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NVersG

NVersG

Niedersächsisches Versammlungsgesetz

 Erster Teil:

 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 - Grundsatz


(1) Jedermann hat das Recht, sich friedlich und ohne Waffen mit anderen Personen zu versammeln.

(2) Dieses Recht hat nicht, wer das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 18 des Grundgesetzes verwirkt hat.

§ 2 - Versammlungsbegriff


Eine Versammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine ortsfeste oder sich fortbewegende Zusammenkunft von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung.

§ 3 - Friedlichkeit und Waffenlosigke


(1) Es ist verboten, in einer Versammlung oder aus einer Versammlung heraus durch Gewalttätigkeiten auf Personen oder Sachen einzuwirken.

(2) 1Es ist verboten, Waffen oder sonstige Gegenstände, die zur Verletzung von Personen oder zur Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind,

  1. auf dem Weg zu oder in einer Versammlung mit sich zu führen oder
  2. zu einer Versammlung hinzuschaffen oder in einer Versammlung zur Verwendung bereitzuhalten oder zu verteilen.

2Die zuständige Behörde kann auf Antrag eine Befreiung vom Verbot nach Satz 1 erteilen, wenn dies zum Schutz einer an der Versammlung teilnehmenden Person erforderlich ist. 3Auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Dienst findet Satz 1 keine Anwendung.

(3) Es ist verboten, in einer Versammlung durch das Tragen von Uniformen oder Uniformteilen oder sonst in einer Art und Weise aufzutreten, die dazu geeignet und bestimmt ist, im Zusammenwirken mit anderen teilnehmenden Personen den Eindruck von Gewaltbereitschaft zu vermitteln.

§ 4 - Störungsverbot


Es ist verboten, eine nicht verbotene Versammlung mit dem Ziel zu stören, deren ordnungsgemäße Durchführung zu verhindern.

 Zweiter Teil:

 Versammlungen unter freiem Himmel

§ 5 - Anzeige


(1) 1Wer eine Versammlung unter freiem Himmel durchführen will, hat dies der zuständigen Behörde spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der Versammlung anzuzeigen. 2Bei der Berechnung der Frist werden Sonntage, gesetzliche Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(2) 1In der Anzeige sind anzugeben

  1. der Ort der Versammlung einschließlich des geplanten Streckenverlaufs bei sich fortbewegenden Versammlungen,
  2. der beabsichtigte Beginn und das beabsichtigte Ende der Versammlung,
  3. der Gegenstand der Versammlung,
  4. Name, Vornamen, Geburtsname, Geburtsdatum und Anschrift (persönliche Daten) der Leiterin oder des Leiters sowie deren oder dessen telefonische oder sonstige Erreichbarkeit und
  5. die erwartete Anzahl der teilnehmenden Personen.

2Die Leiterin oder der Leiter hat der zuständigen Behörde Änderungen der nach Satz 1 anzugebenden Umstände unverzüglich mitzuteilen.

(3) 1Die zuständige Behörde kann von der Leiterin oder dem Leiter die Angabe

  1. des geplanten Ablaufs der Versammlung,
  2. der zur Durchführung der Versammlung voraussichtlich mitgeführten Gegenstände, insbesondere technischen Hilfsmittel, und
  3. der Anzahl und der persönlichen Daten von Ordnerinnen und Ordnern

verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. 2Die Leiterin oder der Leiter hat der zuständigen Behörde Änderungen der nach Satz 1 anzugebenden Umstände unverzüglich mitzuteilen.

(4) 1Die in Absatz 1 Satz 1 genannte Frist gilt nicht, wenn bei ihrer Einhaltung der mit der Versammlung verfolgte Zweck nicht erreicht werden kann (Eilversammlung). 2In diesem Fall ist die Versammlung unverzüglich anzuzeigen.

(5) Fällt die Bekanntgabe der Versammlung mit deren Beginn zusammen (Spontanversammlung), so entfällt die Anzeigepflicht.

§ 6 - Zusammenarbeit


Die zuständige Behörde gibt der Leiterin oder dem Leiter einer Versammlung unter freiem Himmel die Gelegenheit zur Zusammenarbeit, insbesondere zur Erörterung von Einzelheiten der Durchführung der Versammlung.

