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PIAV

Was ist PIAV?


PIAV steht für "Polizeilicher Informations- und AnalyseVerbund".

Die Bundesregierung über PIAV:

Mit PIAV werden effektivere Möglichkeiten bei der Zusammenführung und dem Abgleich von Informationen geschaffen. Die verbundfähigen Erkenntnisse werden in einer homogenen IT-Architektur abgebildet. Durch den verbesserten polizeilichen Informationsfluss können die jeweils polizeilich erfassten Erkenntnisse zu jeder verbundrelevanten Straftat im Verbund abgebildet werden. Der Mehrwert von PIAV entsteht durch die Verknüpfung der Erkenntnisse aus unterschiedlichen Deliktsbereichen und die Möglichkeiten der deliktsübergreifenden Auswertung. (...)
Eine vollständige Erfassung der jeweiligen Sachverhalte vorausgesetzt, ermöglicht PIAV wesentlich weitergehende und schnellere Rechercheansätze.
Darüber hinaus wird die Entwicklung zu PIAV auch technische Voraussetzungen schaffen, die bestehende bundesweite Dateienlandschaft im Hinblick auf den gesetzlichen Auftrag zur Aufklärung von Tat-Täter- bzw. Tat-Tatmittel-Zusammenhängen zu optimieren.

Quelle: Bundestags-Drucksache 17/14753

Organisation, Entwicklung und Installation PIAV sollen nach letztem Stand der Bekanntmachungen (September 2013) insgesamt 62 Millionen Euro kosten.

Entstehungsgeschichte von PIAV


Vorgeschichte


Seit 2009 hat sich das Anforderungsszenario hinsichtlich polizeilicher Informationssysteme in der Bundesrepublik insgesamt verändert. Das hat Vorgeschichte: Da wäre zum einen das grandiose Scheitern des Bund-/Länderprojekts Inpol-Neu im Jahr 2002. Ein Verbundsystem zwischen den Informationssystemen der Polizeibehörden der Länder und des Bundes, das vor allem darauf angelegt war, Doppelerfassung von Informationen zu vermeiden und auch die lästige Mehrfachabfrage obsolet zu machen versprach.
Inpol-Neu wurde funktionell, technisch und auch finanziell ein Desaster und - damit das nicht allzu deutlich auffiel - in überraschend kurzer Zeit und "klammheimlich" ersetzt durch "Inpol-Neu-Neu", das technisch ein völlig anderes System war. Es war Hamburg unter der Federführung des IT-Direktors der Hamburger Polizeibehörde, Harald Lemke, entwickelt worden und hieß zuvor eigentlich POLAS. Lemke wurde vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily zum IT-Direktor des BKA berufen, brachte POLAS mit, ließ daraus sowohl Inpol-(Neu-Neu) Zentral (für das BKA), wie auch Inpol-(Neu-Neu)-Land entwickeln und kaum ein Jahr später – im Sommer 2003 - schien alles wieder im Lot. Es gab das seit Ende der neunziger Jahre angekündigte Bund-Länder-System Inpol-Neu oder zumindest ein System gleichen Namens.
Gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien herrschte also ab 2003 wieder Ruhe. Ganz anders sah es dagegen aus für die Polizeibeamten in den Bundesländern. Herr Lemke (heute übrigens bei McKinsey tätig) aus Hamburg, hatte zum BKA noch ein drittes System mitgebracht, das eigentlich in Hamburg noch Crime gehießen hatte, nach seinem "Einkauf" durch das BKA allerdings zu "Inpol-Fall" umbenannt und als solches dort weiterentwickelt wurde. Inpol-Fall ist ein Informationssystem auf der Basis einer relationalen (Oracle-) Datenbank, das mit einer Web-Anwendung gleichen Namens kooperiert und das in Inpol-Neu-Neu das Problem des kriminalpolizeilichen Meldedienstes lösen sollte. (...)
Anstatt nu die Schwächen von Inpol-Fall zu verbessern und die Brücke zwischen Inpol-Fall und den Landessystemen weiter auszubauen, liegt inzwischen ein völlig neues Projekt bzw. Konzept auf dem Tisch. PIAV – der polizeiliche Informations- und Analyseverbund. Öffentlich ist nicht viel zu erfahren über PIAV. Ein Dokument von Steria Mummert Consulting, dem Projektpartner des Landes Niedersachsen für das dort eingesetzte Vorgangsbearbeitungssystem, nennt zumindest die Ziele: Das sind demnach die kriminalpolizeiliche, operative und strategische Auswertung, letztere für Lagebilderfordernisse und zur Früherkennung auf der Basis eines "einheitlichen Informationsmodells für die Übergabe der Daten". Auch der kriminalpolizeiliche Meldedienst soll in Zukunft von PIAV erledigt werden.

