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BND-Schoeningen


Worum geht es?


Am 18.6.2014 hat der "Spiegel" die so genannte "Deutschland-Akte" von Herrn Snowden veröffentlicht.

Darunter auch ein Dokument zur Bedeutung der BND-Außenstelle in Schöningen, einem Ort nur wenige Kilometer südlich von Helmstedt entfernt, also im äußersten Osten von Niedersachsen befindlich.

In dem Dokument wird die besondere Stellung der Schöningen-Liegenschaft sowie die intensive Zusammenarbeit mit NSA und anderen US-Behörden betont.

Aus unserer Sicht ein guter Grund, sich diesen Ort einmal selber anzusehen: Wir machen einen Wochenend-Ausflug zum BND nach Schöningen!


Was geht ab? Und wann?


Am Samstag, den 19.7.2014 wollen wir uns ca. gegen 14 Uhr auf dem Markt in Schöningen treffen!

Dort möchten wir (wenn das Wetter halbwegs gut ist) mit einer kurzen Lesung im öffentlichen Raum beginnen und z.B. mit der deutschen Übersetzung des NSA-Dokuments zur BND-Stelle Schöningen auf deren Bedeutung hinweisen. Vielleicht ist es ja dem einen oder der anderen aus Schöningen noch gar nicht bekannt, was nur wenige Meter neben dem Golfplatz von Schöningen seit Jahrzehnten betrieben wird ...

Anschließend spazieren (oder fahren?) wir zum eigentlichen Ziel, zur BND-Außenstelle selber.

Auch dort möchten wir den oder die Texte öffentlich verlesen. Wenn Lust und Wetter dazu ermuntern, machen wir ein kleines Picknick, vielleicht umrunden und erforschen wir die BND-Liegenschaft von außen. Wer Feldstecher, Fotoapparat oder Videokamera hat, darf die gerne mitbringen und etwas Gegenspionage betreiben.


Anreisemöglichkeit/Mitfahrgelegenheit


Ab Hannover stehen ein oder zwei Autos als Mitfahrgelegenheit zur Verfügung. Abfahrt ist um ca. 12 Uhr, Treffpunkt ist am hinteren Ausgang des Hauptbahnhofs zum Raschplatz (Rundestraße) hin.

Bei Interesse am Mitfahren bitte beim freiheitsfoo-Kontakt melden, damit wir grob planen können!


9.7.2014 - Ankündigung unseres Ausflugs bei der Versammlungsbehörde des Lkr. Helmstedt


Ob unsere Auflug (aus der Sicht der Bürokratie) als Demonstration ("Versammlung") bewertet wird oder nicht, ist nicht ganz klar. Um auf allen Seiten Klarheit zu schaffen, haben wir unsere Fahrt nach Schöningen deshalb bei der Versammlungsbehörde angekündigt ("angezeigt").

Für Schöningen ist der Landkreis Helmstedt als Versammlungsbehörde zuständig (Landkreis Helmstedt, Südertor 6, 38350 Helmstedt, kreisverwaltung@landkreis-helmstedt.de).

Wir wollen uns friedlich im Sinne des Artikel 8 des Grundgesetzes "versammeln", es bedarf dazu keiner Freigabe oder Erlaubnis. Vor Ort werden wir Zeit und Raum so nutzen, wie es uns dann (und entsprechend des Wetters) gefällt. Straßen und Wege benutzen wir so wie jeder "ordentliche" Spaziergänger oder Verkehrsteilnehmer auch.

