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ID-Register

4.-6.12.2019 - 211. IMK


Am 12.12.2019 wurde ein Auszug aus der Tagesordnung veröffentlicht: https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/20191204_06.html?nn=4812206

Zugleich eine 19seitige Anlage, ein vom BMI verfasster Zwischenbericht zum IMK-Vorhaben eines bundesweiten ID-Registers unter Verwendung der Steuer-ID: https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/2019-12-04_06/anlage-zu-top-32.pdf?__blob=publicationFile&v=2


14.12.2019 - Presseanfragen an die Innenministerien der Länder und des Bundes


Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen der letzten 211. Innenministerkonferenz wurde der IMK unter TOP 32 ("Registerübergreifendes Identitätsmanagement als Teil der Registermodernisierung") ein vom BMI verfasster Zwischenbericht vorgelegt und veröffentlicht:

https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/2019-12-04_06/anlage-zu-top-32.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Darin heißt es u.a.:

"Die eindeutige Identifikation einer Person war und ist ein unverzichtbarer Grundpfeiler staatlichen Handelns. In der zunehmend digitalisierten Welt muss Eindeutigkeit sichergestellt werden, da es andernfalls zu Medienbrüchen (Prozessabbruch oder händisch auszuwertenden Trefferlisten) kommt. (...) Ein gleichbleibender numerischer Identifier kann diese Aufgaben zuverlässiger und datensparsamer erfüllen als der variable Grunddatensatz der Person. Der Identifier soll zumindest für die behördeninterne Kommunikation diese Eindeutigkeit sicherstellen und ermöglichen, dass bei einer Änderung in den Basisdaten einer Person durch die jeweils sachlich zuständige Behörde diese Änderung auch anderen Behörden zur Verfügung gestellt wird. (...) Bei der Einrichtung eines Identifiers verlangen die verfassungs- und datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen - insbesondere das Volkszählungsurteil des BVerfG - besondere Aufmerksamkeit. Der bekannteste der bereits bestehenden Identifier in Deutschland ist die steuerliche Identifikationsnummer (Steuer-ID) nach § 139b der Abgabenordnung (AO)."

Im weiteren Verlauf des Zwischenberichts wird der Aufbau eines "Identitätsregisters" unter Verwendung der Steuer-ID als "numerischer Identifier" vorgeschlagen. Zwar wird auch auf datenschutz- und persönlichkeitsrechtliche Aspekte eingegangen:

"Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 65, 1 ff) ist im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht insbesondere darauf zu achten, dass eine Zusammenführung aller mit dem Kennzeichen verbundenen Daten und damit die Herstellung von Persönlichkeitsprofilen („Gesamtbild der Persönlichkeit“) durch organisatorische, technische und rechtliche Maßnahmen wirksam verhindert wird. Ferner ist begründet darzulegen, dass unter Berücksichtigung der verfolgten Ziele der Grundrechtseingriff im Ergebnis verhältnismäßig ist, wobei u.a. die in dem Urteil des BFH vom 18.01.2012 (II R 49/10) zur Steuer-ID genannten Kriterien heranzuziehen sind. Hier nach ist die Eingriffstiefe umso geringer, je weniger der Identifier selbst Persönlichkeitsrelevanz aufweist, Datenerhebungen weder heimlich noch unter gesteigerten Mitwirkungspflichten erfolgen oder besondere Vertraulichkeitserwartungen verletzt werden."

Trotz dieser Bedenken empfiehlt der Zwischenbericht vorzugsweise die Nutzung der Steuer-ID:

"Aus der bisherigen Arbeit der Expertengruppe Registerarchitektur und der BLAG Registerübergreifendes Identitätsmanagement zeichnet sich ab, dass die Steuer-ID als zukünftiger Identifier und die Steuer-ID-Datenbank des BZSt für ein deutlich verbessertes Identitätsmanagement in der Innenverwaltung - und implizit darüber hinaus für weitere Register, die sich wesentlich auf personenbezogene Daten stützen, als geeignet erscheinen. Alternativ wäre, da es um das Identitätsmanagement im Bereich der Register der Innenverwaltung geht, der Aufbau eines eigenen Identitätsregisters in der Innenverwaltung vorstellbar. Auch Lösungen, die eine Aufgabenteilung vorsehen, wie z.B. die Führung des Identitätsregisters beim BZSt im Rahmen einer Organleihe, sind denkbar."

