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Klage-gegen-Demoauflagen-zum-Schoeningen-Ausflug

Worum geht es?


Am 19.7.2014 haben wir einen Ausflug zur BND-Außenstelle nach Schöningen unternommen, der vom Landkreis Helmstedt mit einem Auflagenbescheid mit einigen Beschränkungen versehen wurde.

Weil wir einige davon für überzogen und unzulässig bewerten, hat der Ankündigende des Ausflugs eine Klage dagegen eingereicht.


19.7.2014 - Ausflug zum BND nach Schöningen


Ausführliche Informationen zum BND-Schöningen-Ausflug und dem Vorlauf zu dieser Klage auf der dazugehörigen Wiki-Seite.


13.8.2014 - Klage gegen den Auflagenbescheid zum BND-Ausflug


Die Klage gibt es hier als anonymisierte PDF-Datei.

Oder als Klartext nachfolgend:


Klagetext


Klage


des

xxx ("Kläger")

gegen die

Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt, vertreten durch den Landkreis Helmstedt, Geschäftsbereich Ordnung, Verkehr, Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Südertor 6, 38350 Helmstedt ("Beklagte").

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die am 16.7.2014 in Gestalt eines Bescheides der Beklagten verfügten Beschränkungen

Nr. 2: "Der Versammlungsleiter hat 1 Ordner pro angefangene 50 Personen einzusetzen. Die Ordner sind durch eine weiße Armbinde mit der Aufschrift 'Ordner' kenntlich zu machen. Die Ordner sind dem Polizeikommissariat Schöningen auf deren Aufforderung unter Angabe der persönlichen Daten zu benennen."
Nr. 3: "Der Versammlungsteilnehmer hat die Teilnehmer vor Beginn der Versammlung ausdrücklich über den geplanten Ablauf der Versammlung, die Ge- und Verbote nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz, hier insbesondere § 9 NVersG sowie die Beschränkungen nach dieser Verfügung zu belehren. Auf die Befugnis der Polizei, von dieser Verfügung abweichende oder ergänzende Anordnungen bis hin zur Auflösung der Versammlung zu treffen, ist besonders hinzuweisen. Dabei ist auch über die bußgeld- und strafbewehrten Zuwiderhandlungen nach dem NVersG zu informieren."

rechtswidrig gewesen sind und den Kläger in seinen Rechten aus Artikel 8 des Grundgesetzes i.V.m. dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz (NVersG) verletzten,

2. die Beklagte zu verpflichten, bei zukünftigen gleichgelagerten Versammlungen des Klägers die angegriffenen Beschränkungen nicht wieder zu verfügen,

3. die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.

Der Kläger bittet um Erteilung gerichtlicher Hinweise, insbesondere falls das Gericht weitere tatsächliche oder rechtliche Substanziierung für erforderlich hält (vgl. § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Es wird angeregt nach § 99 VwGO die Akten der Beklagten zu diesem Vorgang beizuziehen.


I. Zulässigkeit


Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben. Es handelt sich beim streitgegenständlichen Erteilen von beschränkenden Verfügungen um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungs-rechtlicher Art und es liegt keine anderweitige spezialgesetzliche Zuweisung zu Sondergerichten vor. Die Beteiligten- und Prozessfähigkeit des Klägers ergibt sich aus den §§ 61, 62 VwGO. Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO liegt vor, da er als Anmelder und Leiter der Versammlung direkter Adressat des belastenden Verwaltungsaktes war. Als statthafte Klageart ist einerseits die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) einschlägig, weil der Verwaltungsakt mittlerweile durch Zeitablauf erledigt ist. Es handelt sich um eine Regelung des Einzelfalls mit unmittelbarer Außenwirkung. Feststellungsinteresse ist gegeben, da einerseits Wiederholungsgefahr (I.1.) besteht sowie andererseits auch ein ideelles Feststellungsinteresse (I.2.) besteht. Andererseits kommt zur Abwehr zukünftiger Rechtsverletzungen die Verpflichtungsklage in Betracht, da der Widerspruch des Klägers inhaltlich unbeantwortet geblieben ist.


I.1. Wiederholungsgefahr


Der Kläger plant weitere, gleichgelagerte Versammlungen in Schöningen durchzuführen. Die Erteilung der streitgegenständlichen beschränkenden Verfügungen könnte also jederzeit wieder eintreten, zumal die Beklagte sich im Widerspruchsbescheid nicht anderweitig geäußert hat. Zur Abwehr von zukünftigen Grundrechtseingriffen ist eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit also notwendig.


I.2. Ideelles Feststellungsinteresse


Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist auch ein ideelles Feststellungsinteresse (BVerwGE 74, 1 Rz. 4) in Betracht zu ziehen. Die auferlegten beschränkenden Verfügungen stellen einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit des Klägers dar, so dass auch hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen ist (vgl. BVerwGE 61, 164; ferner BVerfG, NJW 2005, 1855f.)


II. Begründetheit


II.1. Sachverhalt


Am Samstag, den 19.7.2014 haben einige Menschen der Initiative "freiheitsfoo" einen Picknick-Ausflug zur Außenstelle des deutschen Auslandsgeheimdienstes (Bundesnachrichtendienst BND) nach Schöningen bei Helmstedt unternommen.

Beschreibung der Ausflugs im Wiki von freiheitsfoo:

https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.BND-Schoeningen

Aufgrund der unklaren Situation, ob sich dieser Ausflug aus welchen Gründen auch immer als Versammlung im Sinne des NVersG ausgestalten könnte, habe ich den Ausflug am 9.7.2014 beim Landkreis Helmstedt entsprechend des NVersG vorbehaltlich angekündigt.

Anlage 1: E-Mail vom 9.7.2014 8:15 - xxx an Landkreis Helmstedt - Ankündigung des Ausflugs

Die Bitte der Sachbearbeiterin in der Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt zur Ausfüllung einer "Anmeldung einer Versammlung"

Anlage 2: E-Mail vom 9.7.2014 12:17 - Landkreis Helmstedt an xxx - Bitte um Formularausfüllung "Anmeldung einer Versammlung"

habe ich begründeterweise abgelehnt, u.a. weil Versammlungen in Deutschland entsprechend Artikel 8 GG anmelde- bzw. erlaubnisfrei sind.

Anlage 3: E-Mail vom 9.7.2014 13:34 - xxx an Landkreis Helmstedt - Ablehnung der Anmeldung einer Versammlung

Der mir daraufhin einen Tag später zugesendeten Bitte um weitere Angaben zu unserem Ausflug

Anlage 4: E-Mail vom 10.7.2014 10:16 - Landkreis Helmstedt an xxx - Bitte um weitere Angaben zum Ausflug

bin ich per Mail nachgekommen.

Anlage 5: E-Mail vom 10.7.2014 19:38 - xxx an Landkreis Helmstedt - Weitere Erläuterungen zum Ausflug, wie gewünscht

Der Eingang dieser Nachricht wurde mir vom Landkreis Helmstedt vier Tage später bestätigt:

Anlage 6: E-Mail vom 14.7.2014 10:48 - Landkreis Helmstedt an xxx - Bestätigung der zusätzlich eingegangenen Informationen vom 10.7.2014

Dem gegenüber habe ich mich für einen falsche Angabe meinerseits entschuldigt und nochmals erläutert, dass es unklar ist, ob der Ausflug als Versammlung zu bewerten sein wird oder nicht.