§ 7 - Versammlungsleitung


(1) 1Jede nach § 5 anzuzeigende Versammlung unter freiem Himmel muss eine Leiterin oder einen Leiter haben. 2Die Leiterin oder der Leiter bestimmt den Ablauf der Versammlung. 3Sie oder er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen und kann dazu insbesondere teilnehmende Personen, die die Versammlung stören, zur Ordnung rufen. 4Sie oder er kann die Versammlung jederzeit beenden. 5Sie oder er muss während der Versammlung anwesend und für die zuständige Behörde erreichbar sein.

(2) 1Die Leiterin oder der Leiter kann sich zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben der Hilfe von Ordnerinnen und Ordnern bedienen, die weiße Armbinden mit der Aufschrift „Ordnerin” oder „Ordner” tragen müssen. 2Ordnerinnen und Ordnern darf keine Befreiung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 erteilt werden.

(3) Personen, die an der Versammlung teilnehmen, haben die zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anweisungen der Leiterin oder des Leiters oder einer Ordnerin oder eines Ordners zu befolgen.

§ 8 - Beschränkung, Verbot, Auflösung


(1) Die zuständige Behörde kann eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

(2) 1Die zuständige Behörde kann eine Versammlung verbieten oder auflösen, wenn ihre Durchführung die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet und die Gefahr nicht anders abgewehrt werden kann. 2Eine verbotene Versammlung ist aufzulösen. 3Nach der Auflösung haben sich die teilnehmenden Personen unverzüglich zu entfernen.

(3) Geht die Gefahr nicht von der Versammlung aus, so sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen nur zu-lässig, wenn

  1. Maßnahmen gegen die die Gefahr verursachenden Personen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen und
  2. die zuständige Behörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder mit durch Amts- und Vollzugshilfe ergänzten Mitteln und Kräften abwehren kann.

(4) Eine Versammlung kann auch beschränkt oder verboten werden, wenn

  1. sie an einem Tag oder Ort stattfinden soll, dem ein an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt und durch die Art und Weise der Durchführung der Versammlung der öffentliche Friede in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise unmittelbar gefährdet wird, oder
  2. durch die Versammlung die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht, gerechtfertigt oder verharmlost wird, auch durch das Gedenken an führende Repräsentanten des Nationalsozialismus, und dadurch der öffentliche Friede in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise unmittelbar gefährdet wird.

§ 9 - Schutzausrüstungs- und Vermummungsverbot


(1) Es ist verboten, auf dem Weg zu oder in einer Versammlung unter freiem Himmel Gegenstände mit sich zu führen, die als Schutzausrüstung geeignet und dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten abzuwehren.

(2) Es ist auch verboten,

  1. an einer Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die zur Verhinderung der Feststellung der Identität geeignet und bestimmt ist, oder den Weg zu einer Versammlung in einer solchen Aufmachung zurückzulegen oder
  2. auf dem Weg zu oder in einer Versammlung Gegenstände mit sich zu führen, die zur Verhinderung der Feststellung der Identität geeignet und bestimmt sind.

(3) Die zuständige Behörde befreit von den Verboten nach den Absätzen 1 und 2, wenn dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht unmittelbar gefährdet wird.

§ 10 - Besondere Maßnahmen


(1) 1Die zuständige Behörde kann anhand der nach § 5 Abs. 2 und 3 erhobenen Daten durch Anfragen an Polizei- und Verfassungsschutzbehörden prüfen, ob die betroffene Person die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet. 2Besteht diese Gefahr, kann die Behörde die Person als Leiterin oder Leiter ablehnen oder ihren Einsatz als Ordnerin oder Ordner untersagen. 3Im Fall der Ablehnung muss die anzeigende Person eine andere Person als Leiterin oder Leiter benennen. 4Die nach Satz 1 erhobenen Daten sind unverzüglich nach Beendigung der Versammlung unter freiem Himmel zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit benötigt werden.

(2) 1Die zuständige Behörde kann die Maßnahmen treffen, die zur Durchsetzung der Verbote nach den §§ 3 und 9 sowie zur Abwehr erheblicher Störungen der Ordnung der Versammlung durch teilnehmende Personen erforderlich sind. 2Sie kann insbesondere Gegenstände sicherstellen; die §§ 27 bis 29 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) gelten entsprechend.

(3) 1Die zuständige Behörde kann Personen die Teilnahme an einer Versammlung untersagen oder diese von der Versammlung ausschließen, wenn dies zur Durchsetzung der Verbote nach den §§ 3 und 9 unerlässlich ist. 2Sie kann teilnehmende Personen, die die Ordnung der Versammlung erheblich stören, von der Versammlung ausschließen, wenn die Ordnung der Versammlung nicht anders gewährleistet werden kann. 3Ausgeschlossene Personen haben die Versammlung unverzüglich zu verlassen.

