10.6.2021 - Presseanfrage an die Versammlungsbehörde Flensburg
Sehr geehrte Damen und Herren,
unseren Informationen zufolge drängt ihre Behörde im Zuge von Kooperationsgesprächen zu angezeigten Versammlungen mitunter darauf, eine Liste der Namen aller geplanten Redebeitragenden abzufragen.
In diesem Zusammenhang möchten wir zur Sache berichten und haben im Vorfeld folgende Fragen an Sie, um deren Beantwortung wir innerhalb von drei Werktagen bitten:
1.) Stimmt es, dass die Versammlungsbehörde Flensburg Versammlungsanmelder*innen oder -leiter*innen um die Herausgabe von Daten zu Redner*innen von Versammlungen bitten oder diese gar einfordern? Falls ja: Aus welchem Grund, auf welcher Rechtsgrundlage beruhend und seit wann wird diese Praxis so betrieben?
2.) Unabhängig von der Frage, woher oder auf welcher Grundlage beruhend die Versammlungsbehörde Flensburg an personenbezogene Daten zu einer Versammlung über die Daten von Anmelder*in und Leiter*in hinaus gelangt (also eben z.B. auch Daten zu Redner*innen): Wo und wie und zu welchen Zwecken werden diese Daten verarbeitet, an welche dritte Stellen (wie z.B. die Polizeien oder Verfassungsschutzbehörden) werden die Daten unter welchen Bedingungen weitergeleitet, wo und wie lang werden solche Daten gespeichert?
3.) In welchem Umfang erfasst oder erhält die Versammlungsbehörde Flensburg im Vorfeld einer Versammlung, während dieser oder im Nachgang Informationen und Daten über Inhalte von Redebeiträgen und über Art und Inhalt von bei den Demonstrationen verwendeten Materialien (z.B. Banner, Transparente, Plakate, Flyer etc.) und wie und wo werden derartige Informationen vorgehalten oder gespeichert?
4.) Vorausgesetzt, dass eine Versammlung im Sinne der Gesetze "friedlich und störungsfrei" verlaufen ist: Welche dieser Versammlung zuzuordnenden Daten der Versammlungsbehörde Flensburg werden durch diese oder durch andere Stellen gespeichert, zu welchem Zwecke, mit welchen Löschfristen und auf welchen Gesetzesgrundlagen beruhend?
5.) In welcher Form unterscheiden sich die Abläufe und Vorgänge bei der Flensburger Versammlungsbehörde im Zuge einer Versammlungsanmeldung, -prüfung und -planung in dem Fall, wenn der/die Versammlungsanmelder*in minderjährig ist? Werden (nur als Beispiel!) bei etwaigen Kooperationsgesprächen besondere Maßnahmen durchgeführt oder berücksichtigt, um den Zielen des Jugendschutzes gerecht zu werden und falls ja, welche?
6.) Ab wie viel Jahren Alter oder nach welchen anderen Kriterien definiert die Versammlungsbehörde Flensburg eine sich in einer Versammlung aufhaltende Person als Versammlungsteilnehmer*in oder eben nicht?
Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,
21.6.2021 - Antwort aus Flensburg
Sehr geehrter Herr Ebeling,
anbei übersende ich die Antworten auf die von Ihnen übersandten Fragen.
Die späte Beantwortung bitte ich zu entschuldigen.
Mit freundlichen Grüßen
xxx
Pressesprecher
Leiter der Stabsstelle
Pressearbeit
\\Stadt Flensburg
\\Die Oberbürgermeisterin
Hinweis: Anliegend erfolgt nur die Beantwortung der Fragen durch die
Versammlungsbehörde Flensburg für den Part ihrer Aufgabenerfüllung. Ob
und inwieweit ggf. Daten im Kontext von Versammlungsanzeigen bei
anderen beteiligten Stellen ( z. B. Polizei) erfasst, bewertet und ggf.
gespeichert werden, muss dort erfragt werden.
Frage 1:
Stimmt es, dass die Versammlungsbehörde Flensburg
Versammlungsanmelder*innen oder -leiter*innen um die Herausgabe von
Daten zu Redner*innen von Versammlungen bitten oder diese gar
einfordern? Falls ja: Aus welchem Grund, auf welcher Rechtsgrundlage
beruhend und seit wann wird diese Praxis so betrieben?