Anlage 7: E-Mail vom 15.7. 8:09 - xxx an Landkreis Helmstedt - Korrektur und erster Widerspruch zur einigen Angaben der Versammlungsbehörde

Da es nach wie vor unklar war, ob sich der Ausflug als Versammlung im Sinne des §2 NVersG handelt - selbst wenn die Versammlungsbehörde dieses meinte selber anders zu bewerten und zu entscheiden dürfen (!), erhielt ich erst zwei Tage vor dem Ausflug und für mich überraschend und unangekündigt der mit dieser Klage nun angegriffene Verfügungsbescheid zu unserem Ausflug.

Anlage 8: E-Mail vom 17.7.2014 10:45 - Landkreis Helmstedt an xxx - Auflagenbescheid zum Ausflug am 19.7.2014

Die per E-Mail zugesendete Verfügung habe ich am späteren Donnerstag Nachmittag (am 17.7.2014) abgerufen bzw. heruntergeladen und erstmalig durchgelesen.

Dieser Bescheid wurde mir später außerdem noch per Post zugesendet, erreichte mich in der schriftlichen Form faktisch aber erst nach dem bereits durchgeführten Ausflug.

Nach kurzfristiger gemeinsamer Überlegung innerhalb der Initiative freiheitsfoo (via Mailingliste) haben wir beschlossen, die Rechtmäßigkeit des Auflagenbescheids nicht mit Eilverfahren vor Gericht zu klären. Dazu fehlten uns sowohl die Zeit als auch die organisatorischen Kapazitäten. Weiterhin waren wir der Meinung, dass der Ausflug aufgrund seiner geringen Größe (angekündigt waren zwei bis fünf Versammlungsteilnehmer!) sehr unproblematisch verlaufen würde.

Dass der Bescheid aber einige aus unserer (uns = die Gemeinschaft der Initiative freiheitsfoo) Sicht mit GG und NVersG unvereinbare Auflagen enthielt, haben wir der Versammlungsbehörde nichtsdestotrotz mitgeteilt und dieser einen Widerspruch zugesendet.

Anlage 9: E-Mail vom 18.7.2014 14:57 - xxx an Landkreis Helmstedt - Widerspruch zum Auflagenbescheid

Auf die Inhalte dieses Widerspruchs ist der Landkreis Helmstedt bis zum heutigen Tag nicht eingegangen.

Wegen des Nichtreagierens haben wir am 25.7.2014 mit einen Brief an die Versammlungsbehörde geschrieben und um Rückmeldung zu unserem Widerspruch bis zum 6.8.2014 gebeten.

Anlage 10: Brief vom 25.7.2014 - freiheitsfoo c/o xxx an Landkreis Helmstedt - Bitte um Stellungnahme

Daraufhin erhielt ich am 6.8.2014 ein Schreiben des Landkreises Helmstedt, das inhaltlich jedoch keine Stellung bezog.

Anlage 11: Brief vom 30.7.2014 (postgestempelt am 4.8.2014, eingegangen am 6.8.2014) - Landkreis Helmstedt an xxx - Rückmeldung

Das bewog uns und mich nun zu dieser Klage.

In der folgenden Klagebegründung verweise ich u.a. auf den Kommentar zum NVersG von Christian Wefelmeier und Dennis Miller (Kommunal- und Schul-Verlag GmbH&Co. KG, Wiesbaden, 1. Auflage 2012). Beide Autoren sind in besonderer Weise am Zustandekommen des NVersG beteiligt gewesen. Als Mitglieder des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes im Niedersächsischen Landtag (GBD) haben Sie das derzeit in Niedersachsen geltende Versammlungsgesetz erarbeitet - ja, man könnte fast sagen - verfasst, nachdem die vorigen von der damaligen CDU-FDP-Landesregierung vorgeschlagenen Entwürfe in vielfacher Hinsicht verfassungswidrige Teile enthielten:

http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Ortsgruppen/Hannover/Niedersaechsisches_Versammlungsgesetz#Chronologisch:_Vorg.C3.A4nge.2C_Aktionen.2C_Materialien


II.2. Klagebegründung


II.2.a.) Zum Punkt 2 der Verfügung zum Schöningen-Ausflug am 19.7.2014


Im Auflagenbescheid vom 16.7.2014 heißt es:

"2. Der Versammlungsleiter hat 1 Ordner pro angefangene 50 Personen einzusetzen. Die Ordner sind durch eine weiße Armbinde mit der Aufschrift 'Ordner' kenntlich zu machen. Die Ordner sind dem Polizeikommissariat Schöningen auf deren Aufforderung unter Angabe der persönlichen Daten zu benennen."

Dazu hatten wir (wir = die Initiative freiheitsfoo) bereits in unserem Widerspruch vom 18.7.2014 geschrieben:

"Zu Punkt 2 Ihrer Verfügung: Der Einsatz eines Ordners bei derzeit erwarteten 3-5 Teilnehmern ist übertrieben bürokratisch. Nach § 5 (3) NVersG ist der Einsatz von Ordnern (geschweige denn von der Preisgabe derer persönlichen Daten) nur "zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich". Unser Ausflug stellt aber keine solche Gefahr dar und Sie führen in Ihrer Verfügung auch nichts Konkretes dazu an. Wir werden uns bei unserem Ausflug wie normale Spaziergänger verhalten, stellen damit also auch für den Straßenverkehr oder für Anwohner keine Gefahr dar. Aus diesen Gründen werde ich diesen Punkt Ihrer Verfügung nicht akzeptieren. Sollten wider jeder Erwartung mehr als 50 Personen an unserem Ausflug teilnehmen, können wir die Fragen zur Einsetzung von Ordnern vor Ort gerne besprechen. Dann wäre ich für die Ordnerfrage aufgeschlossen, nicht jedoch unbedingt zur Weiter- oder Abgabe derer persönlichen Daten (vgl. Urteil VGH Baden-Württemberg 1 S 2901/10). Doch lassen Sie uns doch erst einmal sehen, was am Samstag tatsächlich wird ..."

Tatsächlich wurde der Ausflug am 19.7.2014 von sechs Teilnehmern (und zusätzlich mindestens zwei "Staatsschützern") begleitet und vom Polizeikommissariat Schöningen hat sich uns niemand zu erkennen gegeben.

Weil weitere Ausflüge nach Schöningen angedacht sind, besteht an der Klärung der Rechtmäßigkeit dieses Auflagenpunktes ein Feststellungsinteresse. Er beruht auf §5 Absatz 3 NVersG:

"Die zuständige Behörde kann von der Leiterin oder dem Leiter die Angabe
1. des geplanten Ablaufs der Versammlung,
2. der zur Durchführung der Versammlung voraussichtlich mitgeführten Gegenstände, insbesondere technischen Hilfsmittel, und
3. der Anzahl und der persönlichen Daten von Ordnerinnen und Ordnern

verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. Die Leiterin oder der Leiter hat der zuständigen Behörde Änderungen der nach Satz 1 anzugebenden Umstände unverzüglich mitzuteilen."

Es handelt sich dabei um über die in Absatz 2 des gleichen Paragraphen hinausgehende Daten zur Anzeige einer Versammlung.