Grundlegend für eine verfassungsrechtliche Bewertung einer wie im Zwischenbericht erläuterten ID-Register-Struktur mit eineindeutiger ID-Numerik sind neben der erwähnten BFH-Rechtssprechung zur Steuer-ID die Mikronzensus- und Volkszählungs-Urteile des BVerfG. Diese lauten auszugsweise:

"Es widerspricht der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen (vgl. BVerfGE 5, 85; 7, 198). Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, sei es auch in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist."

(Mikrozensus-Urteil vom 16.7.1969, 1 BvL 19/63, Randnummer 33, https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.Mikrozensus-Urteil#toc33 )

Sowie:

"Das Erhebungsprogramm vermag zwar einzelne Lebensbereiche, zum Beispiel den Wohnbereich des Bürgers, jedoch nicht dessen Persönlichkeit abzubilden. Etwas anderes würde nur gelten, soweit eine unbeschränkte Verknüpfung der erhobenen Daten mit den bei den Verwaltungsbehörden vorhandenen, zum Teil sehr sensitiven Datenbeständen oder gar die Erschließung eines derartigen Datenverbundes durch ein einheitliches Personenkennzeichen oder sonstiges Ordnungsmerkmal möglich wäre; denn eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist auch in der Anonymität statistischer Erhebungen unzulässig. (...) Auch die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen Dateien der Verwaltung ist keine zulässige Alternative zu der vorgesehenen Totalzählung. Denn die Nutzung von Daten aus verschiedenen Registern und Dateien würde voraussetzen, daß technische, organisatorische und rechtliche Maßnahmen getroffen werden, die es erst erlauben, diese Daten, bezogen auf bestimmte Personen oder Institutionen, zusammenzuführen. Eine solche Maßnahme wäre zum Beispiel die Einführung eines einheitlichen, für alle Register und Dateien geltenden Personenkennzeichens oder dessen Substituts. Dies wäre aber gerade ein entscheidender Schritt, den einzelnen Bürger in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren. Die Verknüpfung vorhandener Dateien wäre danach auch nicht das mildere Mittel."

(Volkszählungsurteil vom 15.12.1983, BVerfGE 65,1, Randnummern 177 und 191, https://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/Volkszaehlungsurteil-BVerfGE-65-1.pdf )

Selbst unter Berücksichtigung der im Zwischenbericht vorgebrachten Gesichtspunkte und Argumente halten wir die dort skizzierte Konzeption eines ID-Registers für verfassungsrechtlich unzulässig.

Dafür spricht auch die genauere Betrachtung des genannten BFH-Urteils (vom 18.01.2012 - II R 49/10, https://openjur.de/u/615111.html ), dort insbesondere die Randnummern 50ff. und 65ff. Dort geht es darum, dass die DRV als zentrale Stelle in Funktion einer dem Steuergeheimnis verpflichteten Finanzbehörde für die Verwendung Steuer-ID gelte und die Verwendung der Steuer-ID behördlich beschränkt sei. Beides würde durch die im Zwischenbericht beschriebene ID-Register-Bildung verworfen werden.

Wir werden noch vor Weihnachten über die von der IMK behandelte Einführung eines ID-Registers berichten und möchten Sie in diesem Zuge darum bitten, eine kurze Stellungnahme zum avisierten ID-Register abzugeben, die wir in unserer Berichterstattung gerne einbinden möchten. Uns interessiert die Haltung Ihres Ministeriums zu diesen Plänen.

Wir bitten um eine Rückmeldung innerhalb von vier Werktagen, um ihre Stellungnahme in dem geplanten ersten Bericht zur Registereinführung berücksichtigen zu können.

