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Anhoerung-Polizeigewaltzeichensetzung-LT-SH25.11.2016 - Einladung zu einer schriftlichen Stellungnahme
Einsendeschluß: 6.1.2017 (Freitag)
Liste der zur Stellungnahme eingeladenen
Bezugspunkt 1: Antrag der CDU
Der Landtag wolle beschließen: Der Landtag stellt fest, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizei- und anderen Einsatzkräften weiterhin hoch ist und die Hemmschwelle zur Anwendung von Gewalt weiter sinkt. Allein am letzten Juli-Wochenende gab es sieben Angriffe auf Polizeieinsatzkräfte. Ein Polizeibeamter erlitt bei einem der Angriffe eine schwere Kopfverletzung. Für den Landtag ist es nicht hinzunehmen, dass Menschen, die im Auftrag der Allgemeinheit für Sicherheit und Ordnung sorgen oder anderen Menschen in Notlagen helfen, Ziel massiver Angriffe werden. Es zeigt sich, dass die bisherigen Maßnahmen und Reaktionsmöglichkeiten nicht ausreichen, um der zunehmenden Gewalt gegen Polizei- und andere Einsatzkräfte wirksam zu begegnen. Der Landtag hält es deshalb für zwingend erforderlich, ein deutliches und unmissverständliches Zeichen dahingehend zu setzen, dass Gewalt gegen Einsatzkräfte nicht toleriert wird. Solche Angriffe richten sich nicht nur gegen Amtsträger als Person, sondern auch gegen die Allgemeinheit und die grundlegenden Werte des Zusammenlebens. Diesem gesteigerten Unrechtsgehalt muss durch entsprechende Strafvorschriften und eine konsequente Anwendung Rechnung getragen werden. Für den Landtag ist es nicht nachzuvollziehen, dass zwei Gesetzesinitiativen aus dem Saarland und aus Hessen, die seit dem 08.05.2015 im zuständigen Ausschuss des Bundesrates liegen, nach wie vor nicht abschließend behandelt sind. Es ist ein fatales Signal für Polizei- und Einsatzkräfte, dass in der Frage ihres strafrechtlichen Schutzes keine Einigung zwischen den Bundesländern erzielt werden kann. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich im Bundesrat aktiv darum zu bemühen, eine Einigung mit dem Ziel herbei zu führen, eine dem Unrechtsgehalt von Angriffen auf Polizei- und Einsatzkräfte entsprechende strafrechtliche Regelung zu schaffen. Erforderlich ist insbesondere die Einführung einer Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe.
Bezugspunkt 2: Änderungsantrag von SPD, Grüne und SSW
Der Landtag wolle beschließen: Der Landtag stellt fest, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizei- und anderen Einsatzkräften weiterhin hoch und die Hemmschwelle zur Anwendung von Gewalt zu niedrig ist. Für den Landtag ist es nicht hinzunehmen, dass Menschen, die im Auftrag der Allgemeinheit für Sicherheit und Ordnung sorgen oder anderen Menschen in Notlagen helfen, Ziel massiver Angriffe werden. Der Landtag hält es deshalb für zwingend erforderlich, ein deutliches und unmissverständliches Signal dahingehend zu setzen, dass Gewalt gegen Polizei- und andere Einsatzkräfte nicht toleriert wird. Solche Angriffe richten sich gegen die Amtsträgerin oder den Amtsträger als Person, aber auch gegen unsere Gesellschaft und unseren Rechtsstaat. Der Landtag unterstützt alle Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, den Schutz von Polizei- und anderen Einsatzkräften zu erhöhen und Angriffe zu verhindern. Dies schließt auch die Überprüfung strafrechtlicher Regelungen auf mögliche Schutzlücken ein. Allen muss jedoch bewusst sein, dass das Strafrecht allein die Gewaltbereitschaft gegenüber staatlichen Organen nicht unterbinden kann. In der jüngeren Vergangenheit wurde deshalb durch die Landesregierung eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt, die der in den letzten Jahren steigenden Gewalt insbesondere gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte entgegenwirken. Dazu gehören insbesondere eine breite und strukturierte Befassung mit dem Thema in der Landespolizei, die Verbesserung/ Intensivierung des Einsatztrainings sowie erhebliche Verbesserungen in der persönlichen Ausstattung für die Beamtinnen und Beamten im Streifendienst sowie in besonderen Einheiten. Der Landtag unterstützt diese Aktivitäten der Landesregierung mit Nachdruck. Darüber hinaus brauchen wir auch eine gesellschaftliche Debatte über mehr Respekt gegenüber Einsatzkräften und der Verhinderung von Übergriffen. Der Landtag wird sich darin auch weiterhin intensiv einbringen. Darüber hinaus muss der Fokus auf der Präventionsarbeit liegen, etwa bei den kriminalpräventiven Räten oder in den Schulen. Wenn bereits hier ein Beitrag geleistet werden kann, jungen Menschen ein positives Bild von Polizei und Einsatzkräften zu vermitteln, wäre das ein wichtiger Schritt, der steigenden Gewaltbereitschaft entgegenzuwirken. Der Landtag wird Maßnahmen prüfen, solche Bemühungen zu unterstützen.