Wefelmeier/Miller schreiben dazu auf Seite 59 bzw. Randnummer 20 zum § 5 NVersG:

"Die Regelung des Absatzes 3 ist im Gesetzgebungsverfahren eingefügt worden und greift die wegen verfassungsrechtlichen Bedenken gestrichenen Mitteilungspflichten hinsichtlich des Versammlungsablaufs (Satz 1 Nr. 1), der mitgeführten Hilfsmittel (Satz 1 Nr.2) und der Ordner (Satz 1 Nr. 3) auf. Diese Mitteilungspflichten gelten nicht allgemein, sondern können nur im Einzelfall durch Verwaltungsakt begründet werden (behördliches Auskunftsverlangen), allerdings nur unter der Voraussetzung einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ist nicht ausreichend (LT-Drs. 16/2913 S.6)."

Oder wie Wefelmeier/Miller mit Bezug auf § 7 NVersG auf Seite 76 bzw. in Randnummer 19 schreiben:

"Der Versammlungsleiter hat nach Absatz 2 (...) das Recht, aber nicht die Pflicht, Ordner einzusetzen ("kann"). (...)"

Deswegen beklage ich:

Der im Auflagenbescheid pauschal verlangte Einsatz von Ordnern sowie die unbegründete Aufforderung zur Weitergabe von persönlichen Daten der eingesetzten Ordner auf Verlangen sind unzulässig. Der Auflagenbescheid ist diesbezüglich als rechtswidrig zu verurteilen.


II.2.b.) Zum Punkt 3 der Verfügung zum Schöningen-Ausflug am 19.7.2014


Im Auflagenbescheid vom 16.7.2014 heißt es:

"3. Der Versammlungsteilnehmer hat die Teilnehmer vor Beginn der Versammlung ausdrücklich über den geplanten Ablauf der Versammlung, die Ge- und Verbote nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz, hier insbesondere § 9 NVersG sowie die Beschränkungen nach dieser Verfügung zu belehren. Auf die Befugnis der Polizei, von dieser Verfügung abweichende oder ergänzende Anordnungen bis hin zur Auflösung der Versammlung zu treffen, ist besonders hinzuweisen. Dabei ist auch über die bußgeld- und strafbewehrten Zuwiderhandlungen nach dem NVersG zu informieren."

In der Begründung zu diesem Punkt schreibt die Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt u.a. weiter:

"Der Ablauf und die Gestaltung der Versammlung entsprechend Ihrer Anzeige unter Beachtung des Inhalts dieser Verfügung soll einen ausreichenden Schutz der widerstreitenden Interessen gewährleisten. Ein Abweichen kann den Tatbestand einer sanktionsfähigen Zuwiderhandlung erfüllen. Da die Teilnehmer an der Versammlung in aller Regel die Details nicht kennen, obliegt es dem Versammlungsleiter alle Teilnehmer rechtzeitig in geeigneter Weise vom Programmablauf und über ihre Pflichten und deren möglichen Folgen im Falle der Missachtung in Kenntnis zu setzen. Auf diese Weise können ein geordneter Ablauf der Versammlung sichergestellt, höherwertige Interessen geschützt und unzumutbare Beeinträchtigungen Dritter vermieden werden."

Dazu hatten wir (wir = die Initiative freiheitsfoo) bereits in unserem Widerspruch vom 18.7.2014 geschrieben:

"Zu Punkt 3 Ihrer Verfügung: Dieser ist in dieser Form samt Begründung in seiner Gesamtheit unhaltbar. Ich werde gerne - wie üblich - über etwaige Verfügungen (mit Ausnahmen der von mir hier begründeten Punkte) informieren. Allerdings werde ich Ihren Ausführungen insofern nicht nachkommen, was eine "Belehrung der Versammlungsteilnehmer über die Ge- und Verbote nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz" betrifft. Eine Demonstration ist kein Gesetz-Workshop und sofern Sie der Meinung sind, ich wäre als Versammlungsleiter für solch eine umfassende Aufklärung zuständig oder verantwortlich, liegen Sie meines Erachtens nach falsch und haben Wesen und Bedeutung einer freien und friedlichen Versammlung im Sinne des Grundgesetzes und des bundesverfassungsgerichtlichen Brokdorf-Beschlusses nicht erkannt."

Eine wie im Auflagenbescheid umfangreiche "Belehrung" der Versammlungsteilnehmer kann einen einschüchternden Effekt haben, der deren Wahrnehmung ihrer Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG beeinträchtigen kann. Insbesondere ist diese pauschale "Belehrungspflicht" in diesem Einzelfall unbegründet, unangemessen und völlig unverhältnismäßig. Vor allem aber greift sie in das Selbstbestimmungsrecht der Versammlung unverhältnismäßig stark ein.

Dazu kann ich nur wiederholen:

Eine Demonstration ist kein Gesetz-Workshop! Sie ist auch keine Veranstaltung, die durch eine anfängliche umfangreiche "Belehrung" von Demonstrierenden beginnen muss!

Das NVersG, insbesondere dessen § 8 bietet keine Grundlage für die in der Verfügung des Landkreises Helmstedt beschiedene grundsätzliche "Belehrungspflicht" derartigen Umfangs, wonach ich als Versammlungsleiter die Teilnehmer einer Demonstration über "die Ge- und Verbote nach dem NVersG (...) zu belehren" oder "über die bußgeld- und strafbewehren Zuwiderhandlungen nach dem NVersG zu informieren" hätte.

Deswegen beklage ich:

Die im Auflagenbescheid dem Versammlungsleiter pauschal auferlegte Pflicht zur umfangreiche Belehrung der Versammlungsteilnehmer über Ge- und Verbote, Straf- und Bußgeldvorschriften des NVersG bzw. über die Gesamtheit des NVersG ist unverhältnismäßig und unzulässig. Der Auflagenbescheid ist diesbezüglich als rechtswidrig zu verurteilen.


II.2.c.) Fehlende Grundlage zur Verfügung zum Schöningen-Ausflug am 19.7.2014


Schließlich stelle ich die Grundlage des Auflagenbescheid vom 16.7.2014 allgemein in Frage. Darin heißt es:

"Zur Abwehr unmittelbarer Gefahren für die öffentliche Sicherheit ergehen nach Abwägung widerstreitender Interessen folgende Beschränkungen:"

Und an späterer Stelle in der Begründung:

"Die Versammlung kann zur Abwehr unmittelbarer Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gemäß § 8 Abs. 1 des Nds. Versammlungsgesetzes (NVersG) vom 07.10.2010 (Nds. GVBl. S. 465, 532) in der zur Zeit gültigen Fassung in dem zur Umsetzung der Versammlungsfreiheit erforderlichen Maße beschränkt werden. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst die Individualrechtsgüter Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung und die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Zur öffentlichen Sicherheit gehören auch die Sicherheit und die Leichtigkeit des Straßenverkehrs."

Es bestand im Zusammenhang mit unserem Ausflug zu keinster Zeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Eine Konkretisierung dieses Vorwurfs - denn also solchen muss ich und müssen die Teilnehmer des Ausflugs diese Behauptung empfinden - gibt es seitens der Versammlungsbehörde nicht. Nicht in dem Auflagenbescheid und auch nicht in sonst irgendeiner Mitteilung der Behörde an mich oder an uns.

Noch nicht einmal die Gefährdung der öffentlichen Ordnung kann uns als Versammlung vorgeworfen werden. Der Verweis, dass auch die Sicherheit und die "Leichtigkeit des Straßenverkehrs" darunter verstanden werden darf, geht völlig ins Leere, da ich bereits mit der ersten Nachricht an die Versammlungsbehörde (Anlage 1) geschrieben hatte:

"Angesichts der vermutlich nur wenigen Teilnehmer sind m.E. keine Ordner*innen nötig, auch werden wir uns auf Straßen und öffentlichen Flächen wie normale Spaziergänger bzw. Verkehrsteilnehmer bewegen. Eine polizeiliche Begleitung oder gar Absperrung ist insofern also unnötig."


