sehr geehrte Damen und Herren,

das Bundesverwaltungsgericht hat per Urteil vom 28.3.2012 (Az. 6 C 12.11) festgestellt, dass ein Polizeieinsatz als "zeitgeschichtliches Ereignis" im Sinne des § 23 KUG ist. Auch die Urteile anderer Gerichte manifestieren, dass es nicht grundsätzlich verboten oder gar als Straftat zu bewerten ist, wenn Betroffene oder Zeugen von Polizeieinsätzen das Handeln von Polizisten und Polizistinnen dokumentieren, sofern sie im Einzelfall davon ausgehen, dass diese Dokumentation später möglicherweise als bedeutsames Beweismittel Verwendung finden kann.

Das alles selbstverständlich unter der Bedingung, dass die Persönlichkeitsrechte der Beamten und Beamtinnen nicht bspw. nicht derart verletzt werden, dass die Aufzeichnungen unreglementiert veröffentlicht werden.

Zugleich gibt es aktuell in einer oder mehreren Polizeigewerkschaften die offen bekundete Absicht, mittels des Bezugs auf den § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) möglichst jede Dokumentation polizeilichen Handelns zu unterbinden oder zu verhindern, indem man den Dokumentierenden unterstellt, ebendiesen Straftratbestand zu erfüllen.

Vor diesem Hintergrund haben wir Fragen und möchten über das Thema schon bald berichten. Deswegen wären wir Ihnen für eine kurzfristige Beantwortung sehr dankbar.

1.) Gab oder gibt es bei der Polizeidirektion Hannover Fälle, wo mit Bezug auf das Vorgenannte Strafanzeigen oder gar Verurteilungen erfolgt sind? Falls ja: Können Sie uns Näheres dazu mitteilen? (Wie viele Fälle in diesem und im letzten Jahr? Aus wie vielen Fällen resultierte - bis dato - eine Verurteilung und wie ist das Strafmaß im Detail ausgefallen?)

2.) Welche Haltung bezieht die Polizeidirektion Hannover zur streitauffässlichen Frage, wonach zu beurteilen ist, ob das Dokumentieren polizeilichen Handelns zulässig ist oder als Straftat im Sinne des § 201 StGB bewertet gehört?

3.) Gibt es zu dieser Frage Anweisungen, Runderlasse oder sonstige Informationen, die den tätigen Polizisten und Polizistinnen den Umgang mit dieser Frage erleichtern sollen und falls ja, wie ist der Inhalt derartiger Informationen?

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,


16.4.2018 - Zwischen-Rückmeldung von der PD Hannover, Dezernat Recht


Sehr geehrter Herr xxx,

Ihre Anfrage vom 13.04.2018 habe ich erhalten.
Die Beantwortung wird noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.
Bitte haben Sie deshalb noch ein wenig Geduld.

Mit freundlichen Grüßen
xxx

xxx
Dezernatsleiterin Recht
PD Hannover


26.4.2018 - Dezernatsleiterin Recht kündigt weitere Verzögerung der Antwort an


Im Rahmen einer persönlichen Begegnung mit der Dezernatsleiterin Recht der Polizei Hannover kamen die Gesprächspartner auf die hier behandelte Anfrage zu sprechen. Die Dezernatsleiterin kündigte an, dass deren Beantwortung mindestens drei weitere Wochen (vermutlich länger) dauern würde. Aus Urlaubsgründen.


31.5.2018 - Antwort von Dezernat Recht der PD Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,

zunächst vielen Dank für Ihr im Rahmen unseres Gespräches anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem OVG Lüneburg geäußertes Verständnis, eine Antwort erst nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub zu erhalten.

In der Sache ist zunächst ist festzustellen, dass § 201 StGB die unbefugte Tonaufzeichnung und Verbreitung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes und, nach allgemeinen Regeln auch den Versuch, dieses zu tun, unter Strafe stellt. Eine Äußerung wird als nichtöffentlich bezeichnet, wenn sie nicht an die Allgemeinheit gerichtet und für Außenstehende nicht wahrnehmbar ist.

Dabei muss sich die getätigte Aussage nicht zwingend an eine einzelne Person richten, sie kann auch gegenüber einem bestimmten Personenkreis erfolgen.

Dies wird in der Rechtsprechung und Literatur in Zusammenhang mit polizeilichem Handeln durchweg bejaht, wenn das Gespräch während einer polizeilichen Vernehmung, einer Wohnungsdurchsuchung oder auch Identitätsfeststellung aufgezeichnet wird. Heimlichkeit ist nicht notwendig erforderlich. Inwieweit dies auch bei anderen polizeilichen Einsätzen - etwa versammlungsrechtlichen Aktionen - gilt, ist stets im Rahmen des konkreten Sachverhaltes zu beurteilen. Der Gebrauch rechtswidrig erlangter Aufnahmen kann unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Satz StGB auch unter presserechtlichen Aspekten gerechtfertigt sein.

