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VUE-OEPNV-Hannover

Worum geht's?


Die Betreiber von Bussen und Bahnen in und um Hannover möchten den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit flächendeckender und anlassloser Videoüberwachung ausrüsten bzw. praktizieren dieses in Teilen bereits jetzt schon.

Das Landesdatenschutzamt vertritt (genau so wie das Bundesverfassungsgericht) die Auffassung, dass eine flächendeckende und pauschale Videoüberwachung unzulässig ist.

Was die Zeitungs- und Fernsehmedien dazu berichtet haben


Player: Seniorenbeirat der Region Hannover


In einer Zeitungsmeldung vom 26.9.2014, die sowohl in der Stadt als auch in den umliegenden Landkreisen Hannovers publiziert wurde, positioniert sich der "Seniorenbeirat" als klarer Videoüberwachungs-Befürworter.

Wir haben dem Seniorenbeirat einen Offenen Brief geschrieben.

(Der Brief ging im CC ebenso wie der Brief des Seniorenbeirats an die ÜSTRA, an die RegioBus Hannover und an den nds. Behindertenbeauftragten Karl Finke. Und an die Landesdatenschutzbehörde zur Kenntnis.)

17.10.2014 - Offener Brief an den Seniorenbeirat Hannover


Sehr geehrte Damen und Herren des Seniorenbeirats Hannover,

in der hannoverschen Tagespresse vom 26.9.2014 war unter der Überschrift "Seniorenbeirat fordert Kameras" zu lesen:

"Unter Verweis auf das Sicherheitsbedürfnis der rund 300.000 Senioren in der Region Hannover bittet der Seniorenbeirat den Landesdatenschutzbeauftragten Joachim Wahlbrink dringend, seine Entscheidung zurückzunehmen, Überwachunskameras in Bussen und Bahnen abzuschalten. Auch Üstra, RegioBus und dem Behindertenbeauftragten Karl Finke ging das Schreiben zu. "Die Kameras geben diesen Menschen mehr Sicherheit", heißt es dort."

Dazu haben wir von der Initiative "freiheitsfoo" einige Fragen und möchten Sie um Beantwortung bitten:

1. Woran machen Sie Ihre Behauptung fest, dass die Kameras, um die sich die Diskussion hier dreht, den Menschen mehr Sicherheit geben würden? Können Sie uns konkrete und vor allem unabhängige Studien oder Untersuchungen nennen, die diese Behauptung belegen?

2. Durch welche demokratischen Strukturen ist der Seniorenbeirat dazu befugt, zu behaupten, dass er die Forderung nach Ausbau der Videoüberwachung im Namen aller Senioren in der Region Hannover erheben könne?

3. Der Landesdatenschutzbeauftragte und die Mitarbeiter der Landesdatenschutzbehörde handeln nicht willkürlich, sondern versuchen, die ihnen entsprechend des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG) auferlegten Pflichten und Aufgaben zu erfüllen, wenn sie bei Kenntnis eines Verstoßes gegen dieses Gesetz (wie in diesem Fall die anlasslose und flächendeckende Videoüberwachung des ÖPNV) gegen diesen Verstoß intervenieren. Worin machen Sie Ihre Behauptung fest, es sei eine persönliche „Entscheidung“ von Herrn Wahlbrink gewesen, seinen Pflichten nachzukommen?

4. Die Videoüberwachungstechnik in den hannoverschen Bussen und Bahnen zeichnet jeden Fahrgast, sein Verhalten und seine soziale Interaktion im wöchentlichen Alltag, zur Freizeit und an Feier- und Wochenendtagen vollständig auf. Die Aufnahmen werden dabei zeitweise in einer in den Fahrzeugen installierten Festplatten gespeichert. Das bedeutet, dass bei einem Überfall auf einen Senioren oder eine Seniorin diese/r lediglich von der Kamera aufgenommen wird, dass den Opfern jedoch keine Hilfe zuteil wird. Halten Sie das für sinnvoll oder hielten Sie eine (vermutlich soger günstigere) Lösung in Form von mehreren, zum Beispiel den Wagenführer oder andere Notdienste informierenden Notfallknöpfen für besser, wenn dadurch die Menschen vor einem Übergriffs besser geschützt werden können? (Dies wäre dann eine Lösung, die nicht derart stark in die Grundrechte aller Fahrgäste eingreift wie eine flächendeckende Videoüberwachung, die vom Bundesverfassungsgericht überdies mehrfach als grundrechtswidrig verurteilt worden ist.)

5. In welchem Umfang haben Sie sich vom Seniorenbeirat Hannover bislang mit Maßnahmen auseinandergesetzt, die sich mit der Reduzierung von Straftaten im ÖPNV Hannovers befassen?

6. Wie viele Senioren wurden im Jahr 2013 Opfer einer Straftat, während sie Busse oder Bahnen in der Region Hannover genutzt haben? Um welche Straftaten hat es sich dabei im Einzelnen gehandelt und wie haben sich all diese Zahlen innerhalb der letzten zehn Jahre entwickelt?

7. Können Sie uns den vollständigen Text Ihres Schreibens zugänglich oder anderswie öffentlich machen? Bislang kennen wir nämlich nur das, was die Tagespresse daraus zitiert (siehe oben).

Dies ist ein offener Brief. Wir möchten gerne auch Ihre Antworten veröffentlichen und versprechen Ihnen, das ungekürzt vorzunehmen.

Für den Fall, dass Sie "nur" den Seniorenbeirat der Stadt Hannover vertreten, die Presseäußerung allerdings vom Seniorenbeirat der Region Hannover verursacht wurde, bitten wir um entsprechende Weiterleitung.

Vielen Dank für Ihre Mühen und viele gute Grüße von den Menschen von freiheitsfoo.

24.10.2014 - Erste Rückmeldung vom Seniorenbeirat der Region Hannover - Voller Wortlaut des Schreibens an die Landesdatenschutzbehörde.