Vielen Dank und viele gute Grüße,


Antworten der Innenministerien


16.12.2019 - Sachsen-Anhalt (will keine Stellung beziehen)


Vielen Dank für Ihre Anfrage, die Sie jedoch bitte an das aktuelle Vorsitzland der IMK richten.


16.12.2019 - Replik an das MI Sachsen-Anhalt


uns geht es ausdrücklich um die Haltung des Innenministeriums Sachsen-Anhalt und nicht um die der gesamten IMK.

Können wir diesbezüglich mit einer - gerne kurzen - Rückmeldung von Ihnen rechnen?


17.12.2019 - Bremen (nimmt zur Kenntnis)


es gibt bislang nichts weiter als einen Zwischenbericht, den die Innenminister und -senatoren auf der IMK in Lübeck zur Kenntnis genommen haben. Der Abschlussbericht wird im Frühjahr 2020 erwartet. Daher gibt es von unserer Seite zum aktuellen Zeitpunkt keine abschließende Bewertung.


17.12.2019 - Berlin (prüft)


vielen Dank für Ihre Anfrage. Anbei erhalten Sie die Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Die Sätze sind für Zitate frei als „ein Sprecher der Innenverwaltung“.

Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder hat in ihrer Sitzung vom 04. Bis 06.12.2019 in Lübeck den Zwischenbericht "Registerübergreifendes Identitätsmanagement als Teil der Registermodernisierung" des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zur Kenntnis genommen. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin prüft das Vorhaben und geht davon aus, dass auch im weiteren Verlauf die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.


17.12.2019 - Baden-Württemberg (stimmt zu)


vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne geben wir Ihnen eine Stellungnahme:

Baden-Württemberg hat dem Beschlussvorschlag zugestimmt.


18.12.2019 - Bayern (stimmt uneingeschränkt zu)


nach unserer Auffassung sind ein verfahrensübergreifendes Identitätsmanagement und die Stärkung der Interoperabilität von Verwaltungsregistern unverzichtbare Bestandteile in einer modernen und vernetzten Verwaltung. Der Zwischenbericht mit seinen Eckpunkten ist eine gut geeignete Grundlage für die weitere Konkretisierung der Planungen, die zügig weitergeführt werden sollten. Bayern hat deshalb dem Beschlussvorschlag uneingeschränkt zugestimmt.


18.12.2019 - Sachsen-Anhalt (drückt sich noch immer weg)


da die Beschlüsse der IMK einstimmig gefasst werden und der von Ihnen erfragte TOP einer diesbezüglichen Beschlussfassung zugrunde liegt, kann eine Separierung im Antwortverhalten nicht alleine von und durch Sachsen-Anhalt erfolgen. Insofern bleibt der Verweis an das aktuelle Vorsitzland bestehen. Ich bitte um Verständnis.


19.12.2019 - Sachsen (will keine eigene Stellung beziehen)


wir bitten Sie, sich mit Ihrer Anfrage an das IMK-Vorsitzland (derzeit Schleswig-Holstein, ab 2020 Thüringen) zu wenden.


19.12.2019 - Replik an das MI Sachsen


uns geht es ausdrücklich um die Haltung des Innenministeriums Sachsen und nicht um die der gesamten IMK.

Können wir diesbezüglich mit einer - gerne kurzen - Rückmeldung von Ihnen rechnen?


19.12.2019 - Saarland (will keine eigene Stellung beziehen)


wir verweisen bzgl. Ihrer Anfrage auf die IMK-Beschlussfassung.


19.12.2019 - Replik an das MI Saarland


uns geht es ausdrücklich um die Haltung des Innenministeriums Saarland und nicht um die der gesamten IMK.

Können wir diesbezüglich mit einer - gerne kurzen - Rückmeldung von Ihnen rechnen?