Quelle: Helmut Lorscheid: Gemauschel bei Polizeiprojekten? (Telepolis, 23.10.2010)''

Entstehung von PIAV aus der Sicht von 2010


Soweit öffentlich bekannt, hat die Konferenz der Innenminister (=IMK) an untergeordnete Bund-Länder-Organisationen den Auftrag erteilt, für das neue System PIAV einen Realisierungsvorschlag vorzulegen und dabei vorhandene Alternativen und insbesondere das bereits genutzte Inpol-Fall und seine mögliche Weiterentwicklung/Verbesserung zu berücksichtigen. (...)
Über greifbare Ergebnisse zu diesem Auftrag der IMK wurde bisher nichts öffentlich bekannt – bis am 30. Juli diesen Jahres (2010) der BDK vorpreschte mit einer Pressemitteilung. Berichtet wurde dort über das eine Woche zuvor, nämlich bereits am 22. Juli, stattgefundene Gespräch von Polizeibeamten und BDK-Funktionären mit dem damaligen Hamburgischen Innensenator und Leiter der Konferenz der Innenminister Christoph Ahlhaus (CDU), an dem auch der Abteilungsleiter für Öffentliche Sicherheit und Polizeiangelegenheiten Lothar Bergmann teilnahm. (...)
Man könnte sich vorstellen, dass diese beiden Fachleute des BDK auf eine glänzende Idee gekommen sind. Aus Sicht der RSCase-Länder könnte man sich viel Geld sparen, wenn man gleich Inpol-Fall durch RSCase ersetzen würde, da dann der "Datenaustausch" zumindest zwischen den zueinander weitgehend kompatiblen RSCase-Systemen leichter würde. So kann man sich zumindest zusammenreimen, was im Folgenden geschah: "Fachliche Anforderungen der Kriminalpolizei siegen über Länderegoismen", titelte triumphierend der BDK in seiner Pressemitteilung vom 30.7.2010.
Der BDK sieht sich da offensichtlich am Ziel seiner seit Jahren aufgestellten Forderungen: Ein einheitliches Fallbearbeitungssystem als notwendige Voraussetzung für den Datenaustausch zwischen den Ländern und dem Bund, wie es der BDK bereits seit Jahren forderte". Weiter heißt es in der BDK-Pressemitteilung: "Vor dem Hintergrund der sich derzeit darstellenden Herausforderungen der heterogenen Systemlandschaft erläuterte der Abteilungsleiter Öffentliche Sicherheit, Lothar Bergmann, dass ein einheitlicher Standard unumgänglich und eine einheitliche Plattform für ein zentrales PIAV bereits "beschlossene Sache" sei.