Per Mail erreichte uns eine erste Rückmeldung vom Seniorenbeirat der Region Hannover:

Es hing außerdem der volle Wortlaut des Schreibens an den Landesdatenschutzbeauftragten vom 24.9.2014 an:

5.11.2014 - Rückmeldung vom Seniorenbeirat der Stadt Hannover


Von dem für die Zeitungsmeldung nicht (voll) verantwortlichen Seniorenrat der Stadt Hannover erhalten wir folgenden Brief:

Was merkwürdig ist: Vom Seniorenbeirat der Region Hannover haben wir eine Rückmeldung bekommen (siehe oben), aber keine Antwort, wie hier behauptet.

Dem Schreiben beigelegt war ein außerdem Faltblatt, in dem u.a. das Wahlprozedere des Seniorenbeirats hervorgeht:

Unerklärt bleibt darin, woher die Vorschläge für die zu Wählenden kommen. Unklar ist auch, warum nicht diejenigen Gewählten mit den meisten Stimmen den Seniorenrat bilden, sondern dieser erst durch weitere interne Wahl bestimmt wird.

21.11.2014 - Rückmeldung an den Seniorenbeirat der Stadt Hannover


Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihren Brief vom 3.11.2014. Die Informationen wurde an den Kreis der Menschen von freiheitsfoo weitergereicht.

In einem Punkt muß ich Ihnen allerdings widersprechen: Der Seniorenbeirat der Region Hannover hat uns zwar geschrieben (und zwar am 22.10.2014), allerdings unsere Fragen noch nicht beantwortet.

Wir hoffen, dass die Antworten noch eintreffen.

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,

21.11.2014 - Nachfragen beim Seniorenbeirat der Region Hannover, ob wir noch eine Antwort bekommen


Sehr geehrter Herr M.,
sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 22.10.2014.

Können Sie uns mitteilen, ob und wann wir noch Antworten auf die offen gebliebenen Fragen (Nrn. 1 und 3 bis 6) erhalten können?

Vielen Dank für Ihre Arbeit und viele gute Grüße,

26.1.2015 - Es gibt ein Mediationsverfahren zwischen Datenschutzamt und den Zugbetreibern


heise meldet, dass es in der KW 05/2015 ein Mediationsgespräch geben soll.

4.3.2015 - Nochmal beim Seniorenbeirat der Region Hannover um Antwort gebeten


Sehr geehrter Herr M.,
sehr geehrte Damen und Herren,

auf unsere Nachfrage zu den noch unbeantworteten Fragen zum Thema Videoüberwachung im ÖPNV Hannovers vom 21.11.2014 (!) haben wir bislang leider noch keine Nachricht von Ihnen bekommen.

Dürfen wir noch mit einer Antwort rechnen?

Andernfalls würden wir ebenfalls für eine kurze Information dankbar sein, damit wir damit zurecht umzugehen wissen.

Viele gute Grüße,


16.10.2015 - Die Landesdatenschutzbeauftragten (insbes. die niedersächsische) erteilen der flächendeckenden Videoüberwachung im ÖPNV eine klare Absage


Siehe dazu die Pressemitteilung der nds. Landesdatenschutzbeauftragten zum schwelenden Streit in Hannover/Niedersachsen sowie die Orientierungshilfe der Behörde zum Thema.

Zu der Position des Landesdatenschutz Niedersachsen siehe auch folgendes Beispiel aus Oldenburg, das nicht sehr zufriedenstellend bzw. im Sande verläuft VUE-VWG-Oldenburg


17.12.2015 - Das Verwaltungsgericht Hannover verschiebt seine Entscheidung


http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Keine-Entscheidung-ueber-Videoueberwachung-in-Uestra-Bussen-und-Stadtbahnen (nicht ärgern und die Meinungsmache ausblenden, dann steht da sinnvolle Info drin). Auch wird jemand von der Datenschutzstelle mit einem Vorschlag zitiert, der nicht den Abbau der Kameras vorsieht ... das ginge dann doch zu weit ...


10.2.2016 - Das Verwaltungsgericht Hannover legt das Verfahren aus formellen Gründen zu den Akten


Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts


http://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=19421&article_id=140857&_psmand=126:

Das Verwaltungsgericht hat mit heutigem Urteil auf die Klage der üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG eine datenschutzrechtliche Verfügung der Landesbeauftragten für den Datenschutz aufgehoben.
Mit der angefochtenen Verfügung hatte die Landesbeauftragte für den Datenschutz die Einstellung der Videoüberwachung in Bussen und Bahnen angeordnet, solange die üstra AG kein datenschutzkonform abgestuftes Überwachungskonzept vorlege oder anhand einer konkreten Gefahrenprognose nachweise, dass die bisher praktizierte flächendeckende Videobeobachtung erforderlich sei.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, ohne die zwischen den Beteiligten streitige datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung als solche zu beurteilen. Die Verfügung erweise sich schon mangels ausreichender Rechtsgrundlage als rechtswidrig. Die Landesbeauftragte könne sich dafür nicht auf das Bundesdatenschutzgesetz stützen. Die üstra AG nehme mit dem Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wahr und sei insofern öffentliche Stelle im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes. Auf öffentliche Stellen in den Ländern sei das Bundesdatenschutzgesetz aber nur unter weiteren, hier nicht gegebenen Voraussetzungen anwendbar. Eine Rückverweisung aus dem Niedersächsischen Landesdatenschutzgesetz in das Bundesdatenschutzgesetz gebe es nicht. Nach dem insofern im Rechtsverhältnis der Beteiligten zueinander allein einschlägigen Landesdatenschutzgesetz habe die Landesbeauftragte für den Datenschutz nicht dieselben Eingriffsbefugnisse wie nach dem Bundesdatenschutzgesetz; insbesondere könne sie eine für datenschutzwidrig gehaltene Praxis nicht untersagen, sondern lediglich beanstanden. Die ausdrücklich auf die Einstellung der derzeitigen Praxis gerichtete Verfügung sei schon deshalb aufzuheben. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, wie die Videoüberwachung nach dem Bundesdatenschutzgesetz zu beurteilen wäre, stelle sich nach alledem in diesem Gerichtsverfahren nicht.
Die Kammer hat gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zum Nds. Oberverwaltungsgericht zugelassen.
Az. 10 A 4379/15


