Aktuelle Änderungen - Suchen:

Wichtige Seiten

Hilfestellungen

Externe Links

Alle Inhalte dieses Wikis, soweit nicht anders angegeben, unter Creative Commons CC-BY-SA

Vermummung-der-Polizei

18.12.2017 - Presseanfrage an die Polizeidirektion Göttingen


Sehr geehrte Damen und Herren,

am 5.12.2017 führten Einsatzkräfte der Polizeidirektion Göttingen eine Durchsuchung ("Razzia") im "Roten Zentrum" in Göttingen durch, siehe zur medialen Berichterstatung beispielhaft hier:

http://www.haz.de/Nachrichten/Der-Norden/Uebersicht/Razzia-gegen-G20-Randalierer-in-Goettingen

Wir möchten in diesem Zusammenhang auf unserem presserechtlich geführten Blog berichten und haben dazu folgende Fragen an Sie, über deren Beantwortung wir uns sehr freuen würden:

Unseren Informationen zufolge handelt es sich bei den eingesetzten Polizeikräften nicht um SEK oder MEK, sondern um Polizeibeamte und -beamtinnen "normaler" Polizeizüge.

1.) Können Sie diese Information soweit bestätigen oder uns sogar weitergehend beauskunften, welcher Polizeizug oder welche Polizeizüge konkret eingesetzt worden sind?

Auf Bildern der medialen Berichterstattung zu den "Razzien" sind maskierte bzw. vermummte Polizeibeamte zu erkennen, siehe z.b. hier

http://www.haz.de/Bilder/Galerien/2017/12/Durchsuchungen-in-Goettingen-nach-G20-Krawallen#n27144606-p5

oder auch hier

http://www.haz.de/Bilder/Galerien/2017/12/Durchsuchungen-in-Goettingen-nach-G20-Krawallen#n27144606-p7

2.) Handelt es sich bei den auf den Bildern erkennbaren Sturmhauben um die als "Brandschutzhauben" bezeichneten Ausrüstungsgegenstände der Polizei Niedersachsen?

Falls ja:

2a.) Warum wurden diese Masken, anders als vorgesehen, zur Vermummung eingesetzt oder gab es in diesem Zusammenhang konkrete Anhaltspunkte auf Brandgefahr?

Falls nein:

2b.) Um welchen anderen Ausrüstungsgegenstand handelt es sich bei den Sturmhauben sonst?

3.) Welche Regelungen, Richtlinien oder Erlasse existieren zu der Frage, in welchem Fall oder in welchem Maße sich Polizeibeamte und -beamtinnen in Niedersachsen (jenseits SEK und MEK) vermummen dürfen? Wann also - um konkreter zu werden - ist es ihnen erlaubt (oder wird ihnen sogar angeraten), sich in irgendeiner Form so auszurüsten, dass die Feststellung ihrer Identität gegenüber den Bürgern in einer Vis-à-vis-Begegnung nicht mehr möglich ist? Wo ist das im Einzelnen verankert und wie lauten die exakten Auszüge aus den dazugehörigem Regelwerken, aus den Erlassen oder Richtlinien?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


8.1.2018 - Antwort aus dem Landespolizeipräsidium/Innenministerium Niedersachsens


Sehr geehrte Damen und Herren,

die beigefügte Anfrage wurde mir zur Bearbeitung zugewiesen und ich übersende Ihnen hiermit die Antworten zu den gestellten Fragen wie folgt:

1.) Können Sie diese Information soweit bestätigen oder uns sogar weitergehend beauskunften, welcher Polizeizug oder welche Polizeizüge konkret eingesetzt worden sind?

Der von ihnen angefragte Sachverhalt steht im Zusammenhang mit einem durch die Freie und Hansestadt Hamburg verantwortlich geführten Einsatz. Informationen hierzu können nur die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft der Freien und Hansestadt Hamburg erfolgen. Das Land Niedersachsen hat die Freie und Hansestadt Hamburg lediglich mit Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei Niedersachsen unterstützt.

2.) Handelt es sich bei den auf den Bildern erkennbaren Sturmhauben um die als "Brandschutzhauben" bezeichneten Ausrüstungsgegenstände der Polizei Niedersachsen?