19.12.2019 - Nordrhein-Westfalen (schreibt viel, bezieht aber keine konkrete Stellung)


Sehr geehrter Herr Ebeling,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, die wir gerne wie folgt beantworten:

Das nordrhein-westfälische Innenministerium ist der Auffassung, dass ein Identitätsregister benötigt wird, um eine registerübergreifend einheitliche Verantwortung für die Aktualität, Qualität und Konsistenz zu einem Basisdatensatz zu einer Person zu etablieren.

Verlässliche Angaben zur Identität von Personen sind die Basis aller Verwaltungsleistungen. Wird die Verwaltung zunehmend digitalisiert, muss auch in der digitalen Kommunikation gewährleistet sein, dass Personenverwechslungen ausgeschlossen und die betroffene Person eindeutig identifiziert wird. Dies ist derzeit nicht der Fall. Vielfach kommt es in der digitalen Kommunikation zu Trefferlisten, in denen die Daten unbeteiligter Personen enthalten sind, oder zu einem Abbruch des digitalen Prozesses, weil die betroffene Person in einer Datenbank nicht eindeutig referenziert werden kann.

Das bedeutet auch, dass es nicht ohne verbesserten Datenaustausch geht, bei dem gewährleistet sein muss, dass Personenverwechslungen ausgeschlossen sind. Deshalb ist auch aus datenschutzrechtlichen Erwägungen heraus erforderlich, ein registerübergreifendes Identitätsmanagement einzuführen, das möglichst allen Behörden der öffentlichen Verwaltung aktuelle und korrekte personenbezogene Basisdaten für ihre Register bereitstellt und eine eineindeutige Zuordnung zu der betroffenen Person gewährleistet. Das registerübergreifende Identitätsmanagement bietet zudem die Chance, den Zensus ohne aufwändige und kostenträchtige Befragung natürlicher Personen registerbasiert durchzuführen und entlastet damit die Bürgerinnen und Bürger und baut Bürokratie ab. Ohne eine Modernisierung der Registerlandschaft kann "once only" nicht umgesetzt werden: Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit bekommen, bei der Verwaltung bereits vorhandene Daten nicht immer wieder eingeben zu müssen, wenn sie Leistungen der Verwaltung in Anspruch nehmen wollen.

Die Konzeption eines Identitätsmanagements einschließlich einer Kennziffer, die auch nach Artikel 87 DS-GVO zugelassen und die in zahlreichen Mitgliedstaaten der EU etabliert ist, muss selbstverständlich verfassungs- und datenschutzkonform erfolgen. Hierzu gehören auch Vorkehrungen, die verfassungsrechtlich unzulässige Datenverknüpfungen ausschließen.

Es wird daher begrüßt, dass das Bundesinnenministerium (BMI) federführend mit mehreren Arbeitsgruppen, in denen auch das nordrhein-westfälische Innenministerium mit arbeitet, die komplexen Fragestellungen herausarbeitet. In Fortführung der im Anhang zum IMK Bericht aufgeführten Ergebnisse befasst sich eine aus Experten bestehenden Arbeitsgruppe, zu der auch Vertreter des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), des Bundesbeaufragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sowie Ländervertreter der Datenschutzkonferenz gehören, mit den verfassungs- und datenschutzrechtliche Fragen. Hierzu gehört auch die Prüfung zur Ausgestaltungeines eines verfassungskonformen Identifiers. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Die Verfassungskonformität muss selbstverständlich gegeben sein.

Ich rufe Sie dazu an.


20.12.2019 - Sachsen (begrüßt die Pläne mit Bezug auf die Steuer-ID)


Sachsen hat den Zwischenbericht zur Kenntnis genommen und begrüßt ganz grundsätzlich die Einbeziehung der Erfahrungen mit der Steuer-ID. Das Ergebnis der rechtlichen Prüfung und des technischen Anpassungsbedarfs wird in dem von der IMK für das Frühjahr 2020 erbetenen Abschlussbericht des BMI enthalten sein.

Der Abschlussbericht wird auch die Grundlage für die abschließende Meinungsbildung sein.