Pressemitteilung der nds. Landesdatenschutzbeauftragten dazu


http://www.lfd.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=12992&article_id=140927&_psmand=48:

Verwaltungsgericht trifft keine Entscheidung über die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Videoüberwachung in Bussen und Bahnen
Das Verwaltungsgericht Hannover hat es mit seinem heutigen Urteil abgelehnt, über die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in Bussen und Bahnen der üstra AG zu entscheiden. Der Klage der üstra AG gegen eine datenschutzrechtliche Verfügung der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen (LfD) wurde gleichwohl stattgegeben - allerdings ausschließlich aus formalen Gründen.
So entschied das Gericht nicht in der Sache, sondern nur über die Frage, wie etwaige datenschutzrechtliche Verstöße der üstra AG sanktioniert werden können. Die Richter sahen hier das Bundesdatenschutzgesetz als nicht einschlägig an. Hierauf hatte die LfD ihre Verfügung gestützt, mit der sie die Einstellung der flächendeckenden Kameraüberwachung in den Fahrzeugen der üstra AG angeordnet hatte, solange die Hannoverschen Verkehrsbetriebe kein datenschutzkonformes Sicherheitskonzept vorweisen könnten. Das Verwaltungsgericht stellte hingegen auf das Niedersächsische Datenschutzgesetz ab. Dieses sieht bei Rechtsverstößen Untersagungsverfügungen nicht vor.
Die LfD hält den gegenwärtig praktizierten Umfang der Kameraüberwachung durch die üstra AG für rechtswidrig, auch wenn eine Videoüberwachung in Bussen und Bahnen nicht per se gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt.
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen. Über die Einlegung dieses Rechtsmittels wird die LfD nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung entscheiden.


Weitere Links zu dieser "Entscheidung"



4.6.2016 - LfD legt Berufung ein


Nichtentscheidung über die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in Bussen und Bahnen soll überprüft werden

Datenschutzbeauftragte legt Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zur Üstra-Videoüberwachung ein

Barbara Thiel, Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, will die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover zur flächendeckenden Videoüberwachung in Bussen und Bahnen der Üstra AG durch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht überprüfen lassen. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte in seinem Urteil vom 10.02.2016 davon abgesehen, über die Rechtmäßigkeit der Kameraüberwachung zu entscheiden.

Anlass des Verfahrens war eine Klage der Üstra AG gegen eine bereits von Thiels Amtsvorgänger erlassene Verfügung, mit der die Einstellung der flächendeckenden Videoüberwachung in den Fahrzeugen der Hannoverschen Verkehrsbetriebe angeordnet worden war. Zuvor hatte sich die Üstra AG nicht dazu in der Lage gesehen, die Notwendigkeit einer flächendeckenden Kameraüberwachung nachvollziehbar zu belegen.

„Ich bin keineswegs generell gegen Kameras in Bussen und Bahnen", machte Thiel deutlich. „Für die Strafverfolgung können solche Aufnahmen im Einzelfall durchaus sinnvoll sein. Das von der Üstra praktizierte Ausmaß der Videoüberwachung ist dafür allerdings nicht erforderlich. Dass sich potentielle Straftäter von Kameras abhalten lassen, ist äußerst zweifelhaft und bislang nicht belegt."

Das Verwaltungsgericht Hannover gab der Klage zwar statt, entschied aber nicht in der Sache. Die Verbotsverfügung war auf das Bundesdatenschutzgesetz gestützt worden; die Richter sahen demgegenüber das Niedersächsische Datenschutzgesetz als einschlägig an, das Verbotsverfügungen zur Ahndung von Rechtsverstößen nicht kennt.

„Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass wir die richtige Rechtsgrundlage angewendet haben", so Thiel. „Ich hoffe außerdem, dass die Berufung auch dazu führen wird, die wichtige Frage nach dem Umfang der Videoüberwachung gerichtlich klären zu lassen."

Quelle: https://www.lfd.niedersachsen.de/startseite/allgemein/presseinformationen/datenschutzbeauftragte-fordern-nachbesserung-in-wesentlichen-punkten-142208.html


10.8.2017 - Presseanfrage an das OVG Lüneburg


Sehr geehrte Damen und Herren,

die Hannoverschen Verkehrsbetriebe üstra AG gaben heute bekannt, dass das Berufungsverfahren in dem Verfahren der Landesdatenschutzbeauftragten Niedersachsens gegen die üstra AG zur Frage der Rechtmäßigkeit flächendeckender Videoüberwachung im ÖPNV am 7.9.2017 in Lüneburg verhandelt werden soll. (Aktenzeichen des VG-Hannover-Verfahrens: 10 A 4379/15.)

Können Sie uns diesen Termin bestätigen und falls ja: Um welche Uhrzeit und in welchem Raum wird die Verhandlung stattfinden und ist eine Presseakreditierung im Vorfeld vonnöten?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


11.8.2017 - Antwort vom OVG Lüneburg - Terminbestätigung


Sehr geehrter Herr xxx,

den von Ihnen genannten Termin kann ich bestätigen. Der 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts wird das Verfahren mit dem OVG-Aktenzeichen 11 LC 59/16 (Vorinstanz: VG Hannover - 10 A 4379/15) am 07. September 2017 um 11 Uhr im Sitzungssaal 1 des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts verhandeln. Eine vorherige Presseakreditierung ist nicht nötig.

Mit freundliche Grüßen,
xxx

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
- Pressestelle -
Uelzener Straße 40
21335 Lüneburg


11.8.2017 - Presseanfrage an die PD Hannover


Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Angaben des Vorstandsvorsitzendern der ÜSTRA AG, Herrn Neiß, steht die Neuauflage einer vertraglich vereinbarten Sicherheitspartnerschaft zwischen der ÜSTRA und der Polizeidirektion Hannover unmittelbar bevor.