5.1.2017 - Unsere Stellungnahme
Hier ist sie: Wir lehnen sowohl den Antrag der CDU (DS 18/4535) als auch den Änderungsantrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW (DS 18/4662) kategorisch ab.
"Bereits im Jahr 2011 wurde für Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte in § 113 StGB die angedrohte Höchststrafe von zwei auf drei Jahre erhöht. Dabei konnte bisher nicht festgestellt werden, dass diese Strafmaßerhöhung eine generalpräventive Wirkung gezeigt hat. Vielmehr sind die Fallzahlen seit dem Jahr 2011 weiter gestiegen. Wir sehen weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf."
Ein anschaulicheres Praxisbeispiel für das vernunft- und sinnbefreite Reiten eines toten Pferdes kann man sich gar nicht vorstellen!
"In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden alle der Polizei bekannt gewordenen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche registriert. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach den bundesweit einheitlichen PKS-Richtlinien bei mehreren Rechtsgutverletzungen diejenige erfasst wird, die mit der höchsten Strafe bedroht ist. Dementsprechend ist bei einer Widerstandshandlung mit Körperverletzung immer die Körperverletzung als PKS-Delikt zu erfassen. Vor dem Hintergrund, dass die Erfassungsmodalitäten in der PKS im Kontext "Gewalt gegen Polizei" letztmalig 2010 modifiziert wurden, ist ein entsprechender Fallzahlenvergleich erst seit dem Berichtsjahr 2011 möglich."
Quelle: https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.Anhoerung-Polizeigesetzreform-LT-NDS#toc73
Erstens: Zweitens:
In den nächsten Tagen und Wochen wird das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf vorstellen, der sich mit dem Schutz von Polizeibeamten, Feuerwehrleuten und Rettungskräften beschäftigt. Der Plan zu so einem Gesetz geistert schon länger herum, wurde jetzt aber von der großen Koalition in einem neuen Sicherheitspaket beschlossen.
Es handelt sich bei den möglichen Auswirkungen des Gesetzes um ein vollkommen in der gesellschaftlichen Debatte ausgeklammertes Thema, das jedoch große indirekte und schädliche Auswirkungen auf die Versammlungsfreiheit entfalten könnte. Ich habe den Eindruck, dass sich niemand an das Thema rantraut, weil man als Bedenkenträger schnell in die “Du willst Polizisten nicht vor Gewalt schützen”-Ecke gedrängt werden kann.
Das Thema wird unter anderem in dem vom schwarz-grünen Hessen im Bundesrat forcierten Schutzparagraf 112 behandelt. Dieser Paragraf (Gesetzentwurf als PDF) wertet gewalttätige Angriffe auf Polizisten nicht nur als Körperverletzung oder ähnliches, sondern setzt einen zusätzlichen Paragrafen obendrauf, für den ein Angreifer dann angeklagt wird. In der Hessener Bundesratsinitiative ist von mindestens 6 Monaten bis maximal 10 Jahren Freiheitsstrafe die Rede.