Unsere Ankündigungs-E-Mail an den Landkreis Helmstedt vom Morgen des 9.7.2014:

Ankündigung eines Ausflugs zur BND-Außenstelle in 38364 Schöningen
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit kündige ich Ihnen einen Ausflug der Initiative freiheitsfoo am Samstag, den 19.7.2014 mit (geschätzten) 2-5 Menschen zur BND-Außenstelle nach Schöningen an. Wir wollen bei gutem Wetter ab ca. 14 Uhr zunächst auf dem Markt in Schöningen durch das Zitieren von amtlichen Dokumenten und von Texten auf die Bedeutung der BND-Außenstelle nahe Schöningen hinweisen, danach zu Fuß oder mit dem Auto zu dieser selber hingehen/-fahren (Elmautostraße/Richard-Schirrmann-Straße) und dort das Gelände von außen erkunden, auch dort Texte zitieren und ggf. ein kleines Picknick abhalten.
Für den Fall, dass Sie unseren Ausflug als Versammlung im Sinne des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes bewerten sollten, kündige ich Ihnen unseren Ausflug hiermit also ordnungsgemäß an. Ich wäre dann sowohl Versammlungsankündigender und -leiter. Ob wir evtl. Protestschilder, Transparente oder sogar ein Megaphon mit uns haben werden, ist noch nicht klar (in dem Fall wäre es auf jeden Fall eine "Versammlung" im Sinne des Gesetzes). Angesichts der vermutlich nur wenigen Teilnehmer sind m.E. keine Ordner*innen nötig, auch werden wir uns auf Straßen und öffentlichen Flächen wie normale Spaziergänger bzw. Verkehrsteilnehmer bewegen. Eine polizeiliche Begleitung oder gar Absperrung ist insofern also unnötig.
Bei Rückfragen bin ich gerne für Sie da.
Viele gute Grüße,
(...)


Update 16.7.2014


Nach einem kurzem Hin und Her ist nun alles klar und der Landkreis Helmstedt weiß um unseren Spaziergang auch aus seiner Sicht ausreichend Bescheid.

Wir haben vorsichtshalber alle zum Anlaß möglichen und denkbaren Utensilien angekündigt - wer also gerne eine Guy-Fawkes- oder Snowden-Maske oder eine Papiertüte auf den Kopf setzen möchte ...


Update 17.7.2014


Heute haben wir - mit einem Tag Verspätung - unangekündigt eine Verfügung mit Beschränkungen zu unserem Ausflug erhalten (per Mail), die in einigen Punkten rechtswidrig, in anderen Punkten ebensowenig akzeptabel erscheint.


Update 18.7.2014


Noch am Tag vor dem Ausflug haben wir auf den fragwürdigen Bescheid mit einem Widerspruch reagiert.