Da wir über dieses Thema berichten möchten, haben wir folgende Fragen an Sie und bitten angesichts der Aktualität um möglichst kurzfristige Beantwortung:

1.) Wer sind die Partner dieser neuen Sicherheitspartnerschaft?

2.) Welchen rechtlichen Status (z.B. Vertrag, Vereinbarung, MoU, ...) wird die Sicherheitspartnerschaft haben?

3.) Wann läuft die bisherige Kooperation zwischen der Polizei, der ÜSTRA und der VMZ formell aus?

4.) Was ist der Grund für eine Erneuerung, Veränderung bzw. Fortschreibung der Sicherheitspartnerschaft?

5.) Um welche Inhalte geht es bei der Sicherheitspartnerschaft?

6.) Zu wann ist mit Abschluß der neuen Sicherheitspartnerschaft zu rechnen?

Vielen Dank und viele gute Grüße,


14.8.2017 - Antwort von der PD Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,

bei der von Ihnen beschriebenen Sicherheitspartnerschaft handelt es sich um eine Fortschreibung der bereits seit dem Jahr 2005 bestehenden Kooperationsvereinbarung zwischen der Polizeidirektion Hannover und der Üstra AG.

Vor dem Hintergrund der aktuell abstrakt hohen Gefährdungslage in Bezug auf terroristische Anschläge wurde die bestehende Kooperation evaluiert und darin enthaltene Maßnahmen angepasst.

Die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages ist für den Monat September im Rahmen eines öffentlichen Termins vorgesehen. Möglicherweise offene Fragen zur Kooperation können Sie im Anschluss an den Termin an uns richten.

Mit freundlichen Grüßen


14.8.2017 - Nachfrage an die PD Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für die flotte Rückmeldung!

Können Sie uns bereits mitteilen, wann der öffentliche Termin im Detail sein wird und falls die Einzelheiten zu dieser Öffentlichkeitsarbeit noch nicht feststehen, könnten Sie uns im Vorfeld dazu informieren, damit wir den Termin wahrnehmen können?

Viele gute Grüße,


15.8.2017 - Antwort von der PD Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,

wie Ihnen Herr xxx bereits gestern per Mail mitgeteilt hat, wird der Termin nach der derzeitigen Planung im September 2017 stattfinden. Eine Einladung der Medienvertreter wird zeitnah erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen


15.8.2017 - Nachfrage an die PD Hannover


Sehr geehrte Frau xxx,

werden wir von der freiheitsfoo-Redaktion also auch eine Einladung von Ihnen erhalten?

Viele gute Grüße,


15.8.2017 - Antwort von der PD Hannover


Sehr geehrter Herr xxx,

Sie werden rechtzeitig von dem Medientermin Kenntnis erhalten.

Mit freundlichen Grüßen


15.8.2017 - Ein Dank an die PD Hannover


Danke!


August 2017 - Terminankündigung des OVG Lüneburg


07.09.2017 - 11.00 Uhr, Sitzungssaal 1

11 LC 59/16 (VG Hannover - 10 A 4379/15)

ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG (Proz.-Bev.: KNPZ Rechtsanwälte, Hamburg)

./.

Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen

In dem Berufungsverfahren streiten die Beteiligten um die Rechtmäßigkeit einer datenschutzrechtlichen Anordnung der beklagten Landesbeauftragten für den Datenschutz in Niedersachsen.

Die klagende ÜSTRA hat in zahlreichen ihrer Fahrzeuge feststehende Videokameras installiert, mit denen im sog. Blackbox-Verfahren durchgehend Bewegtbilder vom Fahrzeuginnenraum aufgezeichnet werden. Die Videosequenzen werden nach 24 Stunden wieder gelöscht. Die Aufzeichnung dient unter anderem zur Beweissicherung bei Vandalismusschäden und zur Verfolgung von Straftaten. Die Landesdatenschutzbeauftragte gab der Klägerin im August 2014 mit einer auf § 38 Abs. 5 des Bundesdatenschutzgesetzes gestützten Verfügung auf, die Videoüberwachung in ihren Bussen und Stadtbahnen während des Einsatzes der Fahrzeuge im öffentlichen Personennahverkehr einzustellen und erst wieder aufzunehmen, nachdem sie entweder ein Konzept für einen nach Linien und Zeit differenzierten Einsatz der Videotechnik erarbeitet und umgesetzt hat oder anhand konkreter Anhaltspunkte darlegt, dass die Videoüberwachung zeitlich und örtlich unbeschränkt erforderlich ist. Der hiergegen gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 10. Februar 2016 mit der Begründung stattgegeben, das Bundesdatenschutzgesetz sei im Falle der Klägerin nicht anwendbar, weil sie eine öffentliche Stelle des Landes Niedersachsen sei, für die der Datenschutz durch Landesgesetz geregelt sei. Das niedersächsische Datenschutzgesetz enthalte keine Eingriffsermächtigung, auf die die Verfügung der Landesdatenschutzbeantragten gestützt werden könnte. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verteidigt die Landesdatenschutzbeantragte ihre datenschutzrechtliche Anordnung.


7.9.2017 - Mündliche Verhandlung des OVG Lüneburg


Unser Blogbeitrag hier https://freiheitsfoo.de/2017/09/07/ovg-lg-segnet-flaechendeckende-vue-ab/ und als Plaintext (ohne Links und Bilder!) nachfolgend:


Tiefpunkt deutscher Rechtssprechung: OVG Lüneburg erklärt flächendeckende Videoüberwachung für rechtens und bewertet subjektiv empfundenes Sicherheitsgefühl stärker als den Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung!


Heute hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg ein im Trend des Zeitgeistes liegendes Urteil in einem Streit zwischen der Niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten und dem Bus- und Bahnverkehrbetreiber Hannovers, der ÜSTRA AG, gefällt. Es geht um die Frage der Rechtmäßigkeit umfassender Videoüberwachung (VÜ) im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Wir waren bei Verhandlung und Urteilsverkündung dabei.

Das bundesweit im Fokus von Verkehrsunternehmen und Überwachungsbefürwortern und -skeptikern im Fokus befindliche Verfahren endete in einem grund- und menschenrechtlichen Fiasko.

