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Demo-Datenweitergabe-PraxisWorum geht's?
Je nach Bundesland muß man als "Versammlungsanmelder" eine ganze Reihe von Daten, auch sehr persönlichen Daten angeben. Auf dieser Wiki-Seite soll beleuchtet werden, wie die Versammlungsbehörden, die in großen Städten oft Teil des Polizeiapparats sind, mit diesen Daten umgehen.
Beispiel Hannover
15.3.2015 - Anfrage an die Versammlungsbehörde Hannover
Sehr geehrte Damen und Herren,
in welchen Fällen bzw. unter welchen Bedingungen und in welchem jeweiligen Umfang leiten Sie als Versammlungsbehörde Hannover Informationen aus Versammlungsanzeigen an Dritte, wie z.B. Inlandsgeheimdienste ("Nds. Verfassungsschutz", "Bundesamte für Verfassungsschutz"), an Adressaten von Protesten und/oder an anfragende Journalisten/Medienvertreter weiter.
Welches sind dann die dazugehörigen Rechtsgrundlagen für die Datenübermittlungen?
Viele gute Grüße,
30.3.2015 - Wir fragen noch einmal um Antwort nach
Sehr geehrte Damen und Herren,
dürfen wir noch mit einer Antwort von Ihnen rechnen und falls ja, wann ungefähr?
Viele gute Grüße,
31.3.2015 - Zwischen-Rückmeldung von der Versammlungsbehörde
(...)
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15.03.15.
Aufgrund des derzeitig hohen Versammlungsaufkommens und der Urlaubsabwesenheit einiger Sachbearbeiter wird die Bearbeitung Ihres Anliegens noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Dafür bitte ich um Verständnis.
Im Voraus vielen Dank!
Mit freundlichem Gruß
21.5.2015 - Antwort von der Versammlungsbehörde Hannover
Schreiben in digitalisierter Form nach Texterkennungsdurchlauf
(...)
das Dezernat 22 der Polizeidirektion Hannover ist zuständige untere Versammlungsbehörde für das Stadtgebiet der Landeshauptstadt Hannover. Daten aus Versammlungsanzeigen werden von der Versammlungsbehörde nur insoweit überhaupt an Dritte weitergegeben, als dies für die Aufgabenwahmehmung erforderlich ist.
Daten, die nicht personenbezogen, sondern ausschließlich ereignisbezogen sind, werden an die Landeshauptstadt Hannover (hier: Fachbereich Eventmanagement, Fachbereich Marktwesen sowie die „Servicegruppe Innenstadt“ und die Feuerwehr), die ÜSTRA sowie die Verkehrsmanagementzentrale weitergegeben. Sofern eine Versammlung auf Wunsch des Anzeigenden z. B. vor dem Hauptbahnhof oder der Oper stattfinden soll, erfolgt eine Weiterleitung der ereignisbezogenen Daten dorthin, da dort eine besondere Beeinträchtigung von Rechten Dritter zu besorgen ist, der ggf durch besondere Beschränkungen Rechnung getragen werden muss. Ereignisbezogene Daten sind solche, die sich auf die Angabe von Ort, Zeit und Hilfsmitteln etc. beziehen. Dass die vorgenannten Stellen diese ereignisbezogenen Daten mitgeteilt bekommen, ist unerlässlich, um dem Anzeigenden die bestmögliche Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf ggf. einzuleitende Verkehrsmaßnahmen sowie evtl. stattfindende Parallelveranstaltungen, die im Regelfall bei der Landeshauptstadt Hannover anzumelden sind. Personenbezogene Daten werden an die oben genannten Stellen nicht weitergeleitet.
Die Pressestelle der Polizeidirektion Hannover erhält sowohl ereignis- als auch personenbezogene Daten, da sie alle Entwicklungen und Hintergründe einer Versammlung kennen muss, um Anfragen und Situationen richtig beurteilen zu können. Dies gilt umso mehr für Anfragen zu Zeiten, in denen die Versammlungsbehörde nicht besetzt ist. Da die Pressestelle der Polizeidirektion Hannover ebenfalls die Pressestelle der Versammlungsbehörde ist. handelt es sich hierbei jedoch nicht um einen Dritten. Mitteilungen der Pressestelle an anfragende Journalisten über bevorstehende Versammlungen erfolgen auf der Grundlage des presserechtlichen Informationsanspruchs (§ 4 Abs. 1 Nds.PresseG). Personenbezogene Daten unterliegen dabei einem besonderen Schutz, das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist in die in jedem Einzelfall vorzunehmende Abwägung (vgl § 4 Abs. 2 Nr. 3 Nds.PresseG) mit einzubeziehen.
Eine Weiterleitung der Versammlungsanzeigen mit ereignis- und personenbezogenen Daten an Dritte erfolgt von hier aus an das Einsatzdezernat der Polizeidirektion Hannover. Rechtsgrundlage hierfür ist § 10 NVersG sowie § 41 Nds. SOG.
Bei Versammlungen, die im befriedeten Bezirk stattfinden sollen, muss zudem der Nds. Landtag gem. § 19 NVersG beteiligt werden, da die Versammlungsbehörde über die Zulassung solcher Versammlungen im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtags entscheidet, § 19 Abs. 2 Satz 2 NVersG. Dieser erhält auch von den personenbezogenen Daten Kenntnis, gem. § 41 Nds. SOG.