Problem 1: Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes
In der saarländischen Bundesratsinitiative hingegen wird die Änderung des Paragrafen 113 (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) gefordert. Hierbei zielt die Änderung darauf ab, den Paragrafen so zu ändern, dass sich die Beamten – nicht wie bisher - in einer Amtshandlung befinden müssen, sondern dass der §113 für alle Angriffe auf die Berufsgruppen gilt. Die Gesetzesinitiative nennt ausdrücklich folgende betroffene Gruppen/Situationen: “Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die präventiv-polizeilich Demonstrationszüge begleiten, allgemeine Routinekontrollen durchführen”.
Beide Gesetzesinitiativen bergen ähnliche Probleme. Das erste ist der Widerspruch zum im Grundgesetz verbrieften Gleichheitsgrundsatz. Dieser sieht vor, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Das heißt, dass ein Angriff auf einen Menschen ein Angriff auf einen Menschen ist, und es keine Rolle spielt, wer der Betroffene von Gewalt ist. Alle Menschen werden vor dem Gesetz, so zumindest die Theorie, gleichbehandelt. Die Einschränkung im bisherigen Gesetz, dass sich der Beamte in einem Vollstreckungsakt befinden muss, trägt eben jenem Gleichheitsgrundsatz Rechnung.
Problem 2: Versteckte Einschränkung des Demonstrationsrechts
Das zweite Problem ist: beide Gesetzesinitiativen können eine versteckte Einschränkung des Demonstrationsrechts bedeuten.
Es kann auf Demonstrationen schnell – egal, wer angefangen hat – zu Rangeleien und unübersichtlichen Situationen kommen. Hierzu muss die Demonstration nicht einen grundsätzlich unfriedlichen Charakter haben. Insbesondere bei Aktionen des zivilen Ungehorsams, die ja grundsätzlich einen friedlichen Charakter haben, aber gewisse Regelverletzungen wie Blockaden oder ähnliches beinhalten, kommt es schnell zu Situationen, in denen Demonstrierende direkt mit der Polizei konfrontiert sind. Diese Situationen können aufgrund der Stresssituation schnell eskalieren, wieder unbenommen der Tatsache, wer begonnen hat.
In einer solchen unübersichtlichen Situation geraten Demonstrierende nun schneller in den Fokus von Ermittlungen und müssten beim hessischen Modell sogar mit einer Mindest-Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen. Die heute schon verbreitete Praxis der Polizei, bei Anzeigen wegen Polizeigewalt eine Gegenanzeige wegen Widerstand zu stellen, lässt nichts Gutes erwarten, wenn der Paragraf erweitert und/oder verschärft wird. Es ist davon auszugehen, dass mehr Menschen solche Anzeigen erhalten werden. Darunter wie auch heute, zahlreiche Unschuldige.
Ziviler Ungehorsam besonders betroffen
Für die Protestpraxis des zivilen Ungehorsams bedeutet jedoch ein gestiegenes Risiko, auch unbeteiligt und unschuldig in Ermittlungen und Strafverfolgung zu geraten eine deutlich höhere Teilnahmehürde. Auch bei ganz normalen Demos könnten die geplanten Verschärfungen, Menschen überhaupt davon abhalten, demonstrieren zu gehen. Hier liegt die versteckte Einschränkung des Versammlungsrechtes der geplanten Gesetze, die bislang in der eh schon dürftigen Berichterstattung vollkommen unter den Tisch gefallen ist.
Herr Peters sagte: "Respekt wird durch Erziehung und Bildung erzeugt."
Wir meinen, dass stattdessen die freie Entfaltung der Persönlichkeit möglichst aller Menschen und die darin eingebette Ausbildung zur Empathiefähigkeit im Vordergrund stehen muss: Nur wer als Mensch in der Lage ist, anderen Menschen gegenüber Mitgefühl zu empfinden, der wird diesen anderen Menschen gegenüber nicht unmenschlich handeln können, geschweige denn ihnen Gewalt antun.
Übersicht über die beim Landtag Schleswig-Holstein eingereichten Stellungnahmen
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