Der Tenor der Entscheidung in aller Kürze: Flächendeckende Videoüberwachung im öffentlichen Personennahverkehr sei rechtens, wenn (in welchem Umfang auch immer!) die Chance zur Verhinderung oder (!) Verfolgung von Straftaten möglich sein könnte.

Wissenschaftliche Belege, dass Videoüberwachung keinen oder nur bei leichteren Straftaten bedingt messbare Erfolg bei der Verhinderung von Kriminalität hat zogen beim Gericht ebensowenig wie die Frage nach Verhältnismäßigkeit oder die grundsätzliche Frage, ob Privatunternehmen nun (anders als bisher in deutscher Rechtstradition) als verlängerter Arm der polizeilichen Strafverfolgung dienen können.

Doch es kam noch schlimmer:

Der vorsitzende Richter des 11. Senats, der zugleich Berichterstatter des Verfahrens gewesen ist, betonte in der am heutigen Nachmittag zunächst mündlich vorgetragenen Urteilsbegründung ausdrücklich, dass die „Befriedigung des Verlangens nach einem höheren subjektiven (!) Sicherheitsempfinden“ als Argument zur Rechtfertigung einer flächendeckenden Videoüberwachung diene.

Dieses Aussage ist ein Fanal, ein Aufgeben der Haltung, wonach Einschnitte in die Grundrechte von Menschen nur aufgrund abwägender Überlegungen zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriff und dessen Effekt, und zwar auf Fakten basierend, vorgenommen werden dürfen und sich nicht nach Stimmungen oder Meinungsumfragen richten dürfen.

Man könnte darüber hinaus auch behaupten: Dieses Urteil und die damit verbundenen Folgen für die drohende massive Ausweitung der staatlichen und privaten Videoüberwachung des öffentlichen Raums ist die erste Folge der von Herrn de Maziere im April 2017 in Kraft getretenen, euphemistisch als „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ bezeichneten Erweiterung des § 6b BDSG. Dieser Paragraph normiert die Zulässigkeit von Videoüberwachungsanlagen. Mittels einer heftigst umstrittenen textlichen Ergänzung um einen Satz legitimiert die Gesetzesänderung eine große Zahl von Überwachungsmaßnahmen, die bislang so nicht zulässig gewesen wären:

Heute fiel das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das Recht sich unerkannt im öffentlichen Raum bewegen zu dürfen diesem neuen, dem Populismus und diesem der Sicherheitsesoterik geschuldeten Gesetz zum Opfer.

Nachfolgend unser ausführlicher Bericht von der heutigen Verhandlung mit dem dazugehörigen Kontext:


Die Vorgeschichte:

In Hannover werden die Stadtbahnen und Busse durch die in Teilen in der öffentlichen Hand befindliche ÜSTRA AG betrieben. Dafür hat sie einen langjährigen vertraglich vereinbarten Auftrag von Stadt und Region Hannover erhalten.

Ca. 2005 hat die ÜSTRA damit begonnen, die Fahrgasträume von Bussen und Bahnen mit Videoüberwachungsanlagen auszurüsten. Mittlerweile wird ein Großteil dieser Fahrzeuge flächendeckend von Überwachungskameras erfasst. Die Anlagen arbeiten nach dem so genannten Black-Box-Verfahren: Die Kameras zeichnen die Bilder auf und speichern diese jeweils zentral auf in den Fahrzeugen fest verbauten Datenspeichern auf. Diese überschreiben – so die Angaben der ÜSTRA – die Bildaufzeichnungen automatisch nach 24 Stunden, sofern zuvor nicht durch Ausbau des Datenspeichers eine Sicherung vorgenommen worden ist.

(Zur Häufigkeit der Zugriffe auf diese Daten und die im ÖPNV Hannover festgestellten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten siehe hier).

Für den Betrieb der Überwachungskameras gibt es keinerlei Datenschutzkonzept. Dieses hat die niedersächsische Datenschutzbeauftragte (LfD) seit 2013 moniert, man stritt sich, fand mangels Kooperationsfähigkeit seitens der ÜSTRA keinen Kompromiss und so erteilte die LfD der ÜSTRA im August 2014 einen Beschluss, wonach die Überwachungskameras abzuschalten seien, bis eine konkrete Gefahrenbeurteilung vorgenommen und daran differenziert die Videoüberwachung angepasst worden sei.

Gegen diesen Beschluss wehrte sich die ÜSTRA mit einer Klage und erhielt zunächst Vollstreckungsaufschub.

Bei der Verhandlung der Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover am 10.2.2016 machte sich dieses einen schlanken Fuß und urteilte, ohne auf den Gehalt des Streites eingehen zu müssen, dass auf die ÜSTRA-VÜ anders als vom LfD angenommen, das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gar nicht anwendbar sei, weil die ÜSTRA „hoheitliche Aufgaben“ der Stadt Hannover übernehme und insofern aufgrund eines im BDSG definierten Ausnahmetatbestandes nicht in Regress zu nehmen sei. Diese Meinung vertrat das Verwaltungsgericht, obwohl – so heute die Äußerungen von Kläger und Beklagten uns gegenüber – sich beide Streitparteien einig darin waren, dass das BDSG durchaus anzuwenden sei.

So befand das dann auch das OVG Lüneburg, das heute aufgrund der vom LfD eingelegten Berufungsklage zur Sache verhandelte.

Nebenbemerkung: Noch am 10.8.2017 widersprach der Vorstandsvorsitzende der ÜSTRA AG der Ansicht, dass das BDSG für die Streitfrage anwendbar sei. Siehe Protokoll von der ÜSTRA-AG-Hauptversammlung von diesem Tag.


Zur heutigen Verhandlung:

Vorweg sei angemerkt, dass sich das Gericht offenbar bereits vor der Verhandlung eine Meinung zum Ausgang des Vefahrens gemacht hatte, an dem auch die Vorträge des Vertreters der LfD nicht mehr rütteln konnten.