Zusammenfassung der Antworten der Innenministerien


Ministerien/Bundesländer, die die Steuer-ID als ID-Merkmal uneingeschränkt gut finden


  • Baden-Württemberg
  • Bayern
  • Sachsen


Ministerien/Bundesländer, die sich eine Prüfung vorbehalten


  • Berlin
  • Bremen


Ministerien/Bundesländer, die ausdrücklich keine eigene Meinung haben bzw. keine Stellung beziehen (möchten)


  • Nordrhein-Westfalen
  • Saarland
  • Sachsen-Anhalt


Ministerien/Bundesländer, die unsere Presseanfrage ignoriert haben


  • Bund
  • Brandenburg
  • Hamburg
  • Hessen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Niedersachsen
  • Rheinland-Pfalz
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen


17.6.-19.6.2020 - 212. IMK in Erfurt


Tagesordnungspunkte: https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/20200617_19.html


9.7.2020 - Medienberichte zur Ankündigung eines Gesetzentwurfs zur Ausweitung der Nutzung der Steuer-ID noch im Sommer 2020



13.7.2020 - Presseanfragen zum Stand der Dinge


Presseanfrage an die IMK (derzeit unter dem Bundesland Thüringen)


Sehr geehrte Damen und Herren,

unter TOP 39 behandelte die 212. IMK vom Juni 2020 das "Registerübergreifendes Identitätsmanagement als Teil der Registermodernisierung", hat dazu jedoch keinerlei Dokumente, geschweige denn Beschlüsse veröffentlicht:

https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/20200617_19.html?nn=4812328

Auf den Internetseiten der IMK heißt es:

"[Die IMK] hat Gesichtspunkte zu beachten, die einer Veröffentlichung entgegenstehen. Insbesondere die sicherheitspolitischen Aufgabenstellungen der Innenressorts zwingen immer wieder dazu, von einer Veröffentlichung der gefassten Beschlüsse und vor allem der Berichte abzusehen."

Unsere Frage im Zuge einer geplanten Veröffentlichung zum Thema des TOP39:

Können Sie uns (gerne auch teilgeschwärzte) Dokumente und Beschlüsse zum obigen TOP zukommen lassen und falls nein, welche konkreten Gründe sprechen aus Ihrer Sicht bzw. aus der Sicht der IMK im Detail dagegen?

Über eine baldige Beantwortung innerhalb von drei Werktagen würden wir uns sehr freuen.

Vielen Dank und viele gute Grüße,


Presseanfrage an den BfDI


Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zuge der aktuellen Nutzung zur geplanten Ausweitung behördlicher Nutzung der Steuer-ID haben wir folgende Fragen:

1)

Bekannt ist, dass auch jetzt schon nicht-öffentliche Stellen die Steuer-ID speichern und nutzen, z.B. im Zuge des Austausches von Informationen mit Finanzbehörden.

Zu diesen Unternehmen zählen bspw. Banken und Versicherungsgesellschaften.

Können Sie uns (möglichst abschließend) mitteilen, welche (weiteren) Unternehmen und nicht-öffentliche Stellen die Steuer-ID erheben/abfragen und (in gewissem Umfang) nutzen dürfen?

2)

Anderen Medien gegenüber hat der BfDI bereits Stellung zur geplanten Ausweitung der Nutzung der Steuer-ID als ID-Element behördlicher Anwendungen bezogen. Siehe u.a. hier:

https://www.heise.de/ct/artikel/Steuer-ID-soll-Buergernummer-werden-Datenschuetzer-sind-alarmiert-4798248.html

Können Sie uns darüber hinaus mitteilen, wieso der BfDI eine an das österreichische Modell angelehnte Nutzung der Steuer-ID für akzeptabel hält, wenn diese nach Ansicht anderer Datenschutz- und IT-Fachkundigen jenseits der "Gruppe von E-Government-Experten aus der deutschen Verwaltung" die Ansicht vertreten, dass selbst so eine Lösung aus IT-Sicherheits-Sicht bzgl. der Risikobewertung nicht tragbar wäre?