II.2.d.) Zweifel an der ausreichenden Rechtzeitigkeit des Verfügungsbescheids


Den Ausflug nach Schöningen habe ich zehn Tage vor seinem Stattfinden angekündigt, auf alle darauf folgenden Nachfragen stets kurzfristig reagiert und geantwortet.

In der Tatsache, dass die Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt dennoch erst zwei Tage vor dem Ausflugstermin (einem Samstag!) und ohne vorherige Ankündigung einen Auflagenbescheid mit Versammlungsbeschränkungen versendet (der schriftliche Eingang der Beschränkungen fand sogar erst nach der Versammlung statt), dass die Versammlungsbehörde einen darauf reagierenden Widerspruch völlig unbeantwortet lässt und dass durch das alles für mich und für uns als Gruppe faktisch keine Möglichkeit bestand, rechtzeitig und in angemessener Ordentlichkeit die Verfügungen gerichtlich überprüfen zu lassen bzw. diese anzufechten, in alledem sehe ich eine Verletzung des § 6 NVersG (Zusammenarbeit) und eine missbräuchliche bzw. die Versammlungsfreiheit unnötigerweise beeinträchtigende Anwendung des § 8 NVersG (Beschränkung, Verbot, Auflösung).

Wefelmeier/Miller schreiben auf Seite 80 ihres Buches in der Randnummer 2 zum § 8 NVersG:

"Im Hinblick auf die in der Praxis auftretenden zeitlichen Schwierigkeiten des Anmelders oder Versammlungsleiters, gegen beschränkende Verfügungen und Verbote um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen zu können, ist im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden, nach dem Vorbild des Art. 15 Abs. 3 BayVersG eine Regelung zu schaffen, die die Versammlungsbehörde verpflichtet, beschränkende Maßnahmen "rechtzeitig" vor Versammlungsbeginn zu treffen (vgl. dazu Wächtler/Heinhold/Merk, Art. 15 Rn. 64 f.; ähnlich auch § 13 Abs. 4 ME VersG). Im Ergebnis wurde eine solche Regelung aber unter Hinweis auf die nach § 1 NVwVfG i.V.m. § 10 Satz 2 VwVfG ohnehin bestehende Pflicht, das Verwaltungsverfahren zügig durchzuführen, für entbehrlich erachtet, zumal das Kooperationsgebot nach $ 6 NVersG sicherstelle, dass der Leiter über versammlungsrechtliche Einschätzungen und deshalb erwogene Beschränkungsmaßnahmen von der Versammlungsbehörde frühzeitig unterrichtet werde (vgl. näher LT-Drs. 16/2913 S. 9). Dies muss angesichts der bisherigen behördlichen Praxis, Verbote und beschränkende Verfügungen erst in unmittelbarer Nähe zur Versammlung auszusprechen, allerdings bezweifelt werden (vgl. auch AK-VersR, § 13 Erl. III.4)."

Angesichts all dessen bitte ich das Gericht um Prüfung des Sachverhalts und darum, der Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt eine Rüge für diese erst so unnötig spät erteilten Beschränkungsmaßnahmen zu erteilen und aufzutragen, diese Verzögerungen zukünftig zu unterlassen, sofern nicht gewichtige Gründe für ein solches Verhalten sprechen.


Soweit meine Vortragungen zur Begründung meiner Klage.

In Sachen dieser Klage vertrete ich mich selber vor Gericht. Bitte teilen Sie mir mit, falls ich mit dieser Klageschrift in irgendeiner Art den gängigen Vorschriften oder Bedingungen nicht Genüge getan haben sollte. Ich möchte nicht, dass dieses Verfahren an formalen Fehlern meinerseits scheitert.

Dieses Schreiben samt aller Anlagen übersende ich in 3facher Ausfertigung.


Anlagen


Anlage 1: E-Mail vom 9.7.2014 8:15 - xxx an Landkreis Helmstedt - Ankündigung des Ausflugs


Betreff: Versammlungsankündigung

Datum: Wed, 09 Jul 2014 08:15:36 +0200

Von: xxx <xxx>

An: kreisverwaltung@landkreis-helmstedt.de

xxx xxx xxx xxx

An den

Landkreis Helmstedt

in seiner Funktion als Versammlungsbehörde

Südertor 6

38350 Helmstedt

Per E-Mail:

kreisverwaltung@landkreis-helmstedt.de

Ankündigung eines Ausflugs zur BND-Außenstelle in 38364 Schöningen

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit kündige ich Ihnen einen Ausflug der Initiative freiheitsfoo am Samstag, den 19.7.2014 mit (geschätzten) 2-5 Menschen zur BND-Außenstelle nach Schöningen an. Wir wollen bei gutem Wetter ab ca. 14 Uhr zunächst auf dem Markt in Schöningen durch das Zitieren von amtlichen Dokumenten und von Texten auf die Bedeutung der BND-Außenstelle nahe Schöningen hinweisen, danach zu Fuß oder mit dem Auto zu dieser selber hingehen/-fahren (Elmautostraße/Richard-Schirrmann-Straße) und dort das Gelände von außen erkunden, auch dort Texte zitieren und ggf. ein kleines Picknick abhalten.

Für den Fall, dass Sie unseren Ausflug als Versammlung im Sinne des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes bewerten sollten, kündige ich Ihnen unseren Ausflug hiermit also ordnungsgemäß an. Ich wäre dann sowohl Versammlungsankündigender und -leiter. Ob wir evtl. Protestschilder, Transparente oder sogar ein Megaphon mit uns haben werden, ist noch nicht klar (in dem Fall wäre es auf jeden Fall eine "Versammlung" im Sinne des Gesetzes). Angesichts der vermutlich nur wenigen Teilnehmer sind m.E. keine Ordner*innen nötig, auch werden wir uns auf Straßen und öffentlichen Flächen wie normale Spaziergänger bzw. Verkehrsteilnehmer bewegen. Eine polizeiliche Begleitung oder gar Absperrung ist insofern also unnötig.

Bei Rückfragen bin ich gerne für Sie da.

Viele gute Grüße,

xxx


Anlage 2: E-Mail vom 9.7.2014 12:17 - Landkreis Helmstedt an xxx - Bitte um Formularausfüllung "Anmeldung einer Versammlung"


Betreff: Versammlung

Datum: Wed, 9 Jul 2014 12:17:37 +0200

Von: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

An: <xxx>

Sehr geehrter xxx,

ich bitte das anliegende Formular zur Anmeldung einer Versammlung ausgefüllt an mich zurückzusenden.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrage

xxx


Anlage 3: E-Mail vom 9.7.2014 13:34 - xxx an Landkreis Helmstedt - Ablehnung der Anmeldung einer Versammlung


Betreff: Re: Versammlung

Datum: Wed, 09 Jul 2014 13:34:03 +0200

Von: xxx <xxx>

An: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

Hallo Frau xxx,

alle notwendigen Angaben habe ich Ihznen doch bereits gemacht! Bitte teilen Sie mir kurz mit, welche Informationen Ihnen noch fehlen - es kann ja sein, dass ich tatsächlich etwas übersehen habe - dann reiche ich die gerne nach.

Im Übrigen muss in Deutschland keine friedliche Versammlung entsprechend Art. 8 GG "angemeldet", sondern lediglich "angezeigt" bzw. angekündigt werden. Das mag kleinlich klingen, ist mir allerdings sehr wichtig.