Die mündliche und öffentliche Verhandlung begann mit Verspätung um 11:45 Uhr. Nach ausführlicher Einführung in den Sachverhalt und der Klärung des Greifens des BDSG gab der Richter beiden Streitparteien ab 12:15 Uhr Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge vorzutragen. Dafür war dann insgesamt knapp 40 Minuten Zeit, bevor sich die Richter zur Urteilsbesprechung zurückzogen. Eine knappe Stunde später (inklusive Mittagessen?) verkündten der Vorsitzende dann das Urteil durch das Verlesen eines ausformulierten Textes.

Es ist nicht vorstellbar, dass dieser Text innerhalb der einen Stunde entwickelt und in Abstimmung zwischen allen fünf Richtern konsensual vereinbart worden ist.

Ein Nachteil des Verschiebens der inhaltlichen Diskussion vom Verwaltungsgerichtsverfahren zum OVG-Berufungsverfahren ist, dass die inhaltliche Diskussion zu kurz gekommen ist. So wurden eine Reihe von Gesichtspunkten und Argumenten heute in Lüneburg gar nicht mehr mündlich behandelt und besprochen, weil diese ja bereits vor eineinhalb Jahren bereits vorgebracht worden seien und (wenn auch nur in Teilen) in den Akten einsehbar seien. Der Gerichtsöffentlichkeit hat das zweifelsfrei geschadet, auch erschien es uns so, als sind so eine Reihe von berechtigten Kritikpunkten gar nicht in die Urteilsfindung eingeflossen. Zumindest waren sie in der heutigen mündlichen Verhandlung gar kein Thema.

Nachfolgend in loser und ungeordneter Reihenfolge und ohne Anspruch auf Vollständigkeit die Argumentationspunkte der beiden Streitparteien.


Argumente der LfD gegen die jetzige Form der pauschalen und flächendeckenden Videoüberwachung in Bussen und Bahnen:

  • Datenschutzkonzept und Gefahrenanalyse fehlen.
  • Videoüberwachung darf nicht pauschal und flächendeckend sein, muss differenziert nach Zeit und Ort an konkrete Gefährdungslage angepasst werden.
  • §6b BDSG zieht nicht: VÜ weder zulässig im Zuge der Wahrnehmung des Hausrechts noch für andere, konkret festgelegte Zwecke.
  • VÜ hat keinen präventiven Nutzen/Effekt.
  • Konkrete Verweise und empirische Belege über den Nutzen der VÜ fehlen.
  • Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls von Fahrgästen darf/kann kein Argument für Grundrechtsbeschneidungen sein.
  • Permanente und lückenlose VÜ ist Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
  • Vorgelegte Daten der ÜSTRA mit Auflistung von Straftaten und VÜ-Auswertungen belegen Zweckerreichung der VÜ nicht.
  • Behauptete Vergleichbarkeit des ÖPNV von Hannover mit dem von Hamburg ist nicht so. Beide Städte und Verkehrs- und Überwachungssysteme können nicht sachgerecht miteinander verglichen werden.
  • Es muß eine objektive Gefährdungslage bestehen, damit VÜ gerechtfertigt ist.
  • Die von ÜSTRA vorgelegten Vorfall-Listen belegen Unverhältnismäßigkeit, wenn man die Zahlen der Vorfälle in Relation zur Zahl der beförderten Menschen setzt. [Anmerkung: Die konkret genannten Zahlen konnten aufgrund der Eile leider nicht mitnotiert werden.]
  • Fraglich, ob Kriminalitätsprävention mittels VÜ erfolgreich/möglich ist.
  • VÜ ohne Echtzeit-Bildübertragung und -beobachtung mag evtl. präventiv wirken, eine reine Aufzeichnung der Bilder wie hier im Black-Box-Verfahren wirkt aber nicht präventiv.
  • Flächendeckender Grundrechtseingriff widerspricht den Prinzipien/Gesetz zu Datensparsamkeit und -vermeidung.
  • Einzelfallabwägung fehlt.
  • Verstoß gegen Übermaßverbot.
  • „Uns geht es nicht um eine vollständige VÜ-Unterbindung.“
  • ÜSTRA verweigert sich beharrlich einer Überprüfung der Wirksamkeit der VÜ-Anlagen.
  • Unbewiesene ÜSTRA-Prämisse sei: „Je mehr VÜ, umso mehr Prävention.“ Das ist kriminologisch jedoch nicht nachgewiesen.
  • Zitiert Stellungnahme von Prof. Dr. Thomas Feltes und Dr. Andreas Ruch von der Ruhr-Universität Bochum zur Bundestag-Innenausschuss-Anhörung zum „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ am 6.3.2017:
„Der Gesetzentwurf stellt explizit auf den Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung ab. In diesem Bereich muss nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung aber von einer weitgehenden Wirkungslosigkeit der Videoüberwachung ausgegangen werden. Videoüberwachung ist demnach nicht – wie in der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/10941, S.4 und 8) suggeriert – geeignet, Vorfälle wie in Ansbach und München zu verhindern. Im Gegenteil belegen vergangene Anschläge wie in Nizza (Juli 2016) Boston (April 2013) und Berlin (Dezember 2016) auf fast schon tragische Weise die nicht vorhandene Wirksamkeit staatlicher Videoüberwachung. An den Tatorten fand zumindest punktuell Videoüberwachung statt, die den Anschlag filmen, aber gerade nicht zu seiner Verhinderung beigetragen konnte.“
  • Es gibt keine sichere Beantwortung der Frage, ob VÜ etwas zur Kriminalitätsbekämpfung taugt. Verdrängungseffekte scheinen allen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge relevant zu sein.
  • Zitiert aus Interwiev in einem HAZ-Artikel vom 9.12.2016 den Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen:
„Es gibt keinen Abschreckungseffekt von Videoüberwachung außer bei Parkplätzen.“
  • Bürger empfinden ein Mehr von Videoüberwachung nicht als mehr Sicherheit.
  • ÜSTRA-VÜ hat keine präventive Wirkung => Interessenabwägung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit muss gegeben sein.
  • Artikel 8 EU-Grundrechte-Charta beachten!
  • Datenschutzkonferenz (DSK) hat 2016 Entschluß zum Thema gefasst: Gegen flächendeckende VÜ im ÖPNV. Und gegen §6b-BDSG-Novelle. Verfassungsrechtliche Bedenken.
  • §6b-BDSG-Novelle stellt einen Bruch mit der bisherigen Rechtstradition dar, soweit es um die Frage geht, wer im Land für die Gefahrenabwehr zuständig ist. Das sollen nun auch private Unternehmen und Privatpersonen anstelle der Polizei sein (können).
  • DSK wird die Geeignetheit der VÜ infrage stellen. Der tatsächliche Schutz von Personen ist nur dann gegeben und möglich, wenn VÜ-Geeignetheit vorhanden/nachgewiesen ist. Die VÜ-BlackBox-Lösung ist dazu nicht geeignet.
  • Es bleibt unklar und schwammig: Entweder wird Prävention oder Repression als Ziel verfolgt.
  • Die erste von der ÜSTRA vorgelegte Liste (im Zuge des Verfahrens vor dem VG Hannover) sprach noch ausdrücklich davon, dass es ausschließlich um die Verfolgung repressiver Ziele ging. Erst zum Ende des Verfahrens hieß es dann auf einmal, dass es auch um Prävention ginge. Das fiel wie vom Himmel.
  • Der überwiegende Teil der von der ÜSTRA dann aufgelisteten 348 Fälle von VÜ-Datenmaterial-Abgriffen erfolgte auf Anforderung der Polizei und nicht zu ÜSTRA-eigenen Zwecken. Das nur in etwa der Hälfte der Fälle.
  • Wenn man dann weiter untersucht, stellt man weiter fest, dass nur 52 von 348 Fälle aus Anlaß zur Wahrnehmung eigener Interessen (der ÜSTRA) gewesen sind.
  • Viele Vorfälle der genannten Liste betreffen Vorfälle, die nicht innerhalb von Bus oder Bahn stattfanden, sondern außerhalb der Fahrzeuge vonstatten gingen.
  • §6b-BDSG-Erweiterung ist innenpolitische Entscheidung gewesen, als Folge der vorherigen Innenministerkonferenz (IMK), die politischen Druck ausgeübt hat.