§ 11 - Anwesenheitsrecht der Polizei


1Die Polizei kann bei Versammlungen unter freiem Himmel anwesend sein, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach_ diesem Gesetz erforderlich ist. 2Nach Satz 1 anwesende Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben sich der Leiterin oder dem Leiter zu erkennen zu geben.

§ 12 - Bild- und Tonübertragungen und -aufzeichnungen


(1) 1Die Polizei kann Bild- und Tonaufzeichnungen von einer bestimmten Person auf dem Weg zu oder in einer Versammlung unter freiem Himmel offen anfertigen, um eine von dieser Person verursachte erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Die Polizei kann eine unübersichtliche Versammlung und ihr Umfeld mittels Bild- und Tonübertragungen offen beobachten, wenn dies zur Abwehr einer von der Versammlung ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. 2Sie kann zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit offen Bild- und Tonaufzeichnungen von nicht bestimmten teilnehmenden Personen (Übersichtsaufzeichnungen) anfertigen. 3Die Auswertung von Übersichtsaufzeichnungen mit dem Ziel der Identifizierung einer Person ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen.

(3) 1Die Bild- und Tonaufzeichnungen nach den Absätzen 1 und 2 sind nach Beendigung der Versammlung unverzüglich, spätestens aber nach zwei Monaten zu löschen oder unumkehrbar zu anonymisieren, soweit sie nicht

  1. zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden oder
  2. zur Behebung einer Beweisnot unerlässlich sind.

2In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 sind die Daten für eine sonstige Verwendung zu sperren.

(4) Die der Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen nach den Absätzen 1 und 2 Satz 2 sowie der Verwendung nach Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 im Einzelfall zugrunde liegenden Zwecke sind zu dokumentieren.

 Dritter Teil:

 Versammlungen in geschlossenen Räumen

§ 13 - Versammlungsleitung


(1) 1Wer zu einer Versammlung in geschlossenen Räumen einlädt, ist deren Leiterin oder Leiter. 2Die oder der Einladende oder die Versammlung kann eine andere Person zur Leiterin oder zum Leiter bestimmen.

(2) In der Einladung kann die Teilnahme an der Versammlung auf bestimmte Personen oder Personenkreise beschränkt werden.

(3) 1Wenn nicht ausschließlich bestimmte Personen eingeladen worden sind, darf Pressevertreterinnen und Pressevertretern der Zutritt zur Versammlung nicht versagt werden. 2Diese haben sich gegenüber der Leiterin oder dem Leiter und gegenüber Ordnerinnen oder Ordnern nach Aufforderung als Pressevertreterin oder Pressevertreter auszuweisen.

(4) Die Leiterin oder der Leiter darf Personen, die entgegen § 3 Abs. 2 Waffen oder sonstige Gegenstände mit sich führen, keinen Zutritt gewähren.

(5) 1Die Leiterin oder der Leiter kann teilnehmende Personen sowie Pressevertreterinnen und Pressevertreter von der Versammlung ausschließen, wenn sie die Ordnung erheblich stören. 2Sie oder er hat Personen auszuschließen, die entgegen § 3 Abs. 2 Waffen oder sonstige Gegenstände mit sich führen. 3Ausgeschlossene Personen haben die Versammlung unverzüglich zu verlassen.

(6) Im Übrigen gilt für die Leiterin oder den Leiter § 7 entsprechend.

§ 14 - Beschränkung, Verbot, Auflösung


(1) Die zuständige Behörde kann eine Versammlung in geschlossenen Räumen beschränken, wenn ihre Friedlichkeit unmittelbar gefährdet ist.

(2) 1Die zuständige Behörde kann eine Versammlung verbieten oder auflösen, wenn ihre Friedlichkeit unmittelbar gefährdet ist und die Gefahr nicht anders abgewehrt werden kann. 2Eine verbotene Versammlung ist aufzulösen. 3Nach der Auflösung haben sich die teilnehmenden Personen unverzüglich zu entfernen.

(3) Geht die Gefahr nicht von der Versammlung aus, so sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen nur zulässig, wenn

  1. Maßnahmen gegen die die Gefahr verursachenden Personen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen und
  2. die zuständige Behörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder mit durch Amts- und Vollzugshilfe ergänzten Mitteln und Kräften abwehren kann.

(4) Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 Satz 1 sind zu begründen.