Übersetzung des Snowden-Dokuments zur BND-Außenstelle Schöningen


(S//SI//REL) Erstbesuch der FORNSAT-Datensammelstelle in Schöningen, Deutschland durch Mitarbeiter der NSA
Von: ###
Joint SIGINT Activity (H52G)
Erstellungsdatum: 31. Oktober 2006
(U) Die Besucher sind von den Software-Vorführungen beeindruckt.
(S//SI//REL) Mitglieder der Special United States Liaison Activity Germany (SUSLAG), Vertreter der Joint SIGINT Activity (JSA) und Terrorismusbekämpfungs-Analysten der S21 waren in diesem Sommer die ersten Vertreter von US-Behörden, die die BND-FORNSAT-Abteilung in Schöningen in Norddeutschland besuchen durften.
(S//SI//REL) Hochrangige BND-Mitarbeiter und -Analysten erläuterten ihre Aufgaben, den Umfang des personellen Umfangs der Anlage und aktuelle sowie fortgeschrittene Analyse-Tools und -Techniken, mit denen der Bundesnachrichtendienst arbeitet. Die im Juni und Juli stattgefundenen Besuche erlaubten einen Einblick in die Fähigkeiten des BND, Daten zu sammeln, zu verarbeiten und zu analysieren. Die Besuche waren für die Vertiefung der engen technischen Zusammenarbeit zwischen der JSA und dem BND hilfreich.
(S//SI//REL) Schöningen liegt an der ehemaligen Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland auf westlicher Seite. Vor dem Mauerfall sammelte die Anlage ostdeutsche Radar-, Radio- und Mikrowellenkommunikation. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands in 1990 sah sich die Besatzung dieser Anlage dazu genötigt, seine Rolle und Aufgaben neu zu definieren bzw. neu zu erfinden. Das hat Schöningen erfolgreich geleistet und spielt nun eine Schlüsselrolle innerhalb des BND bei der Bekämpfung des Terrorismus und bei der Absicherung militärischer Einsätze, insbesondere durch die Sammlung von Daten aus Mobilfunkkommunikation (besonders Thuraya, INMARSAT und GSM).
(S//SI//REL) Derzeit arbeiten in Schöningen fast 100 Menschen. Dort ###
(S//SI//REL) Die Fachleute in Schöningen haben sich auf Entwicklung und Produktion von Systemen zur Sammlung von Fernsprech- und Telefax-Kommunikation, die aus Thuraya, INMARSAT und GSM spezialisiert. Schöningen sammelt über 400.000 Mitschnitte aus Thuraya-Kommunikationen pro Tag, weitere 14.000 mittels INMARSAT getätigte Kommunikationsvorgänge und 6.000 GSM-Mitschnitte von beiden ### Netzwerk(en). Auch E-Mails werden dort ausgespäht und gesammelt, durchschnittlich 62.000 Stück pro Tag. Die NSA ist Nutznießer dieser Datensammlungen, insbesondere nützlich sind die Thuraya-Mitschnitte aus ### die der BND täglich aktualisiert zur Verfügung stellt.
(S//SI//REL) Die Analysten und Sprachwissenschaftler in Schöningen untersuchen die gesammelten Kommunikationsdaten, transkribieren Sprachmitschnitte und leiten die Rohdaten an ihre vorgesetzten Stellen für weitere Untersuchungen und Berichterstattungen weiter. Zur Ertüchtigung ihrer Datensammlungen und ihrer SIGDEV-Fähigkeiten haben die Ingenieure verschiedenste Systeme entwickelt, um die BND-Fähigkeiten zur Verkettung von Telefonanrufdaten, zur Visualisierung von Stimm- und Telefax-Daten und zur Datenweiterleitung an andere BND-Stellen zu verbessern. Derartige Entwicklungsarbeiten sind für den BND normalerweise unüblich und es war interessant zu sehen und davon zu lernen, wie diese Entwicklungen im Einzelnen funktionieren.