Antwort:
Nach § 3 Abs. 2 des Versammlungsfreiheitsgesetzes Schleswig Holstein (
VersFG SH) ist es u.a. die Aufgabe der zuständigen Versammlungsbehörde,
die Durchführung einer nach Maßgabe des Gesetzes zulässigen Versammlung
zu unterstützen, ihre Durchführung vor Störungen zu schützen und von der
Versammlung oder im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen von
Dritten ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.
Soweit es nach Art und Umfang der Versammlung erforderlich ist (diese
Entscheidung trifft die zuständige Versammlungsbehörde), führt die
zuständige Behörde ein Kooperationsgespräch mit den zu beteiligenden
Akteuren durch. Ziel dabei ist, offene Fragen zu erörtern ( z. B. zum
Routenverlauf, zu erwartende spontane Gegenversammlungen u.a.) die für
die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung wichtig sein könnten (§
3 Abs. 3 VersFG). In diesem rechtlichen Kontext kann auch von der
Versammlungsbehörde im Einzelfall die Namen der Redebeitragenden
erfragt werden.
GGf. wird von der Versammlungsbehörde auch die Polizei mit zum
Kooperationsgespräch hinzugezogen, wenn dies im Einzelfall als notwendig
erachtet wird. Die Polizei unterstützt die Versammlungsbehörde bei
ihrer Aufgabenwahrnehmung im Sinne des § 3 Abs. 2 VersFG.
Die Durchführung von Kooperationsgesprächen erfolgt in Flensburg seit
dem Inkrafttreten des neuen VersFG SH zum 01.07.2015.
Frage 2:
Unabhängig von der Frage, woher oder auf welcher Grundlage beruhend
die Versammlungsbehörde Flensburg an personenbezogene Daten zu einer
Versammlung über die Daten von Anmelder*in und Leiter*in hinaus gelangt
(also eben z.B. auch Daten zu Redner*innen): Wo und wie und zu welchen
Zwecken werden diese Daten verarbeitet, an welche dritte Stellen (wie
z.B. die Polizeien oder Verfassungsschutzbehörden) werden die Daten
unter welchen Bedingungen weitergeleitet, wo und wie lang werden solche
Daten gespeichert?
Antwort:
Versammlungsanzeigen können elektronisch über die Homepage der Stadt
Flensburg oder den Zuständigkeitsfinder Schleswig Holstein vorgenommen
werden. Jede den elektronisch hinterlegten Vordruck ausfüllende Person
erhält den Hinweis zur Einverständniserklärung für die Erhebung und
Verarbeitung von Daten nach der Datenschutzgrundverordnung, die
gesetzlichen Grundlagen sowie Hinweise über die Rechte . Bei der
Versammlungsbehörde der Stadt Flensburg werden die Daten
elektronisch in der Ordnungsverwaltung abgespeichert.
Öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit bedarf der Aufzeichnung und
Dokumentation, so dass Entstehung, Arbeitsablauf und aktueller
Bearbeitungsstand eines Vorganges jederzeit und nach Bedarf ersichtlich
ist. Diese Pflicht leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab. Insofern
unterliegen auch die kommunalen Aufzeichnungen aus Versammlungsanzeigen
einer Aufbewahrungsfrist bei der Stadt Flensburg. Je Dokument, Vorgang
und/oder Kommune können diese sehr unterschiedlich sein. Aus dem VersFG
ergeben sich keine vorgeschriebene Aufbewahrungsfristen. Die
Aufbewahrungsfristen der Stadt Flensburg für diese Vorgänge betragen 10
Jahre.
Frage 3.
In welchem Umfang erfasst oder erhält die Versammlungsbehörde
Flensburg im Vorfeld einer Versammlung, während dieser oder im Nachgang
Informationen und Daten über Inhalte von Redebeiträgen und über Art und
Inhalt von bei den Demonstrationen verwendeten Materialien (z.B.
Banner, Transparente, Plakate, Flyer etc.) und wie und wo werden derartige
Informationen vorgehalten oder gespeichert?