Viele gute Grüße,

xxx, Hannover.


Anlage 4: E-Mail vom 10.7.2014 10:16 - Landkreis Helmstedt an xxx - Bitte um weitere Angaben zum Ausflug


Betreff: AW: Versammlung

Datum: Thu, 10 Jul 2014 10:16:27 +0200

Von: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

An: xxx <xxx>

Sehr geehrter xxx,

anliegendes Schreiben übersende ich mit der Bitte um Beantwortung.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrage

xxx


Anlage 5: E-Mail vom 10.7.2014 19:38 - xxx an Landkreis Helmstedt - Weitere Erläuterungen zum Ausflug, wie gewünscht


Betreff: Re: Versammlung

Datum: Thu, 10 Jul 2014 19:38:23 +0200

Von: xxx <xxx>

An: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

Hallo Frau xxx,

hier die von Ihnen gewünschten Informationen:

a.) Ob es sich um eine Versammlung im Sinne des NVersG handelt oder nicht, hängt letztlich von der konkreten Ausgestaltung unseres Ausflugs ab, die noch recht offen ist. Das hatte ich schon in meiner ersten Mail geschrieben und das gilt ja auch für alles folgende bzw. für den gesamten Vorgang hier. Ansonsten lautet das Thema: "Ausflug zur BND-Außenstelle nach Schöningen".

b.) Das Ende der Versammlung kann ich Ihnen nicht angeben, weil es nicht fest steht bzw. absehbar ist. Abhängig von Wetter und Situation bzw. Laune der Teilnehmer schätze ich, dass wir zwischen 13 und 19 Uhr zurückfahren werden.

c.) Wie schon geschrieben, steht noch nicht fest, ob Transparente, Schilder oder sonstwas mitgenommen werden. Wenn ich diese Frage vorsorglich so weitgefasst wie möglich beantworten soll, dann würde ich sagen: Protestschilder, Transparente, Feldstecher, Aluhüte, evtl. Snowden-, GuyFawkes- oder andere zum Thema passende Maskierungen, Papiertüten für den Kopf, ein Megaphon.

d.) Sofern ich am 19.7. überhaupt ein Mobiltelefon bei mir trage, wird es unter der Rufnummer xxx erreichbar sein. Aber wie geschrieben: Garantieren kann ich das nicht. Falls unser Ausflug zur Versammlung wird, werde ich mich aber gerne etwaig anwesenden Polizeiangehörigen zu Erkennen geben und dann können wir die Vorgehensweise vor Ort gemeinsam besprechen.

Bei weiteren Fragen bitte einfach melden.

Viele gute Grüße,

xxx, Hannover.


Anlage 6: E-Mail vom 14.7.2014 10:48 - Landkreis Helmstedt an xxx - Bestätigung der zusätzlich eingegangenen Informationen vom 10.7.2014


Betreff: Anzeige einer Versammlung

Datum: Mon, 14 Jul 2014 10:48:33 +0200

Von: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

An: xxx <xxx>

Sehr geehrter xxx,

anliegendes Schreiben übersende ich m.d.B. um Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrage

xxx


Anlage 7: E-Mail vom 15.7. 8:09 - xxx an Landkreis Helmstedt - Korrektur und erster Widerspruch zur einigen Angaben der Versammlungsbehörde


Betreff: Re: Anzeige einer Versammlung

Datum: Tue, 15 Jul 2014 08:09:53 +0200

Von: xxx <xxx>

An: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

Kopie (CC): info@freiheitsfoo.de <info@freiheitsfoo.de>

Hallo Frau xxx,

danke für Ihre Nachricht!

Nur noch ein paar - vermutlich nicht so wichtige - Ergänzungen:

a.) Ich habe mich mit den vermutlichen Uhrzeiten zum Ende unseres Ausflugs (ob es eine Versammlung sein wird oder nicht, wird sich erst vor Ort zeigen!) vertan und Unsinn geschrieben - Entschuldigung! Ich wollte schreiben, dass ich mit einem voraussichtlichen Ende unseres Ausflugs je nach äußeren und inneren Umständen zwischen 15 und 19 Uhr rechne.

b.) Es handelt sich um eine optionale Mitführung von Gegenständen und nicht um eine jetzt schon absehbar tatsächliche. Das hatte ich im letzten Schreiben bereits beschrieben.

c.) Bei Ihrem Schreiben ist zu meiner Mobilfunknummer ein kleiner Zahlendreher aufgetaucht: die Vorwahl lautet "01577" und nicht "05177".

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,

xxx, Hannover


Anlage 8: E-Mail vom 17.7.2014 10:45 - Landkreis Helmstedt an xxx - Auflagenbescheid zum Ausflug am 19.7.2014


Betreff: Versammlung 19. 07.2014

Datum: Thu, 17 Jul 2014 10:45:30 +0200

Von: xxx <xxx@landkreis-helmstedt.de>

An: xxx <xxx>

Sehr geehrter xxx,

anliegende Verfügung übersende ich mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Die Verfügung sende ich Ihnen aus formellen Gründen auch auf dem Postweg zu.

Die Stadt Schöningen und das Polizeikommissariat Helmstedt haben einen Abdruck der Verfügung erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrage

xxx

https://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/schoeningen-ausflug-verfuegung.jpg


Anlage 9: E-Mail vom 18.7.2014 14:57 - xxx an Landkreis Helmstedt - Widerspruch zum Auflagenbescheid


Betreff: Re: Versammlung 19. 07.2014

Datum: Fri, 18 Jul 2014 14:57:47 +0200

Von: xxx <xxx>

An: xxx <xxx n@landkreis-helmstedt.de>, xxx@landkreis-helmstedt.de

Kopie (CC): info@freiheitsfoo.de <info@freiheitsfoo.de>

Sehr geehrte Frau xxx,

sehr geehrte Frau xxx,

im Anhang finden Sie meinen und unseren Widerspruch zu Ihrem gestrigen Schreiben. Bitte beachten Sie insbesondere unsere Hinweise zur Verwirklichung der Staatsferne bei Demonstrationen.

Trotz aller inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten bin ich der festen Überzeugung, dass unser morgiger Ausflug reibungslos und unspektakulär verlaufen wird.

Viele gute Grüße,

xxx

https://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/20140718Widerspruch-an-Landkreis-Helmstedt-anon.pdf


Anlage 10: Brief vom 25.7.2014 - freiheitsfoo c/o xxx an Landkreis Helmstedt - Bitte um Stellungnahme


https://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/20140725Widerspruch-Landkreis-Helmstedt-Nachfrage-anon.pdf


Anlage 11: Brief vom 30.7.2014 (postgestempelt am 4.8.2014, eingegangen am 6.8.2014) - Landkreis Helmstedt an xxx - Rückmeldung


https://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/20140806post-vom-lk-helmstedt-demo-schoeningen-anon.jpg


2.9.2014 - Klageerwiderung des Landkreises Helmstedt


Wir erhalten vom VG Braunschweig die Klageerwiderung des Landkreises Helmstedt:


21.9.2014 - Erwiderung zur Klageerwiderung

Sehr geehrte Frau H.,
sehr geehrte Damen und Herren,

zu der Erwiderung des Beklagten in der Verwaltungsrechtssache xxx ./. Landkreis Helmstedt möchte ich (auch in Stellvertretung für die Menschen der Initiative "freiheitsfoo") wie folgt Stellung nehmen:

a.)