(S//SI//REL) Beim zweiten Besuch von US-Geheimdienst-Analysten von der JSA und aus dem NSA-Hauptquartier kam es zum ersten Austausch von Technik mit dem BND-Stützpunkt Schöningen. Den US-Analysten wurden verschiedene BND-Analyse-Tools vorgestellt, einige darunter, die sich derzeit noch in der Entwicklung befinden. Die beim BND unter Vertrag stehenden Entwickler und Analysten zeigten ein sehr großes Interesse an regelmäßigem Feedback von uns über die Nützlichkeit ihrer Tools und Techniken. Deren Analysetoolsysteme, wie z.B. MIRA4, integrieren eine ganze Reihe von analytischer Funktionen (unter anderem die Visualisierung von Sprache und die Hörbarmachung von Faxnachrichten), in vielem ähnlich den Systemen, die der NSA mit ihrer UIS (User Integrated Services) zur Verfügung stehen. In einigen Details besitzen die BND-Systeme Eigenschaften und Fähigkeiten, die über die der US SIGINT hinausgehen. Unter einer Reihe von interessanten Einzelheiten haben die NSA Analysten festgestellt, dass die BND-Analysten in der Lage sind, nahtlos vom Anaylsesystem VERAS (zur Erfassung von Telefonanrufen) zu anderen, damit assoziierbaren Sprachmitschnitten zu wechseln. Die BND-Außenstelle Schöningen hat außerdem Fähigkeiten zur Geo-Ortung von Mobiltelefon-Benutzern entwickelt. So können die BND-Mitarbeiter zum Beispiel eine beliebige Gegend bzw. eine Fläche auf der Landkarte definieren, wie z.B. ###, um dann jeden Mobiltelefon-Träger zu identifizieren, der sich innerhalb dieses Gebiets auch nur für ein paar Minuten aufhält.
(S//SI//REL) Die Softwareentwickler aus Schöningen demonstrierten außerdem einen Softwareprototyp, der eine Analyse sozialer Netzwerke bzw. der darin erzeugten Metadaten ermöglicht um bestimmte Zielgruppen innerhalb dieser Netzwerke zu entdecken und zu bewerten. Die Software lässt aber noch weitere Analysen des Informationsflusses in sozialen Netzwerken zu. Das Ziel des Systems war (zumindest teilweise) die Überwachung dieser Zielpersonen im Hintergrund entsprechend der von den Geheimdienst-Analysten vorgenommenen Voreinstellungen. Beim Auftreten von Anomalien wird der Analyst dann automatisiert darauf hingwiesen und erhält die Möglichkeit zur Steuerung der weiteren Datensammlung. Die BND-Mitarbeiter behaupteten einigen Erfolg mit dieser Software auf kleinen Gruppen zu haben, von denen man eine Fülle von Daten gesammelt habe.
(S//SI//REL) Schöningen schien Interesse daran zu haben bestimmte Bewegungsmuster in Geodaten charakterisieren und ausmachen zu können um bestimmte Zielpersonen wie z.b. Kuriere (im Zusammenhang mit Terrorismus oder mit etwas anderem) ausfindig machen zu können, um diese Charakterisierung dann anschließend zur SIGDEV-Erfassungs zu verweenden und prediktive, also vohersagende (Trend)Analysen vornehmen zu können. Der BND hatte außerdem nicht nur Interesse an der Selektion von Zielen, die anhand von Bewegungsmustern oder Netzwerkstrukturen vorgenommen werden soll, sondern auch in der Manipulation von Hardware. Sie setzen eine Reihe von Algorithmen (wie z.B. Fuzzy Logik) ein, um diese Muster zu entdecken. Die Anfrage zur Übersendung einer Kopie der MIRA4- und VERAS-Software an die NSA hat der BND positiv beantwortet und stellte seinerseits mehrere Anfragen an die NSA bezüglich der Entwicklung von Analysewerkzeugen und konkreten Daten von Zielen.
(S//SI//REL) Diese erste Reihe von gemeinsamen Treffen repräsentiert eine neue Ebene der Zusammenarbeit zwischen der NSA und seinem deutschen Partner. Wir hoffen, dass dieser Dialog fortgeführt wird und dass er zu einer besseren SIGINT-Fähigkeiten auf beiden Seiten führt.
(U//FOUO) Dieser Artikel ist eine Wiedergabe bzw. ein Auszug aus der September-Ausgabe der US-Außendienst-Nachrichten-Übersicht.