Antwort:
Diese Daten werden entweder schon in der Versammlungsanzeige benannt
oder ergeben sich aus dem Kooperationsgespräch. Außerdem können sich u.
a. z. B. auch Hinweise aus den sozialen Medien und der Werbung zur
Versammlung ergeben. Die Daten der geplanten Redebeitragenden werden
ggf. auch im Rahmen des Kooperationsgespräches thematisiert und
bewertet, um der Schutzaufgabe nach § 3 des VersFG nachkommen zu können.
Zur Speicherung siehe Frage 2.
Frage 4:
Vorausgesetzt, dass eine Versammlung im Sinne der Gesetze "friedlich
und störungsfrei" verlaufen ist: Welche dieser Versammlung
zuzuordnenden
Daten der Versammlungsbehörde Flensburg werden durch diese oder durch
andere Stellen gespeichert, zu welchem Zwecke, mit welchen Löschfristen
und auf welchen Gesetzesgrundlagen beruhend?
Antwort:
Bei der Stadt Flensburg werden unabhängig vom Versammlungsverlauf von
der Versammlungsbehörde alle im Zusammenhang mit der jeweiligen
Versammlung erfassten Daten gespeichert- siehe auch Antwort zu Frage 2
. Die gesetzlichen Grundlagen sind in dem elektronisch hinterlegten
Vordruck für die Versammlungsanzeigen hinterlegt. Versammlungsanzeigen
können elektronisch über die Homepage der Stadt Flensburg oder den
Zuständigkeitsfinder Schleswig Holstein vorgenommen werden. Jede den
elektronisch hinterlegten Vordruck ausfüllende Person erhält den Hinweis
zur Einverständniserklärung für die Erhebung und Verarbeitung von Daten
nach der Datenschutzgrundverordnung, die gesetzlichen Grundlagen sowie
Hinweise über die Rechte . Dies ist unabhängig davon, ob - wie von
Ihnen erfragt- eine Versammlung " friedlich und störungsfrei"
stattgefunden hat. In der Ordnungsverwaltung werden für unsere Aufgabe
als Versammlungsbehörde die eingereichten Daten sowie die sich aus der
Bearbeitung der Anzeige erforderliche weitere Dokumentation gespeichert-
siehe Antwort Frage 2.
Frage 5)
In welcher Form unterscheiden sich die Abläufe und Vorgänge bei der
Flensburger Versammlungsbehörde im Zuge einer Versammlungsanmeldung,
-prüfung und -planung in dem Fall, wenn der/die Versammlungsanmelder*in
minderjährig ist? Werden (nur als Beispiel!) bei etwaigen
Kooperationsgesprächen besondere Maßnahmen durchgeführt oder
berücksichtigt, um den Zielen des Jugendschutzes gerecht zu werden und
falls ja, welche?
Antwort:
Das VersFG Gesetz enthält keine Altersvorgabe. Bei minderjährigen
Versammlungsanmeldenden war es bisher nicht notwendig, besondere
Maßnahmen durchzuführen. Grundsätzlich gehen wir davon aus, das die
Versammlungsleitung in der Lage ist ,verantwortlich die Aufgaben als
Versammlungsleitung im Sinne des § 5 VersFG wahrzunehmen. Es gibt nach
dem VersFG ( § 5 Abs. 1 Satz 3) aber auch die Möglichkeit, das der
Veranstalter oder die Veranstalterin einer Versammlung die Leitung der
Versammlung an eine andere Person übertragen kann. Darüber müsste
umgehend die Versammlungsbehörde informiert werden, damit ein
Ansprechpartner mit den Befugnissen nach § 6 VersFG der
Versammlungsbehörde und ggf. der Polizei bekannt ist und als
Ansprechpartner insb. im Versammlungsgeschehen verlässlich zur Verfügung
steht.
Frage 6)
Ab wie viel Jahren Alter oder nach welchen anderen Kriterien
definiert die Versammlungsbehörde Flensburg eine sich in einer
Versammlung aufhaltende Person als Versammlungsteilnehmer*in oder eben
nicht?
Antwort:
Hierfür werden von der Versammlungsbehörde keine Kriterien definiert.
Ggf. würde im Versammlungsgeschehen nachgefragt werden. Es kommt auf den
Einzelfall an.