Sofern ein sog. Anfangsverdacht der Realisierung des § 201 StGB vorliegt, sind die betroffenen oder beteiligten Vollzugsbeamten berechtigt, mit strafprozessualen Mitteln, etwa der Sicherstellung zu Beweiszwecken (§ 94 StPO), zu reagieren.

Insgesamt handelt es sich um einen strafrechtlichen Komplex, dessen Bearbeitung und Beurteilung in Zusammenarbeit mit der zuständigen Staatsanwaltschaft erfolgt.


Dieses vorangeschickt teile ich Ihnen auf Ihre Anfrage folgendes mit:

1. In 2017 sind der PD Hannover 25 Fälle der Ermittlungen wegen eines Anfangsverdachtes des § 201 StGB bekannt geworden. Über den Ausgang der Verfahren kann ich nichts sagen, da diese bekanntermaßen durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte entscheiden werden.

2. Es handelt sich immer um eine Einzelfallbeurteilung, die von den Beamten vor Ort und mit dem zuständigen Kommissariat und in Absprache mit der örtlichen Staatsanwaltschaft zu treffen ist.

3. Nein.


Ich hoffe, der Redaktion von freiheitsfoo damit eine befriedigende Antwort erteilt zu haben. Weitere Informationen zu dem juristisch komplexen Themenfeld finden Sie in der Zeitschrift Kriminalistik 2015 auf den Seiten 460ff.

Mit freundlichen Grüßen

xxx


xxx
Dezernatsleiterin Recht
PD Hannover
Waterloostr.9
30169 Hannover


5.6.2018 - Rückfragen an die Polizei


Sehr geehrte Frau xxx,

vielen Dank für die Antworten. Wir haben dazu folgende Rückfragen:

Am 31.05.2018 um xxx schrieb xxx:

Eine Äußerung wird als nichtöffentlich bezeichnet, wenn sie nicht an
die Allgemeinheit gerichtet und für Außenstehende nicht wahrnehmbar ist.
Dabei muss sich die getätigte Aussage nicht zwingend an eine einzelne Person
richten, sie kann auch gegenüber einem bestimmten Personenkreis erfolgen.
Dies wird in der Rechtsprechung und Literatur in Zusammenhang mit
polizeilichem Handeln durchweg bejaht, wenn das Gespräch während einer
polizeilichen Vernehmung, einer Wohnungsdurchsuchung oder auch
Identitätsfeststellung aufgezeichnet wird. Heimlichkeit ist nicht notwendig
erforderlich.

Können Sie uns zu den von Ihnen angeführten Rechtssprechungen und Literatur ein paar Beispiele/Verweise benennen?

Ich hoffe, der Redaktion von freiheitsfoo damit eine befriedigende Antwort
erteilt zu haben. Weitere Informationen zu dem juristisch komplexen
Themenfeld finden Sie in der Zeitschrift Kriminalistik 2015 auf den Seiten
460ff.

Diese Zeitschrift wird selbst von den hannoverschen Universitäts-Bibliotheken nicht geführt. Können Sie uns einen Tipp geben, wo wir den von Ihnen bezeichneten Beitrag einsehen/nachlesen können?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


20.8.2020 - HAZ-Beitrag: "Video aus dem Hauptbahnhof: Dürfen Polizisten im Einsatz gefilmt werden?"


Auszug:

Aus Sicht der Polizeidirektion Hannover ist die rechtliche Lage eindeutig. „Grundsätzlich dürfen Polizeieinsätze in der Öffentlichkeit gefilmt werden“, sagt Behördensprecher Martin Richter. Dabei dürften allerdings nicht die Gespräche zwischen den Beamten und den Verdächtigen aufgezeichnet werden. (...) Der Medienrechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln (...) erklärt: „Grundsätzlich ist es zulässig, Polizeieinsätze zu filmen und zu fotografieren." (...) Zudem gebe es beim Filmen mit dem Handy eine wichtige Einschränkung, die nahezu alle Smartphonenutzer betrifft: Die Zulässigkeit für das Filmen gelte nämlich nur für Fotos und reine Filmaufnahmen, also: ohne Ton. Bei einer Filmaufnahme mit Ton, zum Beispiel einem Smartphonevideo, könne sich der Filmende wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des öffentlichen Wortes nach § 201 StGB strafbar machen, erklärt Solmecke. Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs (StGB) sehe sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor, wenn unbefugt das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderes aufgenommen werde. Grundsätzlich dürfe die Polizei auch Filmende davon abhalten, einen Einsatz zu filmen – jedoch nur, wenn es Hinweise auf eine mögliche Straftat gebe. „Besteht aus der Sicht der Polizei die begründete Annahme, dass der Schaulustige sich wegen § 201 StGB strafbar macht oder die Aufnahmen später widerrechtlich im Internet verbreitet, darf sie ihn vom Filmen abhalten."