3)

Aus welchen Teilen der "deutschen Verwaltung" stammen die Mitglieder der "Gruppe von E-Government-Experten", die das 20-seitigen Papier mit dem Gegenentwurf erstellt hat und können Sie uns dieses Dokument zugänglich machen?

Über eine Beantwortung innerhalb von drei Werktagen würden wir uns angesichts eines geplanten Beitrags zum Thema sehr freuen.

Viele gute Grüße,


Presseanfrage an das Bundesfinanzministerium (BMF)


Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zuge der aktuellen Nutzung zur geplanten Ausweitung behördlicher Nutzung der Steuer-ID haben wir folgende Fragen:

1)

Bekannt ist, dass auch jetzt schon nicht-öffentliche Stellen die Steuer-ID speichern und nutzen, z.B. im Zuge des Austausches von Informationen mit Finanzbehörden.

Zu diesen Unternehmen zählen bspw. Banken und Versicherungsgesellschaften.

Können Sie uns (möglichst abschließend) mitteilen, welche (weiteren) Unternehmen und nicht-öffentliche Stellen die Steuer-ID erheben/abfragen und (in gewissem Umfang) nutzen dürfen?

2)

In Medienberichten zum geplanten "registerübergreifenden Identitätsmanagement" wird von einem 20seitigen Dokument einer "Gruppe von E-Government-Experten aus der deutschen Verwaltung" berichtet, in der eine an ein österreichisches Modell angelehnte Variante einer angeglich sichereren Anwendung der Steuer-ID beschrieben wird.

Können Sie uns dieses Dokument zugänglich machen? Falls nein: Warum nicht?

Über eine Beantwortung innerhalb von drei Werktagen würden wir uns angesichts eines geplanten Beitrags zum Thema sehr freuen.

Viele gute Grüße,


15.7.2020 - Antwort vom BfDI


Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für Ihre Anfrage an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Gerne lasse ich Ihnen folgende Antworten auf Ihre Fragen zukommen:

1) Nach der derzeitigen Regelung zur datenschutzkonformen Nutzung der Identifikationsnummer nach § 139 b Abgabenordnung - AO ( im folgenden "Steuer-ID") ist es so, dass die AO unter engen Vorgaben auch nicht-öffentlichen Stellen, z.B. privaten Unternehmen, die Erhebung und Verarbeitung der Steuer-ID gestattet. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verwendung der Steuer-ID für die Datenübermittlung zwischen diesen Stellen und den Finanzbehörden erforderlich ist oder dass diese Verwendung durch eine Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen wird. Beispiele hierfür sind private Arbeitgeber, die lohnsteuerlich relevante Daten an die Finanzverwaltung übermitteln, oder private Krankenversicherungsunternehmen. Das Bundesministerium der Finanzen hat bislang die nicht-öffentlichen Stellen, die die Steuer-ID erheben und verwenden dürfen, nicht im Einzelnen benannt. Dementsprechend liegt dem BfDI eine abschließende Auflistung der nicht-öffentlichen Stellen, die Zugriff auf die Steuer-ID haben, nicht vor. Der BfDI setzt sich weiterhin dafür ein, diese Stellen zu benennen und damit eine größere Transparenz gegenüber dem Bürger zu schaffen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind dem BfDI in diesem Zusammenhang folgende Fallgruppen, bei denen nicht-öffentliche Stellen die Steuer-ID verarbeiten, bekannt:

  • Arbeitgeber im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens;
  • die gesetzliche Rentenversicherung, die landwirtschaftliche Alterskasse, die berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die Pensionskassen, die Pensionsfonds, Versicherungsunternehmen und andere Unternehmen, die Verträge im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b EStG (Basisrentenverträge) anbieten, zur Übermittlung der erhaltenen Renten und gezahlten Beiträge (Rentenbezugsmitteilungen);
  • Versicherungen/Krankenkassen hinsichtlich der Beiträge zu Vorsorgeleistungen;
  • Kreditinstitute im Rahmen des Einbehalts der Kapitalertragssteuer bzw. der Freistellung von der Kapitalertragssteuer, des Kontenabrufverfahrens und der Geldwäscheprävention;
  • Finanzinstitute nach Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FATCA/OECD-Steuerdatenaustausch).