Auf den Bildern sind Flammschutzhauben erkennbar, die als bundesweit einheitliche Ausstattung der Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei vorgesehen sind.

Falls ja:

2a.) Warum wurden diese Masken, anders als vorgesehen, zur Vermummung eingesetzt oder gab es in diesem Zusammenhang konkrete Anhaltspunkte auf Brandgefahr?

Die grundsätzliche Nutzung der Flammschutzhauben, als Teil der persönlichen Schutzausstattung erfolgt zweckgebunden durch die Einsatzkräfte. Hinweise auf einen hier vorliegenden Einsatz der Flammschutzhaube als Vermummungsgegenstand sind hier nicht bekannt.

Falls nein:

2b.) Um welchen anderen Ausrüstungsgegenstand handelt es sich bei den Sturmhauben sonst?

Siehe oben.

3.) Welche Regelungen, Richtlinien oder Erlasse existieren zu der Frage, in welchem Fall oder in welchem Maße sich Polizeibeamte und -beamtinnen in Niedersachsen (jenseits SEK und MEK) vermummen dürfen? Wann also - um konkreter zu werden - ist es ihnen erlaubt (oder wird ihnen sogar angeraten), sich in irgendeiner Form so auszurüsten, dass die Feststellung ihrer Identität gegenüber den Bürgern in einer Vis-à-vis-Begegnung nicht mehr möglich ist? Wo ist das im Einzelnen verankert und wie lauten die exakten Auszüge aus den dazugehörigem Regelwerken, aus den Erlassen oder Richtlinien?

Mit Erlass MI vom 18.06.2014 wurde eine Flammschutzhaube für die dienstliche Verwendung in Einsatzeinheiten zugelassen. Sie dient als zusätzliche Komponente der Schutzausstattung. Die Zielsetzung einer Verhinderung der Feststellung der Identität von Einsatzkräften im Zusammenhang mit dem Tragen von Schutzbekleidung außerhalb von Einsätzen unter Beteiligung der Spezialeinheiten ist nicht vorgesehen.

Mit freundlichem Gruß
im Auftrage
gez.
xxx

Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
- Landespolizeipräsidium - Referat 24
Einsatz und Verkehr


8.1.2018 - Nachfragen an das LPP/MI


Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für die Antworten! Wir haben dazu zwei Nachfragen:

Am 08.01.2018 um xxx schrieb xxx (MI):

2.) Handelt es sich bei den auf den Bildern erkennbaren Sturmhauben um die als "Brandschutzhauben" bezeichneten Ausrüstungsgegenstände der Polizei Niedersachsen?
Auf den Bildern sind Flammschutzhauben erkennbar, die als bundesweit einheitliche Ausstattung der Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei vorgesehen sind.
Falls ja:
2a.) Warum wurden diese Masken, anders als vorgesehen, zur Vermummung eingesetzt oder gab es in diesem Zusammenhang konkrete Anhaltspunkte auf Brandgefahr?
Die grundsätzliche Nutzung der Flammschutzhauben, als Teil der persönlichen Schutzausstattung erfolgt zweckgebunden durch die Einsatzkräfte. Hinweise auf einen hier vorliegenden Einsatz der Flammschutzhaube als Vermummungsgegenstand sind hier nicht bekannt.

N1) Dass die Flammschutzhauben beim Tragen vermummend wirken, dürfte unstrittig sein. Darum noch einmal nachgefragt, warum diese Masken bei diesem konkreten Einsatz getragen worden sind. Die "zweckgebundene Nutzung" würde bedeuten, dass die Flammschutzhauben zum Schutz gegen Flammen eingesetzt worden sind. Ist dem so?