Zusammenfassung der Antwort
Was in der Antwort fehlt: Welche Daten werden denn nun konkret z.B. an den Inlandsgeheimdienst weitergegeben? Oder an die Bundeswehr? Oder an den BND, MAD? Was außerdem nachzufragen wäre: Welche Kenntnis hat die Versammlungsbehörde von den polizeilichen "Verlaufsberichten" und inwiefern steuert sie dazu bei?
Formular/Vordruck Auskunftsersuchen nach der Durchführung einer Demo
Wir raten jedem und jeder Anmelder*in/Leiter*in einer Demo, das im Nachgang durchzuführen und so mehr Licht in das Dunkel der mutmasslich vielfältigen Erfassung und Speicherung von Demonstrationen und personenbezogenen Daten von Demonstranten und Demo-Organisierenden zu bringen. Über jede Rückmeldung und Information freuen wir - die Infos sammeln wir und werden wir (anonymisiert) veröffentlichen. Auskunftsersuchen nach der Durchführung einer Demo - Plaintext
a.) Gab es oder gibt es Informationen im Zusammenhang mit dieser Versammlung, die bei Ihnen erhoben oder ggf. in irgendwelchen Datenbanken (z.B. Vorgangsbearbeitungssystemen, Polizeidatenbanken oder sonstige Datenbanken) oder in anderen IT-Systemen gespeichert bzw. verarbeitet worden sind? (z.B. Verkehrslenkungsmaßnahmen, Festnahmen, Identitätsfeststellungen, Ordnungswidrigkeiten etc.) Falls ja: Bitte beauskunften Sie mich vollständig über die Anzahl und Art der Datensätze und weiter über diese Daten im Inhaltlichen soweit wie möglich. b.) Wurde im Vorfeld dieser Versammlung eine Gefährdungs- oder Störeranalyse/-bewertung (oder ähnliches) durchgeführt? Falls ja: Bitte senden Sie mir eine Kopie dieser Unterlage zu. c.) Wurde im Zusammenhang mit der o.g. Versammlung ein Verlaufsbericht erstellt. Falls ja: Bitte senden Sie mir eine Kopie dieser Unterlage zu. d.) Wurde im Zusammenhang mit der o.g. Versammlung ein Tätigkeitsbericht erstellt. Falls ja: Bitte senden Sie mir eine Kopie dieser Unterlage zu. e.) Bitte teilen Sie mir mit, welche Informationen mit Bezug auf die Versammlung wann und an welche weitere Stellen innerhalb oder außerhalb Ihrer Behörde weitergeleitet worden sind. f.) Bitte teilen Sir mir weiter mit, ob und welche dieser Informationen mit Bezug auf die Versammlung an Geheimdienste (Bundes- oder Landesämter für "Verfassungsschutz" = Inlandsgeheimdienste, BND, MAD) oder andere öffentliche Stellen (z.B. Polizei- und Ordungsbehörden) weitergeleitet worden sind. g.) Wie viele Polizeibeamtinnen und -beamte waren im Zusammenhang mit der Versammlung im Einsatz, wie viele davon in zivil? Ich sehe einer Beauskunftung und Beantwortung innerhalb von vier Wochen nach Eingang dieses Schreibens bei Ihnen entgegen.
Auskunftsersuchen nach der Durchführung einer Demo - PDF-Dokument
Auskunftsersuchen nach der Durchführung einer Demo - ODT-Dokument
Auskunftsersuchen nach der Durchführung einer Demo - DOCX-Dokument
Die Vereinten Nationen zum Umgang mit Daten bei Demonstrationen
Daraus exemplarisch zitiert die Abschnitte 74 und 79-81 sowie 22 und 39:
Abschnitt 74
Abschnitt 79
Abschnitt 80
Abschnitt 81
Abschnitt 22
Abschnitt 39
Das Verwaltungsgericht Göttingen untersagt die Weitergabe von Anmelder-E-Mail-Adresse an die Polizei
(...)
Die Stadtverwaltung hatte bereits im Vorfeld der Verhandlung eingeräumt, dass die Weitergabe personenbezogener Daten an die Feuerwehr und Verkehrsbetriebe rechtswidrig sei und diese künftig nur noch betriebsrelevante Informationen beispielsweise zur Demonstrationsroute erhalten werden. Die Datenweitergabe an die Polizei halte man allerdings für rechtmäßig, da diese ab dem Beginn einer Versammlung die zuständige Behörde sei.
Da laut dem Versammlungsgesetz der Versammlungsleiter während der Veranstaltung anwesend und für die zuständige Behörde erreichbar sein müsse, sei die Polizei auf diese Daten angewiesen.
Einzelrichter Thomas Smollich verwies darauf, dass die Angabe der Email-Adresse in dem Anmeldeformular zweckmäßig sei, damit die Stadt dem Anmelder den Bestätigungsbescheid möglichst schnell zusenden könne. Eine Weitergabe der dort aufgeführten persönlichen Daten sei indes nur zulässig, wenn die betreffende Stelle diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötige.
Um die Erreichbarkeit eines Versammlungsleiters zu gewährleisten, reiche es aus, wenn die Polizei dessen Handy-Nummer habe. Mit der Email-Adresse könne sie hingegen nichts anfangen. Das sah am Ende auch der Justitiar der Stadt so.
Kategorie(n): Versammlungsfreiheit |