Ich verbleibe bei meiner Klage gegen den Landkreis Helmstedt in den in meiner Klageschrift aufgeführten Punkten. Eine Wiederholung der Klagebegründung ist insofern nicht notwendig.

Darüber hinausgehend und auf die Klageerwiderung des Landkreises Helmstedt vom 26.8.2014 beziehend:

b.)

Die vom Beklagten als Begründung für einige Auflagen angeführte "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung", die von diesem im Vorfeld gesehen und mit der einige der Beschränkungen begründet wurden, bestand angeblich aus der Tatsache der "Mitnahme von Protestschildern, Transparenten und zum Thema passender Maskierungen", sowie in der "Verwendung eines Megaphons".

Diese Begründung ist unhaltbar und unverhältnismäßig. Sie könnte bei gleichartiger Anwendung auf zahlreiche Demonstrationen allgemein und pauschal ausgedehnt und angewendet werden. Protestschilder, themenbezogene Maskierungen und ein Megaphon sind geeignet oder hinreichend, eine "einfache" oder "konkrete Gefahr" zu begründen.

Berücksichtigt werden muss in diesem Zusammenhang zudem die in diesem Fall angekündigte Anzahl von Demonstrationsteilnehmern von 2 bis 5 Menschen.

Eine konkrete Gefahr, die die Beschränkungen hinreichend begründen würden, hat der Landkreis Helmstedt nicht genannt.

c.)

Völlig ungewürdigt lässt es der Landkreis Helmstedt in seiner Erwiderung, dass die Auflage, wonach die Übermittlung/Preisgabe der persönlichen Daten des/der/der Ordners/Ordnerin/Ordner*innen an die Versammlungsbehörde zu erfolgen habe, eine stark einschüchternde Wirkung ausüben kann und insofern die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit schwerwiegend beeinträchtigen kann.

d.)

Die unter Ziffer 3 des Auflagenbescheids dem Versammlungsleiter vorgeschriebene Belehrung findet - anders, als in der Klageerwiderung behauptet - keine rechtliche Grundlage in § 8 Absatz 1 NVersG, geht diese Auflage in ihrer Formulierung doch deutlich darüber hinaus, siehe Klagebegründung.

Offenbar wird in der Klageerwiderung versucht, die Bedeutung der Formulierung der Ziffer 3 des Auflagenbescheides nun "niedriger zu hängen". Verlangt wurde von mir, dem Versammlungsleiter, ganz pauschal über "die Ge- und Verbote" nach dem NVersG aufzuklären. In der Klageerwiderung zieht sich der Landkreis nun formal darauf zurück, ich hätte auf das Vermummungsverbot hinweisen müssen, was nur einen Teil davon abdeckt, was wirklich zur Auflage gemacht worden ist, siehe auch hier meine Klagebegründung.

Und auch der letzte Satz dieser Ziffer 3

"Dabei ist auch über die bußgeld- und strafbewehrten Zuwiderhandlungen nach dem NVersG zu informieren."

wird in der Klageerwiderung überhaupt nicht mehr angesprochen, lässt aber eine Versammlung wie die hier behandelte in unnötiger Weise zu einem bürokratischen Akt werden, der die Wahrnehmung und Belebung der Versammlungsfreiheit unnötig beschränkt bzw. beschneidet.

Man möge sich die Szene vorstellen, in der ich - mit insgesamt fünf oder sechs Menschen auf dem Marktplatz in Schöningen stehend - eine solch umfangreiche Rechtsbelehrung abhalte. Aus meiner Sicht ist das absurd.

e.)

Die Klageerwiderung geht nicht auf die in der Klagebegründung unter II.2.c aufgeführte grundsätzliche Infragestellung der allgemeinen Grundlage des Auflagenbescheids ein.

Aus meiner Sicht gab es keinerlei "unmittelbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit", mit denen die Beschränkungen begründet worden sind.

f.)

Ebenfalls geht die Klageerwiderung mit keinem Wort auf die in der Klageschrift unter II.2.d beschriebene Verschleppung der Anfertigung bzw. Mitteilung des Auflagenbescheids ein. Die Ankündigung/Anzeige des Ausflugs habe ich zehn Tage vor Durchführung vorgenommen. Der Auflagenbescheid erfolgte allerdings erst zwei Tage vor dem Ausflugs-Samstag.

Warum konnte dieser nicht früher erstellt werden?

Der Effekt dieser Verschleppung ist (wie in vielen anderen Fällen auch), dass eine gerichtliche Überprüfung des Auflagenbescheids allermeistens nicht mehr rechtzeitig stattfinden kann, weil die Demonstrationsanmelder dann nicht mehr genügend Zeit und/oder andere organisatorische Ressourcen haben, um eine*n Rechtsanwalt/Rechtsanwältin hinzuzuziehen und eine Eilentscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts durchzuführen.

Wenn gute Gründe seitens der Versammlungsbehörde für diese Verzögerung der Auflagenbescheid-Erstellung und -Mitteilung vorliegen, so wäre das hinnehmbar. Der Landkreis Helmstedt äußert sich hierzu jedoch gar nicht und ich bin der Meinung, dass es auch im Interesse des Gerichts sein könnte, diesen Punkt zu klären und ggf. eine Rüge an den Landkreis auszusprechen, um gleichartige Verschleppungen für die Zukunft möglichst zu verhindern.

g.)

Gegen eine Übertragung dieser Klage auf eine*n Einzelrichter*in habe ich nach Rücksprache mit den anderen Menschen von freiheitsfoo nichts.

Auf eine mündliche Verhandlung möchten wir nicht verzichten, falls das Gericht unsere Auffassung teilt, dass diese zur Klärung etwaiger Details oder für eine bessere Veranschaulichung des Sachverhalts hilfreich sein könnte.

Mit vielen guten Grüßen,


17.6.2015 - Einladung zur mündlichen Verhandlung


Das Verwaltungsgericht Braunschweig lädt zur mündlichen Verhandlung am 15.7.2015 um 12 Uhr nach Braunschweig ein:


13.7.2015 - Mündliche Absage der Gerichtsverhandlung am 15.7.2015


Telefonisch informierte das Verwaltungsgericht den Kläger am Montag vormittag darüber, dass das Gerichtsverfahren am Mittwoch ausfallen würde.

Grund: Der Landkreis Helmstedt hat eingelenkt und eine Erklärung abgegeben, dass er die Klagepunkte allesamt anerkennt.


14.7.2015 - Post vom Verwaltungsgericht Braunschweig



14.7.2015 - Schreiben an das VG mit der Bitte um Fristverlängerung


Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihr Schreiben datiert vom 9.7.2015 hat mich erst heute, am 14. Juli 2015 am späten Vormittag erreicht.

Über die Absage des Verhandlungstermins morgen haben Sie mich dankenswerterweise schon gestern telefonisch in Kenntnis gesetzt, auch über den Grund dafür unterrichtet.

Ich bitte um Verlängerung der Bedenkzeit (Sie hatten mir eine Frist bis morgen gesetzt), um mich zur Annahme oder Nicht-Annahme Ihres Vergleichs zu äußern.

Diese Zeit benötige ich alleine schon deswegen, um mich ausreichend mit anderen Menschen der Initiative „freiheitsfoo“ abzustimmen, für die ich mehr oder weniger vertretend als Kläger hier auftrete.

Für meine Entscheidung wäre außerdem wichtig zu erfahren, in welchem genauen Wortlaut der Landkreis Helmstedt den vorgeschlagenen Vergleich angenommen hat. Bitte senden Sie mir doch – wenn möglich – eine Kopie der Stellungnahme des Landkreises zu.