3.) Welche Regelungen, Richtlinien oder Erlasse existieren zu der Frage, in welchem Fall oder in welchem Maße sich Polizeibeamte und -beamtinnen in Niedersachsen (jenseits SEK und MEK) vermummen dürfen? Wann also - um konkreter zu werden - ist es ihnen erlaubt (oder wird ihnen sogar angeraten), sich in irgendeiner Form so auszurüsten, dass die Feststellung ihrer Identität gegenüber den Bürgern in einer Vis-à-vis-Begegnung nicht mehr möglich ist? Wo ist das im Einzelnen verankert und wie lauten die exakten Auszüge aus den dazugehörigem Regelwerken, aus den Erlassen oder Richtlinien?
Mit Erlass MI vom 18.06.2014 wurde eine Flammschutzhaube für die dienstliche Verwendung in Einsatzeinheiten zugelassen. Sie dient als zusätzliche Komponente der Schutzausstattung. Die Zielsetzung einer Verhinderung der Feststellung der Identität von Einsatzkräften im Zusammenhang mit dem Tragen von Schutzbekleidung außerhalb von Einsätzen unter Beteiligung der Spezialeinheiten ist nicht vorgesehen.

N2) Wie lautet dieser Erlaß im Wortlaut und wie ist der Nutzungszweck der Flammschutzhaube im Wortlaut definiert?

Viele gute Grüße,


30.1.2018 - Nachhaken beim LPP/MI


Sehr geehrter Herr xxx,

können Sie uns mitteilen, wann wir mit der Beantwortung der Fragen rechnen können?

Viele gute Grüße,


6.2.2018 - Ein Urteil des Amtsgerichts Ludwigslust, "Lutheran-Verfahren"


Pressemitteilung des Amtsgerichts Ludwigslust 1270 E vom 6.2.2018

Freispruch im sog. „Lutheran-Verfahren“

Das Amtsgericht Ludwigslust – Schöffengericht – hat am heutigen 3. Verhandlungstag in dem sog. „Lutheran-Verfahren“ den wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angeklagten David A. freigesprochen. Zuvor hatten bereits der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger in ihren Schlussvorträgen einen Freispruch beantragt.

Dem Angeklagten war in dem Verfahren vorgeworfen, am 12. Februar 2016 in Lutheran bei einem Einsatz eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK) aus Hamburg mit dem von ihm geführten PickUp versucht zu haben, eine Polizeisperre zu durchbrechen. Ein Beamter des MEK wurde dabei verletzt. Der Angeklagte wurde von einem Schuss aus einer Polizeidienstwaffe am Kopf getroffen, wodurch er ein Augenlicht verlor.

Das Gericht hat den Freispruch im Wesentlichen damit begründet, dass es dem Angeklagten nicht möglich gewesen sei, den Polizeieinsatz als solchen und die eingesetzten MEK-Beamten als Polizisten zu erkennen. Die Beamten hätten Zivilkleidung und Sturmhauben ohne Polizeikennung getragen, an den zivilen Einsatzfahrzeugen seien weder Polizeiaufschriften noch Blaulichter angebracht gewesen. Der Angeklagte sei dem – letztlich unvermeidbaren - Irrtum unterlegen, dass es sich bei der Aktion um einen Überfall gehandelt habe.

Der Vorsitzende des Schöffengerichts warf auch die Frage auf, ob es angesichts der Ereignisse nicht möglich gewesen wäre, das Verfahren anderweitig zu beenden. Dabei sparte er nicht mit Kritik an dem MEK-Einsatz, der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme „schlecht vorbereitet und unprofessionell durchgeführt“ worden sei. So etwa sei der Angeklagte anhand eines sechs Jahre alten Lichtbildes als die vom MEK gesuchte Zielperson identifiziert worden, obwohl die Möglichkeit bestanden habe, den Angeklagten anlässlich eines kurz vor dem Zugriff erfolgten Baumarkteinkaufs außerhalb des PickUp verdeckt zu fotografieren und das aktuelle Lichtbild von dem Angeklagten dann mit anderen, zu dem Gesuchten gehörenden Unterlagen abzugleichen.

Der Richter äußerte gegenüber dem Angeklagten ausdrücklich das Mitgefühl des Gerichts.

NDR-Bericht dazu: https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Freispruch-im-Prozess-um-MEK-Einsatz-in-Lutheran,lutheran136.html


Bearbeiten - Versionen - Druckansicht - Aktuelle Änderungen - Suchen
Zuletzt geändert am 06.02.2018 22:18 Uhr