§ 15 - Besondere Maßnahmen


(1) 1Die zuständige Behörde kann

  1. von der oder dem Einladenden die Angabe der persönlichen Daten der Leiterin oder des Leiters und
  2. von der Leiterin oder dem Leiter die Angabe der persönlichen Daten von Ordnerinnen und Ordnern

verlangen, soweit dies zur Gewährleistung der Friedlichkeit der Versammlung in geschlossenen Räumen erforderlich ist. 2Die Leiterin oder der Leiter hat der zuständigen Behörde Änderungen der nach Satz 1 anzugebenden Umstände unverzüglich mitzuteilen.

(2) 1Die zuständige Behörde kann anhand der nach Absatz 1 erhobenen Daten durch Anfragen an Polizei- und Verfassungsschutzbehörden prüfen, ob die betroffene Person die Friedlichkeit der Versammlung unmittelbar gefährdet. 2Besteht diese Gefahr, kann die Behörde die Person als Leiterin oder Leiter ablehnen oder ihren Einsatz als Ordnerin oder Ordner untersagen. 3Im Fall der Ablehnung muss die oder der Einladende eine andere Person als Leiterin oder Leiter benennen. 4Die nach Satz 1 erhobenen Daten sind unverzüglich nach Beendigung der Versammlung zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit benötigt werden.

(3) 1Die zuständige Behörde kann vor Versammlungsbeginn die Maßnahmen treffen, die zur Durchsetzung der Verbote nach § 3 erforderlich sind. 2Sie kann insbesondere Gegenstände sicherstellen; die §§ 27 bis 29 Nds. SOG gelten entsprechend. 3Die zuständige Behörde kann Personen die Teilnahme an einer Versammlung untersagen, wenn die Gewährleistung der Friedlichkeit der Versammlung nicht anders möglich ist.

§ 16 - Anwesenheitsrecht der Polizei


1Die Polizei kann bei Versammlungen in geschlossenen Räumen anwesend sein, wenn dies zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung erforderlich ist. 2Nach Satz 1 anwesende Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben sich der Leiterin oder dem Leiter zu erkennen zu geben.

§ 17 - Bild- und Tonübertragungen und -aufzeichnungen


(1) 1Die Polizei kann Bild- und Tonaufzeichnungen von einer bestimmten Person in einer Versammlung in geschlossenen Räumen offen anfertigen, um eine von dieser Person verursachte unmittelbare Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung abzuwehren. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Die Polizei kann eine unübersichtliche Versammlung mittels Bild- und Tonübertragungen offen beobachten, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung erforderlich ist. 2Sie kann zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Friedlichkeit der Versammlung offen Bild- und Tonaufzeichnungen von nicht bestimmten teilnehmenden Personen (Übersichtsaufzeichnungen) anfertigen. 3Die Auswertung von Übersichtsaufzeichnungen mit dem Ziel der Identifizierung einer Person ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen.

(3) 1Die Bild- und Tonaufzeichnungen nach den Absätzen 1 und 2 sind nach Beendigung der Versammlung unverzüglich, spätestens aber nach zwei Monaten zu löschen oder unumkehrbar zu anonymisieren, soweit sie nicht

  1. zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden oder
  2. zur Behebung einer Beweisnot unerlässlich sind.

2In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 sind die Daten für eine sonstige Verwendung zu sperren.

(4) Die der Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen nach den Absätzen 1 und 2 Satz 2 sowie der Verwendung nach Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 im Einzelfall zugrunde liegenden Zwecke sind zu dokumentieren.

 Vierter Teil:

 Befriedeter Bezirk für den Landtag

§ 18 - Verbot von Versammlungen im befriedeten Bezirk für den Landtag


(1) 1Für den Landtag wird ein befriedeter Bezirk gebildet. 2Im befriedeten Bezirk sind Versammlungen unter freiem Himmel, die nicht nach § 19 zugelassen sind, verboten.

(2) 1Der befriedete Bezirk umfasst im Gebiet der Landeshauptstadt Hannover außer den Freiflächen auf dem Landtagsgrundstück die Schloßstraße, die Leinstraße, den Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz, den Bohlendamm einschließlich des östlich angrenzenden Arkadenganges, den Platz der Göttinger Sieben und die südlich angrenzende Wehranlage bis zum Fahrbahnrand der Karmarschstraße und die südwestlich der Leine zwischen Schloßstraße und Karmarschstraße gelegenen Grünflächen bis zum Fahrbahnrand des Leibnizufers und des Friederikenplatzes. 2Die genaue Abgrenzung des befriedeten Bezirkes ergibt sich aus der Anlage.