Eine Ausweitung der Verwendung der Steuer-ID, wie dies im Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Identifikationsnummer in die öffentliche Verwaltung und zur Änderung weiterer Gesetze (Registermodernisierungsgesetz) vorgesehen ist, ist aus Sicht des BfDI verfassungsrechtlich bedenklich. Dem BfDI liegt keine Übersicht darüber vor, welche nicht-öffentlichen Stellen im Einzelnen im Wege einer Registermodernisierung Zugriff auf die Steuer-ID erhalten würden.

2) Der BfDI hat kein konkretes Modell empfohlen. Die ct hat in diesem Fall ein von uns bereitgestelltes Statement für seine Berichterstattung gekürzt. Der BfDI spricht sich für bereichsspezifische Identitätskennzeichen als Alternative zum aktuellen Gesetzesentwurf der Regierung aus.

3) Uns ist das Papier, aus dem die ct zitiert, nicht bekannt. Entsprechend liegt uns auch keine Liste der Verfasser vor. Ich bitte Sie, sich direkt an die Redaktion der ct zu wenden.

Mit freundlichen Grüßen
xxx

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Pressesprecher
Graurheindorfer Straße 153, 53117 Bonn


15.7.2020 - Antwort vom BMF


Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich für das Bundesministerium der Finanzen wie folgt beantworten kann:

Zu Ihrer ersten Frage

Die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr) kann, soweit dies gesetzlich geregelt ist, z.B. für Datenübermittlungen von Dritten im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Der Rahmen für die entsprechenden Datenübermittlungen ergibt sich aus § 93c AO. Die jeweilige Datenübermittlungspflicht ergibt sich grundsätzlich aus dem konkreten Einzelsteuergesetz. Die einzelne Norm regelt auch, wen die Mitteilungspflicht konkret trifft. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, welche Stelle den steuerlich relevanten Betrag auszahlt und somit über die für das Besteuerungsverfahren notwendigen Informationen verfügt.

Datenübermittlungspflichten ergeben sich insbesondere aus den folgenden Vorschriften:

  • § 22a EStG: Versorgungsträger, die vom Rentenbezugsmitteilungsverfahren betroffene Leistungen auszahlen,
  • § 10 Abs. 2b EStG: Anbieter von Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungen im Hinblick auf die vom Steuerpflichtigen geleisteten Beiträge,
  • § 10 Abs. 2a EStG, § 10a Abs. 5 EStG: Anbieter von Riester- und Basisverträgen im Hinblick auf die vom Steuerpflichtigen geleisteten Beiträge,
  • § 10 Abs. 4b EStG: Behörden und andere öffentliche Stellen, die steuerfreie Zuschüsse zu Vorsorgeaufwendungen leisten (oder diese erstatten),
  • § 32b Abs. 2 EStG: öffentliche und nicht öffentliche Stellen, die dem Steuerpflichtigen Lohnersatzleistungen zahlen,
  • § 43 Abs. 1 S. 6 EStG: Banken bei unentgeltliche Depotübertragungen,
  • § 45d Abs. 1 EStG: Banken im Hinblick auf die Höhe der in Anspruch genommenen Freistellungsaufträge,
  • § 41b Abs.1 S. 2 EStG: Arbeitsgeber im Hinblick auf die Lohnsteuerbescheinigungen,
  • § 15 des 5. VermBG: Anbieter von vermögenswirksamen Leistungen.

Die IdNr wird zudem im Datenaustauschverfahren zwischen der Deutschen Rentenversicherung und der Finanzverwaltung auf der Grundlage des Grundrentengesetzes verwendet.

Ein weiteres Bespiel für die Verwendung der IdNr durch eine nicht-öffentliche Stelle ist die Erhebung und Aufzeichnung der IdNr von Kontoinhabern, jeden anderen Verfügungsberechtigten und jeden anderen wirtschaftlichen Berechtigten i.S.d. Geldwäschegesetzes durch Kreditinstitute gem. § 154 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 AO u.a. zur Vermeidung von Kontoeinrichtungen unter falschen Namen.