Argumente der ÜSTRA (bzw. der sechs (!) sie vertretenden Rechtsanwälte) für die Videoüberwachung:

  • VÜ verfolgte berechtigte Interessen der ÜSTRA.
  • Potentielle Störer und unerwünschte Personen werden vom Betreten der Fahrzeuge und von der Verübung von Straftaten abgehalten.
  • Straftaten erfolgen unabhängig von Zeit und Ort, latente Gefahr von Straftaten.
  • VÜ-Technik, die individuell nach Zeit und Ort regelbar/ein-aus-schaltbare Kameras ermöglicht, existiert nicht.
  • Solche dynamische VÜ-Ein-Ausschaltung ist zudem nicht praxisgerecht, weil Fahrzeuge zum Teil sehr dynamisch (bei Störungen oder Ersatzverkehren) eingesetzt werden.
  • Keine hohe Eingriffsintensität in die Grundrechte von Fahrgästen, weil Black-Box-Verfahren und weil kein Echtzeit-Monitoring der Bilder erfolgt.
  • VÜ ist folgenlos für Fahrgäste, die sich rechtskonform verhalten.
  • VÜ hat repressive Wirkung.
  • Es wäre sachwidrig, VÜ auf bestimmte Linien oder Zeiten zu beschränken, es gibt ein latentes Risiko.
  • „Kollateral-Überwachte“ sind unvermeidlich. [o_O]
  • Der Zusammenhang von Repression und Prävention ist bewiesen. Das hat der Deutsche Bundestag in seiner Gesetzesbegründung auch so betont.
  • Ein Monitoring von Kamerabildern ließe kein sachlich-unabhängiges Testergebnis zu, weil bereits das Monitoring, also die Anwesenheit zusätzlicher Leute, eine Wirkung auf die Fahrgäste und auf potentielle Straftäter hätte.
  • BlackBox-Verfahren erzeugt Repression.
  • Die Sicherheit der Fahrgäste kann als „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ verstanden werden. Es gibt den Anspruch der Fahrgäste, gefühlt sicher Bahn fahren zu können.
  • Die HAZ-Presse hat in ihren Umfragen herausgefunden, dass „ganz ganz überwiegende Anzahl der Fahrgäste VÜ wollen.“ Das ist eine besondere Situation!
  • Die Eingriffe ins Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sind minimal.
  • Es gibt außerdem keine zentrale Speicherung, keine Vorratsdatenspeicherung (VDS), der VDS-Vorwurf zieht hier nicht, es gibt keine Anhäufung von Daten.
  • OVG Lüneburg hat schon 2014 über ein BlackBox-VÜ-System in einem Hochhaus (Bürohaus?) entschieden. Gleicher Tenor auch hier.
  • „Wir haben uns das absolut nicht leicht gemacht, dieses VÜ-System so aufzusetzen, wie es ist.“
  • Die jüngste BDSG-Änderung („Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“) bestärkt uns in unserer Haltung.“
  • BlackBox-VÜ ist nur ein einzelner Baustein im ÜSTRA-Sicherheitskonzept.
  • ÜSTRA-Forderung nach ständigem Monitoring der Kamerabilder ist nicht umsetzbar und würde zudem zu erweiterten Grundrechtseingriffen führen.
  • „Dieses System funktioniert – es wäre ja auch eine Schande, wenn das nicht so wäre.“
  • „Wir wünschten uns, dass es dank der VÜ sogar eine Liste mit null Einträgen gäbe. Nur dank der VÜ ist die Anzahl der Vorfälle nicht höher.“


Argumente des Gerichtes/vorsitzenden Richters:

  • § 38 (5) BDSG zieht, weil die Erbringung der ÖPNV-Dienste durch die ÜSTRA keine „hoheitliche Aufgabe ist“. Die hoheitliche Verantwortung verbleibt bei Stadt und Region Hannover trotz Auftragsübertragung.
  • ÜSTRA hat in einem Zeitraum von … bis Juni 2014 (ein Jahr lang?) 1.740 „sicherheitsrelevante“ Vorfälle verzeichnet. Besonders häufig am Wochenende und nachts. Im gesamten Streckennetz.
  • ÜSTRA hat weitere Liste eines Zeitraums vom Oktober 2014 bis November 2015 vorgelegt, die 348 „Sachverhalte“ auflistet, die zur Auswertung von Videoüberwachung geführt haben. Darunter auch Vorwürfe/Straftaten wie z.B. Raub, Überfall, Randale, Angriff auf einen Fahrer.
  • §6b BDSG-Erweiterung durch Bundesregierung (April 2017 inkraft getreten) soll nach Willen des Gesetzgebers „normative Gewichtungsvorgabe für zu treffende Entscheidungen“ darstellen! Besonders hervorgehoben wird die Zulässigkeit der VÜ „zum Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen als besonderes Interesse“.
  • Deutscher Bundestag hat §6b-BDSG-Erweiterung trotz des Gutachtens aus Bochum entschieden. Vermutlich nicht ohne Grund.
  • Neuer §6b-BDSG gilt auch schon für dieses Verfahren, auch wenn zu Verfahrensbeginn noch nicht absehbar/inkraft gewesen ist.


Fehlende, in der mündlichen Verhandlung zumindest nicht behandelte Aspekte, Argumente und Fragen:

  • Wie definiert die ÜSTRA „sicherheitsrelevante“ Merkmale und inwiefern ist diese Definition kompatibel mit den Ansprüchen des §6b BDSG?
  • Entwicklung der verzeichneten Straftaten in den letzten Jahren. (Siehe Protokolle der ÜSTRA-AG-Hauptversammlungen.)
  • ÜSTRA kann nichts dazu sagen, ob und in welchem Umfang die Aushändigung von VÜ-Material an die Polizei zur Aufklärung oder Verfolgung von Straftaten dienlich gewesen ist. Kein Feedback von der Polizei Hannover dazu!
  • Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Beispiel: „Im hannoverschen S-Bahn-Netz sind der Polizei im vergangenen Jahr 170 Vorfälle wie etwa Schlägereien, Bedrohung, Vandalismus oder Pöbeleien gemeldet worden. Die Zahlen stießen bei den Politikern angesicht von rund 30 Millionen Reisenden, die die S-Bahn 2016 benutzten, auf Erstaunen.“ (Quelle: HAZ-Beitrag vom 15.8.2017).
  • Fehlende Seriösität der HAZ-Umfragen und -Meinungsmache. Unklare Randbedingungen einer ÜSTRA-Umfrage zum Thema.
  • Davon unabhängig: Meinungsumfragen dürfen nicht gesetzesbegründend sein!
  • Abwägung der Interessen von VÜ-Befürwortern und -Gegnern unter den Fahrgästen.
  • Belege für Verhältnismäßigkeit wurden nicht betrachtet/diskutiert.
  • Zuständigkeitsfrage für Strafverfolgung (siehe oben) und der jüngste Rechtsparadigmenwechsel wurde überhaupt nicht diskutiert/infragegestellt.
  • ÖPNV ist für viele Menschen ein Muß, ein unumgehbarer Zwang, z.B. auf dem Weg zur Arbeit oder im Rahmen der sozialen Teilhabe. Es wurde überhaupt nicht diskutiert, dass die Nutzung des ÖPNV oft alternativlos ist und insofern keine Ausweichmöglichkeit für viele Menschen existiert. Alleine deshalb dürfte keine flächendeckende VÜ zulässig sein.
  • Andere mildere Mittel zum Schutz der Fahrgäste (z.B. mehr Fahrbegleiter, bessere Beleuchtung, Notruftasten, auf Bedarf zuschaltbare Überwachungskamerabilde an den Bahnfahrer etc.) wurden nicht behandelt.


Aus der mündlichen Urteilsbegründung des Richters:

  • Berufung wird zurückgewiesen.
  • Es wird keine Revision zugelassen (wogegen die Landesbeauftragte für den Datenschutz Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht einlegt, s.u.).
  • Verwaltungsgericht-Hannover-Urteil im Ergebnis richtig. [o_O – Ziemlich fadenscheinig und unklar formuliert …]
  • Es liegen keine materiellen Voraussetzungen zur Durchsetzung des LfD-Bescheids vor.
  • ÜSTRA-VÜ ist nach BDSG erlaubt.
  • Begründung der VÜ aufgrund Hausrechtswahrnehmung wurde nicht behandelt.
  • Aber es gibt berechtigte Interessen und Zweck der VÜ ist Verfolgung von Straftaten und Sicherung von Beweismaterial.
  • Es gibt Tag und Nacht und überall auf allen Bus- und Bahnlinien Straftaten.
  • Das mildere Mittel der Beschränkung der VÜ scheidet damit aus.
  • Zusätzlich ist der Zweck der Gefahrenabwehr relevant, denn die Bildaufzeichnung kann abscreckende Wirkung entfalten.
  • Außerdem wird das Bedürfnis zur Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls befriedigt.
  • Die Erweiterung des § 6b BDSG unterstützt diese Gerichtsentscheidung.

Offizielle schriftliche Stellungnahmen oder Pressemitteilungen seitens OVG, LfD oder ÜSTRA lagen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags am Donnerstag abend noch nicht vor.


Links über Berichterstattung zum Urteil (in chronologischer Reihenfolge)



9.7.2019 - Bundesverwaltungsgericht weist Nichtzulassungsbeschwerde der LfD zurück


Das OVG Lüneburg hatte zu seinem Urteil keine Revision zugelassen. Die niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz (und nicht für Informationsfreiheit) legte dagegen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein, welche am 9.7.2019 zurückgewiesen wurde.

Die Begründung macht vor allem formaljuristische Argumente geltend.


Kategorie(n): Videoueberwachung

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Zuletzt geändert am 02.09.2020 17:22 Uhr