Quelle: Helmut Lorscheid: Gemauschel bei Polizeiprojekten? (Telepolis, 23.10.2010)''

Der Stand zu PIAV in 2013


(...) Zwar ist der "Polizeiliche Informations- und Analyseverbund" (PIAV) schon seit Jahren in der Mache. Die endgültige Entscheidung zur Errichtung von PIAV fiel aber erst 2012 auf der Herbstsitzung der Innenministerkonferenz.
Offensichtlich haben Polizei und Dienste selbst den Überblick über ihre Datensammlungen verloren: In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion beklagt die Bundesregierung eine "aktuell bestehende heterogene und zergliederte Dateilandschaft". PIAV ist ein System zur Auswertung und Recherche in diesen zerklüfteten Datenbanken. Als Ziel gilt ein "Frühzeitiges Erkennen von Tat-Tat- und Tat-Täter-Zusammenhängen".
Die Software soll Beziehungen zwischen Personen, Objekten oder Tathergängen finden und visualisieren. Bestimmte Gebiete, in denen sich zuvor definierte Delikte besonders häufig ereignen, werden als "geografische Kriminalitätsbrennpunkte" angezeigt. PIAV hilft bei der automatisierten Erstellung von Kriminalitätslageberichten, die dann als "aussagekräftige Informationsgrundlage" sowohl für die polizeiliche als auch politische "Führungs- und Entscheidungsebene" dienen.
Zukünftig könnten die Behörden auf diese Weise auch grenzüberschreitend aktive Straftäter finden. So jedenfalls sieht es eine NOTICE:290097-2013:TEXT:DE:HTML: internationale Ausschreibung vor, die vor sechs Wochen auf einem EU-Portal veröffentlicht wurde. Dort ist die Rede von einer "Koordinierung und Unterstützung von Ermittlungsverfahren im In- und Ausland".
Alle Bundes- und Länderpolizeibehörden sowie der Zoll sollen an PIAV angeschlossen werden. Voraussetzung ist, dass die Behörden bereits über ein IT-System verfügen, das entsprechende Schnittstellen bietet bzw. auf Markierungen beruht, die mit PIAV kompatibel sind. Unter dem Namen "PIAV-Operativ Zentral" wird ein Backbone beim Bundeskriminalam (BKA) in Wiesbaden betrieben. (...)
Wofür es den PIAV eigentlich braucht, ist aber unklar. Mit dem sogenannten "Kriminalpolizeilichen Meldedienst" (KPMD) wird bereits jetzt eine bundesweit einheitliche Erhebung von Straftaten vorgenommen. Das System wird insbesondere im "Phänomenbereich politisch motivierter Kriminalität" genutzt. Laut Aussage der Bundesregierung schafft der KPMD eine "verlässliche Datenbasis für polizeiliche Auswertung, statistische Aussagen, Führungsentscheidungen, kriminalpolitische Entscheidungen sowie für kriminologische Forschung zum Zwecke der Prävention und Repression". Dadurch könnten sogar Aussagen zu "extremistischen Ausprägungen" getroffen werden.
Ähnlich dem Meldedienst und PIAV soll auch die neue "Rechtsextremismusdatei" Zusammenhänge zwischen Personen, Orten und Sachen herstellen. Die Aggregierung und die Verknüpfung der Daten sowie die statistische Auswertung ist hierfür in einem eigenen Gesetz festgelegt. Geplant ist wohl, wie bei PIAV Analysesoftware zum Durchforsten des polizeilichen und geheimdienstlichen "Big Data" einzusetzen. Ursprünglich sollte dies ab dem 4. Quartal 2013 beginnen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April diesen Jahres (zur "Anti-Terror-Datei") musste das Bundesinnenministerium das Ansinnen aber zunächst zurückstellen.

Quelle: Matthias Monroy: Innenminister wollen polizeiliche Ermittlungen schrittweise automatisieren (Telepolis, 25.10.2013)

Neueres


Im Generalaktenplan des BKA wird PIAV mit der Aktenplan-Nummer 4921 geführt.

Nach einem Beitrag des Polizei-IT-Dienstleisters Polygon macht es den Anschein, als verberge sich hinter PIAV außerdem noch ein besonderer Fall von Mauschelei zwischen Bundesbehörden und dem privatwirtschaftlichen Unternehmen Rola, das bevorzugt und deutschland-exklusiv das US-BigData-Analyse-Produkt "Analyst's Notebook" vertreibt und implementiert.

Links/Materialien


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Zuletzt geändert am 05.06.2014 08:09 Uhr