Zudem haben im Erbfall geschäftsmäßige Vermögensverwahrer und Vermögensverwalter Vermögensgegenstände und Forderungen des Erblassers gem. § 33 ErbStG i. V. m. § 1 ErbStDV sowie Versicherungsunternehmen Versicherungssummen und Leibrenten gem. § 33 ErbStG i. V. m. § 3 ErbStDV dem Erbschaftsteuer-Finanzamt anzuzeigen.

Daneben müssen auch Notare die IdNr. eines Veräußerers und Erwerbers abfragen und dem zuständigen Finanzamt anzeigen über Rechtsvorgänge, die sie beurkundet haben, wenn die Rechtsvorgänge Erbfälle und Schenkungen, § 34 ErbStG i. V. m. §§ 7, 8 ErbStDV oder ein Grundstück im Geltungsbereich des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) betreffen, §§ 18 Absatz 1, 20 Absatz 1 Nr. 1 GrEStG.

Zu nennen ist auch die Verwendung der IdNr. zum Abruf der Kirchensteuerabzugsmerkmale durch Kirchensteuerabzugsverpflichtete (z. B. Banken oder Versicherungen) gemäß § 51a Absatz 2b bis 2e und 6 EStG in Verbindung mit den Kirchensteuergesetzen der Länder.

Grundsätzlich gilt jedoch, wird die IdNr für gesetzlich nicht zugelassene Zwecke verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen die DSGVO dar.


Gerne möchten wir Sie bitten, sich zur Beantwortung Ihrer zweiten Frage an das zuständige Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zu wenden (pressestelle@bmwi.bund.de).


Mit freundlichen Grüßen
Ihr BMF-Presseteam


15.7.2020 - Nachfrage an das BMF


Sehr geehrtes BMF-Presseteam.

Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung der ersten Frage.

Mit der zweiten Frage werden wir uns, wie von Ihnen gebeten, an das BMI wenden. Nur die zwei Nachfragen dazu noch an Sie:

a) Liegt Ihnen das von uns angefragte Dokument vor?

b) Warum ist hierfür das BMI zuständig?

Vielen Dank und viele gute Grüße,

xxx

PS:

Wir gehen davon aus, dass Sie uns baten, die Frage tatsächlich an das BMI und nicht an das BMWI weiterzureichen, auch wenn Sie uns die Mailadresse der BMWI-Pressestelle notiert haben.

Richtig, oder?


15.7.2020 - Presseanfrage an das BMI


Sehr geehrte Damen und Herren,

die BMF-Pressestelle bat uns (s.u.), die folgende Frage an Sie, an das BMI zu richten. Das tun wir hiermit und bitten angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des auf die Veröffentlichung wartenden Berichts um möglichst kurzfristige Rückmeldung.

Es geht inhaltlich um die geplanten Ausweitung behördlicher Nutzung der Steuer-ID ("Registerübergreifendes Identitätsmanagement als Teil der Registermodernisierung") haben wir folgende Frage:

In Medienberichten zum geplanten "registerübergreifenden Identitätsmanagement" - siehe zum Beispiel hier:

https://www.heise.de/ct/artikel/Steuer-ID-soll-Buergernummer-werden-Datenschuetzer-sind-alarmiert-4798248.html

- wird von einem 20seitigen Dokument einer "Gruppe von E-Government-Experten aus der deutschen Verwaltung" berichtet, in der eine an ein österreichisches Modell angelehnte Variante einer angeglich sichereren Anwendung der Steuer-ID beschrieben wird.

Können Sie uns dieses Dokument zugänglich machen? Falls nein: Warum nicht?

Wer sind die Verfasser*innen des Berichts bzw. aus welchen Bereichen der "deutschen Verwaltung" kommen diese?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


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Zuletzt geändert am 15.07.2020 22:23 Uhr