§ 19 - Zulassung von Versammlungen


(1) 1Im befriedeten Bezirk ist eine Versammlung unter freiem Himmel auf Antrag zuzulassen, wenn dadurch die Tätigkeit des Landtages, seiner Fraktionen, seines Ältestenrats, seines Präsidiums, seiner Ausschüsse und seiner Kommissionen sowie der freie Zugang zu dem Landtagsgrundstück nicht gefährdet werden. 2Eine solche Gefahr ist in der Regel an den Sitzungstagen des Landtages gegeben. 3Sie ist in der Regel nicht gegeben, wenn am Tag der Versammlung eine Sitzung des Landtages oder seiner in Satz 1 genannten Stellen nicht stattfindet. 4Die Zulassung kann mit Auflagen verbunden werden, die sicherstellen sollen, dass die in Satz 1 genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt werden.

(2) 1Der Antrag auf Zulassung soll gleichzeitig mit der Anzeige nach § 5 gestellt werden. 2Die zuständige Behörde entscheidet über die Zulassung im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages.

(3) Die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes bleiben unberührt.

 Fünfter Teil:

 Straf- und Bußgeldvorschriften

§ 20 - Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. entgegen § 3 Abs. 2 Waffen oder sonstige dort bezeichnete Gegenstände mit sich führt, zu einer Versammlung hinschafft oder zur Verwendung bei einer solchen Versammlung bereithält oder verteilt, wenn die Tat nicht nach § 52 Abs. 3 Nr. 9 des Waffengesetzes mit Strafe bedroht ist, oder
  2. in der Absicht, eine nicht verbotene Versammlung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten begeht oder androht oder eine erhebliche Störung der Ordnung der Versammlung verursacht.

(2) 1Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. sich als Leiterin oder Leiter einer Ordnerin oder eines Ordners bedient, die oder der entgegen § 3 Abs. 2 Waffen oder sonstige dort bezeichnete Gegenstände mit sich führt,
  2. öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Darstellungen zur Teilnahme an einer Versammlung aufruft,
    • a) deren Durchführung vollziehbar verboten oder deren Auflösung vollziehbar angeordnet ist (§ 8 Abs. 2 und 4, § 14 Abs. 2) oder
    • b) die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 verboten ist,
  3. als Leiterin oder Leiter entgegen einem vollziehbaren Verbot oder einer vollziehbaren Auflösung (§ 8 Abs. 2 und 4, § 14 Abs. 2) eine Versammlung durchführt,
  4. entgegen § 9 Abs. 1 auf dem Weg zu oder in einer Versammlung unter freiem Himmel einen dort bezeichneten Gegenstand mit sich führt und dadurch einer vollziehbaren Maßnahme nach § 10 Abs. 2 zuwiderhandelt,
  5. entgegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 in einer dort bezeichneten Aufmachung an einer Versammlung unter freiem Himmel teilnimmt oder den Weg zu einer Versammlung in einer solchen Aufmachung zurücklegt und dadurch einer vollziehbaren Maßnahme nach § 10 Abs. 2 zuwiderhandelt oder
  6. sich im Anschluss an eine Versammlung unter freiem Himmel mit anderen zusammenrottet und dabei einen in § 3 Abs. 2 oder § 9 Abs. 1 bezeichneten Gegenstand mit sich führt oder in einer in § 9 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Weise aufgemacht ist.

2Eine Tat nach Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und Nrn. 3 bis 5 ist nur strafbar, wenn die dort bezeichnete Anordnung rechtmäßig ist.