Quelle: https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Handy-Video-Duerfen-Polizisten-im-Einsatz-gefilmt-werden


26.8.2020 - Presseanfrage an den Medienrechtsanwalt Christian Solmecke


Sehr geehrter Herr Solmecke,

in einem Beitrag der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 20.8.2020 werden Sie wie folgt zitiert:

"Der Medienrechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln (...) erklärt: „Grundsätzlich ist es zulässig, Polizeieinsätze zu filmen und zu fotografieren." (...) Zudem gebe es beim Filmen mit dem Handy eine wichtige Einschränkung, die nahezu alle Smartphonenutzer betrifft: Die Zulässigkeit für das Filmen gelte nämlich nur für Fotos und reine Filmaufnahmen, also: ohne Ton. Bei einer Filmaufnahme mit Ton, zum Beispiel einem Smartphonevideo, könne sich der Filmende wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des öffentlichen Wortes nach § 201 StGB strafbar machen, erklärt Solmecke. Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs (StGB) sehe sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor, wenn unbefugt das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderes aufgenommen werde. Grundsätzlich dürfe die Polizei auch Filmende davon abhalten, einen Einsatz zu filmen – jedoch nur, wenn es Hinweise auf eine mögliche Straftat gebe. „Besteht aus der Sicht der Polizei die begründete Annahme, dass der Schaulustige sich wegen § 201 StGB strafbar macht oder die Aufnahmen später widerrechtlich im Internet verbreitet, darf sie ihn vom Filmen abhalten.""

Quelle: https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Handy-Video-Duerfen-Polizisten-im-Einsatz-gefilmt-werden

Der seit wenigen Jahren währende Streit um die Zulässigkeit der Berufung auf den § 201 StGB zum Zwecke des Unterbindens der Dokumentation polizeilichen Handelns dürfte Ihnen bekannt sein.

Das vorausgesetzt haben wir in Vorbereitung eines Beitrags zum Thema der Zulässigkeit der Aufzeichnung von Bild und Ton polizeilichen Handelns im öffentlichen Raum folgende Fragen an Sie und würden uns über eine Beantwortung innerhalb von vier Werktagen sehr freuen:

1.) Der Beitrag erweckt den Eindruck, dass es grundsätzlich erst einmal untersagt ist, polizeiliches Handeln im öffentlichen Raum in Bild und Ton aufzuzeichnen. Teilen Sie eine solche Haltung, sofern man dabei zunächst voraussetzen kann, dass solches Material nicht veröffentlicht oder sonst wie verbreitet wird?

2.) Halten Sie die Anwendung bzw. das Sich-Berufen auf den § 201 StGB durch Polizeibeamt*innen, die im Zuge ihres Dienstes im öffentlichen Raum agieren und ihr Handeln nicht in Bild und Ton aufgezeichnet wissen möchten für zulässig?

3.) Wie ist aus Ihrer Sicht der Gefahr/Sorge zu begegnen, dass Polizeibeamt*innen mittels des von Ihnen skizzierten Vorgehens, also des Verweises auf den § 201 StGB sämtliches, möglicherweise auch berechtigtes Aufzeichnen (von Bild und Ton) polizeilichen Handelns im öffentlichen Ruam missbräuchlich zu unterbinden versucht? Oder halten Sie diese Sorge für unberechtigt?

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,


25.10.2020 - Nachfrage/Nachhaken bei Herrn Solmecke


Sehr geehrter Herr Solmecke,

auf unsere Presseanfrage vom 26.8.2020 haben wir bislang noch keine Antwort erhalten.

Wir werden zur Sache berichten. Können wir dazu von Ihnen noch eine Rückmeldung erwarten und falls ja, zu wann im ungefähren?

Viele gute Grüße,


26.10.2020 - Antwort aus dem RA-Büro Solmecke


Sehr geehrter Herr xxx,

vielleicht hilft Ihnen unser Video unter https://www.youtube.com/watch?v=ILk0bTezq7c weiter. Dieses erschien am Tag nach Ihrer ursprünglichen Anfrage und dürfte die Fragen weitgehend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

xxx
Pressereferent


26.10.2020 - Nachfrage an Herrn Solmecke


Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für den - wenn auch späten! - Hinweis. Unsere Fragen 1 und 2 sehen wir darin beantwortet.

Können Sie noch etwas zu unserer Frage Nr. 3 sagen?

Auch würde uns interessieren, wie sich Herr Solmecke zu dem von uns geschilderten Eindruck stellt, dass in dem zitierten Beitrag der HAZ etwas anderes vermittelt werden kann, nämlich dass quasi jede Tonaufnahme polizeilichen Handelns mittels Berufung auf § 201 StGB unzulässig sei.

Vielen Dank und viele gute Grüße,


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Zuletzt geändert am 26.10.2020 21:18 Uhr