Erläuterungen von Abkürzungen / Glossar


  • ### - Symbol/Platzhalter für im Originaldokument geschwärzte Stellen
  • GSM - Standard für den gängigen digitalen Mobilfunk (Handy-Telefonie)
  • Inmarsat - Satelliten-Telefonie-Anbieter. Besonderheiten: a.) nahezu weltweite Abdeckung b.) Hersteller der neueren Satelliten ist EADS Astrium (Tochter der europäischen Airbus Group)
  • Thuraya - Anbieter von Satelliten-Telefonie und -Kommunikation, deckt Nord- und Mittelafrika, den Nahen Osten, Südasien und Europa ab. Besonderheiten: a.) Thuraya-Handy-Telefone beinhalten/implizieren aus technischen Gründen ein GPS-Ortungssystem b.) T-Systems-Tochter DETECON ist Anteilseigner des Thuraya-Konzerns aus Abu Dhabi c.) Hersteller der Satelliten ist das US-Unternehmen Boeing


Literatur/Texte zum öffentlichen Verlesen


Aus den folgenden Texten haben wir eigens für den Ausflug einen kleinen Material-Reader zusammengestellt und im A5-Format ausgedruckt zur Verfügung gestellt.


Weitere Bezüge/Links



Bilder vom Ausflug



Nachspiel


25.7.2014 - Nachfragen beim BND


In einem Brief fragen wir beim deutschen Auslandsgeheimdienst nach, in welchem Umfang und auf welcher angeblichen Rechtsgrundlage eine Video- oder gar auch Lauschüberwachung der Versammlung vorgenommen worden ist:

Sehr geehrte Damen und Herren,
am Nachmittag des 19. Juli 2014 fand im Rahmen einer ordnungsgemäß bei der Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt angezeigten Demonstration Ausflug zur BND-Außenstelle in Schöningen statt. Augenscheinlich wurden mindestens zwei der Videoüberwachungskameras, in Form von Domkameras, gezielt und permanent auf die friedliche Versammlung ausgerichtet und auch bei örtlichen Veränderungen der Demonstration nachgedreht.
Aus diesem Kontext heraus möchten wir Ihnen folgende Fragen stellen und um deren Beantwortung bitten:
1.) Sind Sie über die Tatsache, dass vor Ihrer Behörde/Außenstelle eine ordnungsgemäß angekündigte Versammlung stattfinden sollte, zuvor informiert worden und wenn ja, wann, durch wen und in welchem Umfang? Was ist die Rechtsgrundlage dieser etwaigen Datenübertragung(en)?
2.) Haben die von uns angesprochenen Überwachungskameras (oder gar noch weitere?) Bilder von der Demonstration, von unserem Ausflug, aufgenommen? Falls ja: Wurden diese Bilder aufgezeichnet und falls auch das der Fall ist: Auf welcher Rechtsgrundlage, in welcher Qualität, mit welcherlei Speichervorschriften wurde aufgezeichnet?
3.) Wurden Erkenntnisse aus diesen Bildern/Aufzeichnungen erlangt? Wenn ja: Welche?
4.) Wurden Mittels Bild- oder Tonaufzeichungen oder -überwachungen Identifizierungen von Versammlungsteilnehmer vorgenommen oder der Versuch einer solchen Identifizierung unternommen?
5.) Wer hat die Videoüberwachungsanlagen während des Stattfindens der Versammlung bedient? Anders gefragt: Waren dieses BND-Mitarbeiter*innen oder Mitarbeiter*innen anderer Behörden und Ämter und wenn ja: welcher?
6.) Gab es eine Übertragung oder Weitergabe von Bildern oder Aufzeichnungen der Videoüberwachung und wenn ja: an wen?
7.) Wurden auf die friedliche Demonstration auch Richtmikrofone gerichtet oder andere Maßnahmen der akustischen Überwachung angestrengt? Falls ja: Auf welcher Rechtsgrundlage, mit welcherlei Speichervorschriften und welche Erkenntnisse wurden daraus gezogen?
8.) Haben Sie im Vorfeld der Versammlung zur Initiative freiheitsfoo Erkundigungen beim Inlandsgeheimdienst oder bei anderen Behörden eingeholt?
9.) Wie begründen Sie die Rechtmäßigkeit der dauerhaften Videoüberwachung einer friedlichen und zuvor ordnungsgemäß angekündigten Versammlung, die sich aus unserer Sicht mit Verweis auf § 12 NVersG und dessen inhaltlichen Hintergrund, als rechtswidrige Maßnahme darstellt?
Zu Ihrer Information: Dieser Brief ist ein offener Brief. Wir möchten auch Ihre Rückmeldung der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen, selbstverständlich ausreichend anonymisiert und inhaltlich ungekürzt. Wir bitten Sie um Beachtung.
Viele gute Grüße


25.7.2014 - Nachfragen beim Landkreis Helmstedt


Mit einem Brief fragen wir beim Landkreis Helmstedt nach, ob wir noch eine Rückmeldung zu unserem Widerspruch erhalten. Wir setzen eine Frist bis zum 6.8.2014, um dann ggf. noch rechtzeitig eine Klage gegen die Versammlungsauflagen einlegen zu können.