§ 21 - Bußgeldvorschriften


(1) 1Ordnungswidrig handelt, wer

  1. in einer Versammlung entgegen § 3 Abs. 3 in einer dort bezeichneten Art und Weise auftritt und dadurch einer vollziehbaren Maßnahme nach § 10 Abs. 2 zuwiderhandelt,
  2. als teilnehmende Person trotz wiederholter Ordnungsrufe durch die Leiterin oder den Leiter oder durch eine Ordnerin oder einen Ordner fortfährt, eine Versammlung zu stören,
  3. als nicht teilnehmende Person entgegen einer vollziehbaren polizeilichen Anordnung fortfährt, eine Versammlung zu stören,
  4. eine Versammlung unter freiem Himmel durchführt, deren fristgerechte Anzeige entgegen § 5 vollständig unterblieben ist,
  5. als anzeigende Person wider besseres Wissen unrichtige oder unvollständige Angaben nach § 5 Abs. 2 Satz 1 macht,
  6. als Leiterin oder Leiter wider besseres Wissen unrichtige oder unvollständige Angaben nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder 3 oder § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 macht,
  7. als Leiterin oder Leiter eine Versammlung unter freiem Himmel wesentlich anders durchführt, als es in der Anzeige aufgrund des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 angegeben ist,
  8. sich als Leiterin oder Leiter einer Ordnerin oder eines Ordners bedient, die oder der entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 keine dort bezeichnete Armbinde trägt,
  9. an einer Versammlung teilnimmt,
    • a) deren Durchführung vollziehbar verboten ist (§ 8 Abs. 2 und 4, § 14 Abs. 2) oder
    • b) die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 verboten ist,
  10. als Leiterin oder Leiter oder als teilnehmende Person einer vollziehbaren Beschränkung nach § 8 Abs. 1 oder 4 oder § 14 Abs. 1 oder einer gerichtlichen Beschränkung der Versammlung zuwiderhandelt,
  11. sich nach einer vollziehbar angeordneten Auflösung der Versammlung nicht unverzüglich entfernt,
  12. als ausgeschlossene Person die Versammlung nicht unverzüglich verlässt,
  13. als anzeigende oder einladende Person eine Leiterin oder einen Leiter einsetzt, die oder der vollziehbar abgelehnt wurde (§ 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 2 Satz 2),
  14. als Leiterin oder Leiter eine Ordnerin oder einen Ordner einsetzt, die oder der vollziehbar abgelehnt wurde (§ 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 2 Satz 2),
  15. entgegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 auf dem Weg zu oder in einer Versammlung unter freiem Himmel einen dort bezeichneten Gegenstand mit sich führt und dadurch einer vollziehbaren Maßnahme nach § 10 Abs. 2 zuwiderhandelt,
  16. als einladende Person wider besseres Wissen unrichtige oder unvollständige Angaben nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 macht oder
  17. als Leiterin oder Leiter oder als teilnehmende Person einer Auflage nach § 19 Abs. 1 Satz 4 zuwiderhandelt.

2Die Tat kann in den Fällen des Satzes 1 Nrn. 1, 3 und 9 Buchst. a sowie Nrn. 10 bis 15 und 17 nur geahndet werden, wenn die dort bezeichnete Anordnung rechtmäßig ist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nrn. 2, 3, 5 bis 8, 11, 12, 15 und 16 mit einer Geldbuße bis zu 1 000 Euro und in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nrn. 1, 4, 9, 10, 13, 14 und 17 mit einer Geldbuße bis zu 3 000 Euro geahndet werden.

§ 22 - Einziehung


1Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach § 20 oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 oder 15 bezieht, können eingezogen werden. 2§ 74 a des Strafgesetzbuchs und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

 Sechster Teil:

 Schlussbestimmungen

§ 23 - Einschränkung eines Grundrechts


Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

§ 24 - Zuständigkeiten


(1) 1Zuständige Behörde ist

  1. vor Versammlungsbeginn die untere Versammlungsbehörde und
  2. nach Versammlungsbeginn die Polizei.

2Die Aufgaben der unteren Versammlungsbehörde nehmen die Landkreise, kreisfreien Städte, großen selbständigen Städte und selbständigen Gemeinden wahr, auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Hannover die Polizeidirektion Hannover. 3Für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 21 sind die unteren Versammlungsbehörden zuständig.

(2) 1Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk die Versammlung stattfindet. 2Berührt eine Versammlung unter freiem Himmel den Zuständigkeitsbereich mehrerer unterer Versammlungsbehörden, so bestimmt die den beteiligten Behörden gemeinsam vorgesetzte Fachaufsichtsbehörde die zuständige Behörde.

(3) 1Die Aufgaben der Fachaufsicht werden gegenüber den selbständigen Gemeinden von den Landkreisen, gegenüber den Landkreisen, kreisfreien Städten und großen selbständigen Städten von den Polizeidirektionen als oberen Versammlungsbehörden sowie von dem für Inneres zuständigen Ministerium als oberster Versammlungsbehörde wahrgenommen. 2§ 102 Nds. SOG gilt entsprechend.

§ 25 - Kostenfreiheit


Amtshandlungen nach diesem Gesetz sind kostenfrei.

Kategorie(n): Gesetz Versammlungsfreiheit

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Zuletzt geändert am 07.01.2015 23:29 Uhr