Falls ich nichts Gegenteiliges von Ihnen höre, gehe ich davon aus, dass Sie mir die Bedenkzeit gewähren und werde mich unaufgefordert innerhalb der nächsten zehn Tage melden.

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,


22.7.2015 - Ablehnung des vom Verwaltungsgerichts vorgeschlagenen Vergleichs


Sehr geehrte Damen und Herren,


bezüglich Ihres Schreibens vom 9.7.2015 sowie meiner Bitte um Fristverlängerung vom 14.7.2015 teile ich Ihnen hiermit mit, dass ich den von Ihnen vorgeschlagenen Vergleich ablehne.


Erläuterung:

Ich freue mich zwar darüber, dass sowohl das Gericht als (nun) auch der Landkreis Helmstedt die mir als Versammlungsleiter auferlegten Beschränkungen der Punkte 2 und 3 als rechtswidrig anerkennen und damit die Punkte 1 und 3 der Klage sowie die in der Klage II.2.a. und II.2.b. aufgeführten Klagebegründungen anerkennen.

Nicht weit genug geht mir der Vergleich aber hinsichtlich des Klagepunktes 2 sowie der Klagebegründungen II.2.c. sowie II.2.d.


Genauer:


a.) Es fehlt (mir) die Verpflichtung seitens des Landkreises Helmstedt, derartige rechtswidrige Verfügungen zukünftig nicht mehr durchzuführen.

Ich erkenne die Gefahr, dass ähnliche Verfügungen ergehen könnten und ich erneut entweder zur Anrufung des Gerichtes in Eilentscheidung oder aber zur Hinnahme einer rechtswidrigen Beschränkung der Versammlungsfreiheit genötigt sein könnte.


b.) Es fehlt (mir) die weiterhin Behandlung und Entscheidung der Klage dahingehend, ob eine Versammlungsbeschränkung an sich überhaupt rechtens und nötig gewesen ist.

Das Gericht spricht diese Frage zwar in seinem Vergleich in dessen Absatz beginnend mit "Rechtsgrundlage der Beschränkunge ..." an, gibt allerdings keine konkrete Feststellung dazu ab. Weil von der Versammlung vom 19.7.2014 noch nicht einmal "nur" für die öffentliche Ordnung eine Gefährdung ausging, ist die Erteilung einer Versammlungsbeschränkung an sich fragelich, aus meiner Sicht eben sogar unzulässig. Hier stellen sich die grundsätzlichen Fragen, inwiefern Kleinstversammlungen wie in diesem Fall die bürokratischen Lasten einer Versammlungsanmeldung und -beschränkung zu ertragen haben müssen. Oder eben nicht.


c.) Unbehandelt bleibt schließlich die Frage, inwiefern dem Landkreis Helmstedt eine Verschleppung bei der Bescheidung von Versammlungsbeschränkungen vorzuwerfen ist.

Dieser Punkt ist mir deshalb wichtig, weil ich immer wieder erleben muss, wie auch wie hier sehr rechtzeitig angekündigte Versammlungen nicht ebenso rechtzeitig mit den Versammlungsbeschränkungen seitens der Versammlungsbehörde konfrontiert werden, sondern diese fast immer nur wenige Tage vor Versammlungsbeginn (oder noch kurzfristiger) erteilt und mitgeteilt werden.

Welche rechtlichen und für die Versammlungsanmelder (und in diesem Fall für mich) entstehenden Probleme auftreten, hatte ich bereits im Punkt II.2.d. meiner Klagebegründung dargelegt.

In dem hier behandelten Fall hat dieses Verhalten des Landkreises Helmstedt zu einer faktischen Beschränkung der Versammlungsfreiheit geführt, da mir aus organisatorisch und zeitlich beschränkten Kapazitäten heraus keine Möglichkeit mehr gegeben war, den Verfügungsbescheid rechtzeitig gerichtlich anzufechten.

Aus diesem Grund halte ich auch diesen dritten Punkt für unbedingt verhandlungsbedürftig und erneuere meinen Vorschlag, die Versammlungsbehörde des Landkreises Helmstedt diesebezüglich gerichtlich zu rügen.


Ich bitte also um Festsetzung eines neuen Termins für die Verhandlung in dieser Sache oder um die Formulierung eines dahingehend angepassten Vergleichs.

Vielen Dank für Ihre Geduld mit mir und viele gute Grüße,


11.8.2015 - Rückmeldung des Verwaltungsgerichts Braunschweig


Es ging folgende Schreiben des Gerichts ein:

Subjektiv zusammengefasst: Das Gericht hat sein Urteil bereits gefällt, ohne dass es zur mündlichen Anhörung gekommen ist. Die Forderung nach Durchsetzung des Versammlungsrechts z.B. bzgl. des strittigen Punktes der Verschleppung des Auflagenbescheids wird das Gericht ablehnen - das lässt es klar durchblicken.


2.9.2015 - Bekräftigung der Ablehnung des Vergleichsvorschlags


Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Erläuterungen vom 5.8.2015.

Ich teile die von Ihnen zu meinen Punkten a bis c vorgebrachten Argumente nicht in allen Dingen und habe im einzelnen weiteres zur Begründung meiner Haltung beizutragen. Auf der Basis der bislang ausgetauschen Argumente kann ich dem Vergleichsvorschlag also nicht zustimmen.

Nun frage ich mich, ob die weitere inhaltliche Auseinandersetzung in dieser Sache in einer mündlichen Verhandlung geschehen soll/kann oder ob Sie die briefschriftliche Auseinandersetzung befürworten und bitte um Nachricht dazu.

Viele gute Grüße,


20.10.2015 - Ankündigung des Verhandlungstermins 25.11.2015


Nachdem zwischenzeitlich schon ein Verhandlungstermin für Oktober 2015 angedeutet, dann aber unangeündigt nicht umgesetzt wurde, wird die mündliche Verhandlung zur Sache nun

am Mittwoch, den 25.11.2015 um 11:15 Uhr im Sitzungssaal 1

des Verwaltungsgerichtes Braunschweig in der Wilhelmstraße 55 stattfinden. Die Verhandlung ist öffentlich.


18.11.2015 - Der Landkreis Helmstedt kneift und will nicht vor Gericht erscheinen



25.11.2015 - Mündliche Verhandlung in Braunschweig


Die mündliche Verhandlung vor der großen Besetzung der 5. Kammer des VG Braunschweigs führte nach rund 50 Minuten zur Annahme des Vergleichs.

Grund hierfür waren u.a.:

  • Formelle Unzulässigkeit des formulierten Klagepunktes Nr. 1 (Verschleppung der Erstellung zu Zustellung des Auflagenbescheids).
  • Nicht-Möglichkeit zur Klageerweiterung, wonach der Auflagenbescheid bzw. darin enthaltene Beschränkungen insgesamt unzulässig ist (entspr. §8(1) NVersG).
  • Eine andere Auffassung des Gerichts zur Frage der Auflagenmitteilungs-Verschleppung.