6.8.2014 - Rückmeldung vom Landkreis Helmstedt


Der Landkreis Helmstedt schreibt uns zurück:


13.8.2014 - Klage gegen den Landkreis Helmstedt


Wir klagen gegen den Landkreis Helmstedt wegen dessen Auflagenbescheid zum Schöningen-Ausflug.

Alles weitere auf der dazugehörigen Wiki-Seite.


4.10.2014 - Post vom BND


Nach mehr als zwei Monaten Wartezeit erhalten wir die folgende Antwort des BND auf unsere Fragen vom 25.7.2014:

Kurz zusammengefasst:

  • Der BND hat angeblich nicht mittels Polizei oder Versammlungsbehörde von unserer Demo erfahren, sondern durch Überwachung des Internets.
  • Ja, die Versammlung wurde vom BND videoüberwacht und aufgezeichnet, die Bilder aber angeblich weder gespeichert noch verarbeitet.
  • Es gab dahingehend angeblich keine Zusammenarbeit mit der Polizei.
  • Es soll keinen akustischen Lauschangriff auf die Demo gegeben haben.
  • Die Videoüberwachung der Versammlung sei entsprechend §6b BDSG zulässig und verhältnismäßig.


10.10.2014 - Rückfragen an den BND


In einem Brief fragen wir beim deutschen Auslandsgeheimdienst deswegen weiter nach:

Ihr Zeichen: ZYFA-54-75-ZYFA-0184/14
Sehr geehrter Herr xxx,
sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihren Brief vom 1. Oktober 2014 und für Ihre Antworten darin.
Wir haben dazu folgende Rückfragen und würden uns freuen, wenn Sie uns bald darauf Antworten mitteilen könnten:
Sie schreiben, dass Sie von der Versammlung vor Ihrer Außenstelle in Schöningen vom 19. Juli 2014 "aus dem Internet" erfahren haben.
1.) Wie genau sind Sie auf diese Information gestoßen bzw. an sie gelangt?
2.) Auf welcher Rechtsgrundlage beruht die Internetrecherche mit Bezug auf inländische Ereignisse? Eine Befugnisableitung aus §1 Absatz 2 BND-Gesetz in Verbindung mit §2 Absatz 1 Punkt 1 BND-Gesetz können wir nicht erkennen.
Wenn Sie via Internet von unserer Versammlung erfahren haben, dann muss Ihnen klar gewesen sein, dass es sich bei der Versammlung um eine entsprechend des Nds. Versammlungsgesetzes angekündigte Versammlung unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes gehandelt hat.
Eine derartige Versammlung per Videokameras (und in diesem Falle sogar durch Dom-Kameras) zu überwachen und - noch weitergehend - sogar aufzuzeichnen, ist ohne konkrete Begründung mit einer Gefahr für den Schutz Ihrer Liegenschaft unzulässig.
Sie widerspricht alleine schon durch den Verweis auf §2 Absatz 4 BND-Gesetz, der da lautet:
"Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat der Bundesnachrichtendienst diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht."
Als eine die Grundrechte der Versammlungsteilnehmer deutlich weniger beeinträchtigende Maßnahme hätte beispielsweise genügt, ein oder zwei Personen des BND-Liegeschaft-Schutzes in ausreichender Entfernung von der Versammlung zu positionieren. Davon haben Sie allerdings keinen Gebrauch gemacht, sondern auf die invasive Videoüberwachung samt -aufzeichnung gesetzt.
Weiterhin ist Ihr Verweis auf den § 6b BDSG nicht hinreichend. Denn die Versammlung hat sich deutlich außerhalb des Bereiches der Liegenschaft aufgehalten und zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung dieser dargestellt.
Schließlich heisst es sogar im § 6b BDSG in seinem Absatz 1:
"Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig (...) und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen."
Mit Verweis auf die Bedeutung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit haben Sie diese Abwägung aus unserer Sicht nicht getroffen.
Wie schwerwiegend der Eingriff der Videoüberwachung auf diese Grundrechte sein kann, hat das Verwaltungsgericht Göttingen erst in seinem Urteil 1 A 283/12 vom 11.12.2013 klar und deutlich formuliert:
"Mit der Anfertigung von Übersichtsaufzeichnungen waren wegen der damit verbundenen potenziellen Einschüchterungseffekte gewichtige Nachteile für die Versammlungsteilnehmer verbunden. Übersichtsaufzeichnungen sind für die Aufgezeichneten immer ein Grundrechtseingriff, da sie gleichzeitig dazu führen, dass Einzelpersonen individualisierbar werden. Ein prinzipieller Unterschied zwischen Übersichtsaufzeichnungen und personenbezogenen Aufzeichnungen besteht nach dem Stand der Technik nicht. Übersichtsaufzeichnungen begründen daher für Teilnehmer an einer Versammlung das Bewusstsein, dass ihre Teilnahme und die Form ihrer Beiträge unabhängig von einem zu verantwortenden Anlass festgehalten werden können und die so gewonnenen Daten über die konkrete Versammlung hinaus verfügbar bleiben. Das Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung in dieser Weise festgehalten wird, kann Einschüchterungswirkungen haben, die zugleich auf die Grundlagen der demokratischen Auseinandersetzung zurückwirken. Denn wer damit rechnet, dass die Teilnahme an einer Versammlung behördlich registriert wird und dass ihm dadurch persönliche Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf die Ausübung seines Grundrechts verzichten (BVerfG, Entscheidung vom 17.02.2009, a.a.O.). Die Fertigung von Übersichtsaufzeichnungen war daher geeignet, den Kläger in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu beeinträchtigen. Daneben berührte sie sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung."
3.) Wie vertreten Sie die Videoüberwachung und -aufzeichnung der Versammlung vom 19.7.2014 angesichts unserer Vorbringungen und Vorwürfe?
4.) In welchem Umfang entsprechen die Videoüberwachungsanlagen Ihrer Liegenschaft in Schöningen den Anforderungen des §6b Absatz 2 BDSG?
5.) Wann und wo können wir (unter Berufung auf §§ 4e und 4g Absatz 2 BDSG) die zur Videoüberwachung öffentlichen Raums notwendige Dokumentation einsehen? Oder gibt es hierzu einen Link oder Verweis?
6.) Anhand welcher Fakten begründen Sie Ihre Behauptung, dass von unserer o.g. Versammlung die Gefahr "etwaiger Übergriffe auf die Liegenschaft (z.B. Übersteigen des Zauns, Eindringen auf das Liegenschaftsgelände, Sachbeschädigungen)" ausgegangen seien?
Sofern aus Ihrer Sicht formal zur Beantwortung der Fragen notwendig, fassen Sie diesen Brief bitte als Auskunftsersuchen entsprechend § 7 BNDG auf. Der in diesem Fall stellvertretend für die Menschen von freiheitsfoo Schreibende war Teilnehmer der Versammlung vom 19.7.2014 und erwägt die umstrittenen Fragen mit Blick auf künftige Veranstaltungen ggf. vor Gericht klären zu lassen.
Nochmals Danke für Ihre Arbeit mit unseren Fragen und viele gute Grüße,


29.11.2014 - Rückmeldung des BND


Per Briefpost - dieses mal aus Pullach - erhielten wir dieses mal nach rund sieben Wochen folgende Nachricht des deutschen Auslandsgeheimdienstes:

Subjektiv zusammengefasst und bewertet:

  • Der BND habe angeblich nicht im deutschsprachigen Internet recherchiert, sondern dadurch von unserer Demo erfahren, weil Mitarbeiter*innen des BND in ihrer Freizeit beim Stöbern in Internetforen darauf aufmerksam geworden seien. Und verweist auf die Randnummern 308-309 des BVerfG-Urteils zur/gegen die Online-Durchsuchung aus 2008:
 Eine Kenntnisnahme öffentlich zugänglicher Informationen ist dem Staat
 grundsätzlich nicht verwehrt. Dies gilt auch dann, wenn auf diese Weise
 im Einzelfall personenbezogene Informationen erhoben werden können.
 Daher liegt kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor,
 wenn eine staatliche Stelle im Internet verfügbare Kommunikationsinhalte
 erhebt, die sich an jedermann oder zumindest an einen nicht weiter
 abgegrenzten Personenkreis richten. So liegt es etwa, wenn die Behörde
 eine allgemein zugängliche Webseite im World Wide Web aufruft, eine
 jedem Interessierten offen stehende Mailingliste abonniert oder einen
 offenen Chat beobachtet.

 Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann
 allerdings gegeben sein, wenn Informationen, die durch die Sichtung
 allgemein zugänglicher Inhalte gewonnen wurden, gezielt
 zusammengetragen, gespeichert und gegebenenfalls unter Hinzuziehung
 weiterer Daten ausgewertet werden und sich daraus eine besondere
 Gefahrenlage für die Persönlichkeit des Betroffenen ergibt. Hierfür
 bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage.

Inwiefern dieses zur betreffenden Streitfrage einen echten Erkenntnisgewinn beitragen soll, erschließt sich uns allerdings (noch?) nicht.

  • In Sachen der Frage Nr. 3 geht der BND nicht tatsächlich auf den Unterschied zwischen der Frage ein, ob eine Videoüberwachung allgemein betrieben werden darf, und ob es auch im Zuge einer Versammlung nach Artikel 8 Grundgesetz noch zulässig ist, eine friedliche Demonstration mittels Domkameras zu überwachen und die Protestierenden zu tracken.
  • Auch meint der BND, dass die vorhandene Beschilderung dem § 6b BDSG genügen würde und keine ausführlichere Kennzeichnung/Beschriftung vonnöten sei.
  • Weiter meinen die Geheimdienstler, dass die von Ihnen betriebene Videoüberwachung des öffentlichen Raum nicht den Regeln des BDSG genügen müsse (und demnach eine ordnungsgemäße Dokumentation der VÜ vorzulegen sei), dass das BDSG für die BND-Gelände-Videoüberwachung gar nicht gelte.
  • Zur Frage Nr. 6 beteuert der Geheimdienst erst, dass man uns doch gar nicht unterstellt habe, wir wollten "einen Übergriff auf die Liegenschaft" unternehmen ... um dann fortzufahren, dass man, um das aber ausschließen zu können, uns doch erst hätte überwachen müssen. Also hat man so etwas von uns - unsinnigerweise! - also doch erst befürchtet? Wer sich eine eigene Meinung bilden will, der möge sich die Aussage des BND im vorherigen Brief zur dortigen Frage Nr. 2 selber durchlesen.
  • Schließlich vertritt der BND noch die diskutable Auffassung, dass wir uns bei unserer Berufung auf die Grundlage des § 7 BNDG an die "Personenauskunftsstelle" zu wenden hätten ... o_O


Weitere Fotos vom BND Schöningen



26.2.2015 - Schöningen im Fokus des NSA-Untersuchungsausschusses


Am 26.2.2015 war die Arbeit der Geheimdienstler in Schöningen Thema im NSA-Unterschuchungsausschuss des Bundestages.


Mai 2017 - Neue Bilder von der Anlage


Weitere Bilder der Anlage in Schöningen:


Kategorie(n): Aktion Versammlungsfreiheit? Videoueberwachung?

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Zuletzt geändert am 26.05.2017 12:55 Uhr