Außerdem bemerkenswert die folgende Haltung des Gerichts:

  • In der "Begleitung" der Demo durch den "Staatsschutz" - inklusiver vorheriger telefonischer Ankündigung: "Wir werden dann Ihre Demo begleiten" - sah das Gericht keinen Widerspruch zum im Brokdorf-Beschluss formulierten Anspruch der "Staatsferne" bei der Durchführung einer Versammlung. Eine potentiell einschüchternde Wirkung meinte das Gericht darin auch nicht erkennen zu können.
  • Der Versammlungsleiter sei weiterhin dafür verantwortlich, häufig genug seine E-Mail-Eingänge zu überprüfen, in der (vagen) Erwartung einer Auflagenerteilung seiner E-Mails.
  • Von datenschutzrechtlichen Problemen bei unverschlüsselter E-Mail-Nutzung durch die Versammlungsbehörde war keine Rede.
  • Dem Versammlungsleiter wurde (als Kläger) weiterhin vorgetragen, er hätte ja vorsorglich bei der Versammlungsbehörde anrufen und sich erkundigen können/müssen, ob und wann er einen Auflagenbescheid erhält.
  • Obwohl die Demo 10 Tage vor Stattfinden angekündigt worden ist, sei es rechtens und üblich, dass der Auflagenbescheid per E-Mail knapp 2 Tage vor der Versammlung (diese an einem Samstag!) und per Briefpost erst nach der bereits stattgefundenden Versammlung erhalten habe. Es sei zu berücksichtigen, dass die Versammlungsbehörde im Landkreis Helmstedt eher unerfahren in Sachen Versammlungsrecht sei - zumindest, was die Details dieses Falls beträfe.
  • Dem Versammlungsleiter wurde in anderem Zusammenhang nahegelegt, er habe ggf. am elektronischen Rechtsverkehr" teilzunehmen bzw. könne ja diesen Weg zur Kommunikation nutzen/beschreiten.


Der Text des Vergleichs im Gesamten


Vorliegend geht es um versammlungsrechtliche Beschränkungen, die der von dem Kläger als Versammlungsleiter angemeldeten Veranstaltung gemacht worden sind.

Rechtsgrundlage der Beschränkung zu 2. - Anordnung des Einsatzes eines Ordners - und auch zu 3. - Anordnung gegenüber dem Versammlungsleiter - ist § 8 Abs. 1 NVersG gewesen. Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

Hinsichtlich des angeordneten Ordnereinsatzes ist Rechtsgrundlage nicht § 5 Abs. 3 Nr. 3 NVersG, wie der Beklagte in seiner Klageerwiderung ausführt. Diese Regelung erlaubt der Behörde lediglich die Anzahl und persönlichen Daten der vom Versammlungsleiter freiwillig eingesetzten Ordner zu erfahren. Sie ist jedoch keine taugliche Grundlage für eine verpflichtende Anordnung der Behörde, Ordner einzusetzen. Dies ist allein auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 NVersG möglich. Denn der Ordnereinsatz ist nach § 7 Abs. 2 S. 1 NVersG grundsätzlich in das Ermessen des Versammlungsleiters gestellt („kann sich zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben der Hilfe von Ordnerinnen und Ordnern bedienen...“). Eine Beschränkung gerichtet auf den verbindlichen Ordnereinsatz stellt eine Beschränkung der Versammlung nach § 8 Abs. 1 NVersG dar.

Voraussetzung für eine solche Beschränkung nach § 8 Abs. 1 NVersG ist eine “unmittelbare Gefährdung". Diese setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an den der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgütern führt. Die Gefährdung muss nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge unmittelbar bevorstehen, der Eintritt der Störung aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte bzw. nachweisbarer Tatsachen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu enNarten sein (vgl. bspw. VG Hannover, U. v. 19.05.2014 - 10 A 2881/11 -, Rn 55, veröffentlicht unter: www.rechtsprechung.niedersachsende).

Eine solche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vermag die Kammer für die vom Kläger angezeigte Versammlung nicht erkennen. Der Kläger hat sowohl in seiner E-Mail vom 10.07.2014 als auch in seiner weiteren E-Mail vom 15.07.2014 angegeben, dass es nicht konkret sei, die genannten Gegenstände mitzuführen; er zeige dies nur vorsorglich so weit wie möglich an. Es hat deswegen keine Situation vorgelegen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bei ungehindertem Geschehensablauf zu einem Schadenseintritt geführt hätte. Erkennbare Umstände dafür, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, lassen sich daraus nicht ableiten. Demgegenüber war die Annahme des Beklagten, es käme zum Einsatz von Maskierungen und damit möglicherweise zu einer Gefahr der öffentlichen Sicherheit, nicht ausreichend, um eine den Kriterien der obergerichtlichen Rechtsprechung entsprechende Gefahrenprognose darzustellen, aufgrund derer die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit des Klägers und des von ihm angezeigten Ausflugs im Vorfeld beschränkt werden konnte.

Selbst wenn man eine hinreichende Gefahr unterstellt, wären die streitgegenständlichen Beschränkungen rechtswidrig.

Die Beschränkung zu 3. - Anordnung gegenüber dem Versammlungsleiter - geht weit über die gesetzlichen Pflichten des Versammlungsleiters deutlich hinaus. § 7 Abs. 1 NVersG bestimmt die Rechte und Pflichten eines Versammlungsleiters. Danach bestimmt der Versammlungsleiter den Ablauf der Versammlung. Er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen und kann dazu insbesondere teilnehmende Personen, die die Versammlung stören, zur Ordnung rufen. Außerdem muss der Versammlungsleiter während der Versammlung anwesend und für die zuständige Behörde erreichbar sein. Der Kläger hat im vorliegenden Fall im Vorfeld keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass er ohne entsprechende Beschränkungen nicht in der Lage gewesen wäre, während der Veranstaltung für Ordnung zu sorgen. Die Versammlungsbehörde kann dem Versammlungsleiter allenfalls Hinweise und Anregungen geben, wie erfahrungsgemäß die Ordnung einer Versammlung sichergestellt werden kann. Darüber hinausgehende Handlungsanweisungen wie hierin Form einer Beschränkung sind der Versammlungsbehörde jedoch im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Versammlungsleiters als Bestandteil der grundrechtlichen geschützten Versammlungsfreiheit grundsätzlich verwehrt. Allenfalls wäre es möglich gewesen, den Kläger per Beschränkung dazu zu verpflichten, explizit auf das Vermummungsverbot des § 9 Abs. 2 Nr. 1 NVersG hinzuweisen - eine entsprechende Gefahrenprognose vorausgesetzt.

Die Beschränkung zu 2. - Anordnung des Einsatzes eines Ordners - war aller Voraussicht nach ebenfalls unverhältnismäßig. Denn die Verpflichtung zum Ordnereinsatz stand in keinem angemessenen Verhältnis zur Größe der Veranstaltung. Vorliegend ging es um eine Versammlung mit einer sehr geringen Teilnehmerzahl. Es war daher nicht zu befürchten, dass der Versammlungsleiter ohne ihn unterstützende Ordner nicht für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung sorgen konnte, die für nur zwei bis fünf Personen angezeigt gewesen ist und letztlich - ihn eingeschlossen — lediglich sechs Personen umfasst hat.

Vor diesem Hintergrund regt die Kammer zur unstreitigen Verfahrenserledigung folgenden Vergleich an:

1. Der Beklagte erkennt vor dem Hintergrund der rechtlichen Ausführungen des Gerichts in der Verfügung vorn 09.07.2015 die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beschränkungen zu 2. und 3. des Bescheids des Beklagten vom 16.07.2014, Az. 32/32 21 20 an.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beteiligten erklären mit der schriftsätzlichen Annahme dieses Vergleichsvorschlages den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt.


Kategorie(n): Versammlungsfreiheit

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Zuletzt geändert am 29.11.2015 05:25 Uhr